Zu diesem Buch habe ich ein kleines Geleitwort geschrieben. Darf ich nun hier nicht drüber schreiben? Doch wie sollte man, da Immer schön sachlich in einem recht verborgenen Verlag erschienen ist, erfahren, warum ich es getan habe? Weil es nämlich ein wirklich gutes, gut recherchiertes und ebenso geschriebenes Buch ist. Eins, aus dem man über die Geschichte des Sachbuchs Grundlegendes erfährt, souverän im Material, plastisch dargestellt und gut sortiert. Es hat nur einen Fehler: Es endet bereits 1918, mithin in der Ur- Geschichte des Sachbuchs. Ur-Geschichten haben manchmal den Vorteil, dass sie klarer konturieren können, was sich in Späterem verfilzt. Hier ist das der Fall. Durch das bekundete Leserinteresse hat sich der Autor zu einer Fortsetzung e
ortsetzung erweichen lassen, die im Netz unter sachbuchforschung.de erschienen ist.Kennt noch jemand Das Erbe der Uraniden, Befehl aus dem Dunkel oder Wettflug der Nationen? Das sind nur ein paar der „utopisch-technischen Romane“, mit denen Hans Dominik die männliche Jugend bis in die Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts für den unbedingten technologischen Fortschritt anfixte. Als Urvater, aber auch als Fluch der deutschen SF gilt er. Denn wie sein Hausverlag Scherl war auch er nationalistisch. Und hat sich erfolgreich durch die Nazizeit hindurchgeschrieben. Mit Sicherheit war er einer der meistgelesenen Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.Hubernde MaterialauswalzungNicht nur wegen dieser abenteuernden Jugendromane, sondern auch wegen zahlreicher Sachbücher, weit über 600 populärwissenschaftlicher Artikel, viele für die Zeitschrift Das neue Universum. Er war, das zeigt nun eine Dissertation, zugleich einer der ersten Autoren in dem Feld, der sich als Marke zu etablieren verstand, an der er durchaus andere mitschreiben ließ. Das ist informativ, nicht nur zu Dominik und seiner Zeit, sondern auch zum Projekt naturwissenschaftlich-technischer Popularisierung. Der gedoktorte Autor ist ein gestandener journalistischer Popularisierungsprofi. Wo Fachwissenschaftler oft dazu neigen, zu viel des Anbiedernden zu tun, hat er ihnen den Ball ins eigene Feld zurückgespielt, leider: Mit hubernder Materialauswalzung in bürokratischem Spreizsatzformat paradiert hier, was wohl nur von Laien für genuin literaturwissenschaftlich gehalten wird.Dem populär seriösen Sachbuch-Wissen folgt das esoterische, spekulative Geheim- bis Durchgeknalltheitswissen auf dem Fuße. Was transparent macht, weckt ja zugleich die Sehnsucht nach Schleier und Verborgenheit. Das, was alle wissen können, generiert das Verlangen nach einem Wissen, das wenige haben und viele glauben müssen. Naturgemäß hat sich dieses längst ins Internet eingenistet, ja, hält es zusammen wie Speichel das Schwalbennest. Da fällt aber auch immer etwas für den konventionellen Papierleser ab, das ihm Einblick in Solcherlei gibt. Lars F. Fischinger hat von der Bild-Zeitung den Titel „Kultexperte“ verliehen bekommen.Dem macht er alle Ehre: Es geht um angeblich zigdutzendmillionen Jahre alte Artefakte, alttestamentarische Langschläfer, ominöse Ziegenauslutscher, urzeitliche Pillendreher oder außerirdische Aluminiumfußamputierte ebenso wie um die Zurüstungen der Bundesregierung für den Fall einer extraterrestrischen Invasion. Hier kann man obendrein beobachten, wie ein Profi seine Themen am Köcheln hält – mal durch Dementis und Richtigstellungen, mal durch ungeklärte Fragen, mal durch päpstliche Weihen, mal durch Telefonate mit Experten. Subtext bleibt stets: Es könnte auch anders sein als die Schulweisheit… Immerhin sind wahrscheinlich einzig diese Träumer es, die überhaupt noch die Schulweisheiten kennen.Raffinierte Kriege um ÖlIn den Kern des klassisch erzählenden Sachbuchs gehört die Frage nach der Energie. Wo kommt sie her, wann geht sie aus, wer hat seine Hand drauf, was tun, um nicht morgen ganz kalt auszusehen? Öl ist ein Klassiker dieser Klassiker. Passend zum Beginn des Zweiten Weltkriegs veröffentlichte Anton Zischka seinen dramatischen Ölkrieg. Seither hat es zahllose, zahnlose wie vollmundige, Bücher dazu gegeben. Zuletzt von Peter Maass Öl, ein spannender und deprimierender Report über Nigeria. Nun Die Spur des Öls, ein 600-Seiten-Wälzer.Von der Herstellung ebenso solide auf Dauer gestellt wie sein Inhalt, die Geschichte des Öls, genauer: die des menschlichen Umgangs damit. Auch hier gibt es Kriege, sie werden aber abgeklärt, sozusagen raffiniert. Eine der Pointen des ebenso gründlich und umfassend wie sensationismusfern, manchmal auch allzu betulich informierenden (Hand-)Buchs ist die Rahmung des Erdöl-Aufstiegs in die Geschichte und Zukunft der pflanzlichen Öle. Das nimmt nicht wunder, denn der Autor kommt aus einer Ölmühlen-Dynastie; dem Leser weitet es aber entschieden den energiewirtschaftlichen Horizont.