Von den Fürsten der Finsternis

Ausstellung Das Düsseldorfer Filmmuseum über die Geschichte des Vampirfilms. Von männermordenden Frauen, hin zu den uns heute bekannten zerrissenen Wesen: Gewalttätig und attraktiv
Ausgabe 32/2013

Es muss nicht immer Transsylvanien sein. Ein Gräberfund im polnischen Gliwice brachte Skelette ans Licht, deren Anordnung nach Meinung von Fachleuten nur einen Schluss zuließ: ein Friedhof der Vampire. Die Meldung ging dieser Tage durch die Medien – die anämischen Blutsauger sind schon seit einigen Jahren wieder „in“.

Bücher von Stephenie Meyer, Filme und Serien wie Buffy oder True Blood besitzen Kultstatus. Das Düsseldorfer Filmmuseum geht derzeit in der Ausstellung Fürsten der Finsternis den Spuren des lichtscheuen Gesindels in der Filmgeschichte nach. Es waren zunächst männermordende Frauen, sprich: Vamps, die in reißerischen Filmen erste Stilübungen des Genres bestimmten. Bis Friedrich Wilhelm Murnaus Nosferatu und Carl Theodor Dreyers Vampyr die Koordinaten festlegten. Die Körperlichkeit der Figur, bedrohliche Landschaften, heruntergekommene Schlösser mit dicken Mauern und überladener Einrichtung waren von da an conditio sine qua non des Vampirischen. Die Ausstellung, in unerlässlich düsterer Ausstattung gehalten, illustriert das eindrücklich mit zahlreichen Fotos, Filmausschnitten oder Drehbuch-Faksimiles, etwa von Nosferatu.

Der Vampir, wie ihn die britischen Romantiker von John Polidori mit der Erzählung The Vampire (1819) bis Abraham Stoker mit Dracula (1896) konzipiert hatten, besaß aber von Beginn an die Züge eines zerrissenen Wesens. Er ist Opfer und Täter zugleich, sein Blutdurst so gewalttätig wie existenziell notwendig. Abschreckend und attraktiv machten ihn nicht nur sein Adel und sein Don-Juanismus, auch die Idiosynkrasie gegen die Religion sowie die sadistischen und masochistischen Identifikationsangebote trugen zur Anziehungskraft bei.

Überall Transsylvanien

All das sorgte für eine Elastizität des Motivs, die sich der Film zunutze macht. Sowohl Bela Lugosi in den dreißiger wie Christopher Lee in den fünfziger Jahren geben dem aristokratischen Beißer den Glamour des Gentleman-Monsters. Meist tritt er im Frack auf, das erotische Verlangen gehört nun zur Charakterausstattung, deutlich bei Darstellern wie Tom Cruise oder Gary Oldman. In einem ironischen Kontrast projiziert die Ausstellung Filmszenen der Verführung auf ein biederes Schlafzimmer-Filmset mit Bett, Nachttisch und Kruzifix samt offenem Fenster, durch das Wolfsgeheul hereindringt.

Die von Bernd Desinger und Matthias Knop kuratierte Schau fächert nach einem historischen Auftakt das Vampir-Genre nach Themen wie Erotik, Architektur, Gender oder Persiflage auf und konzentriert sich dabei auf wenige Filme, von Murnau bis Fisher, von Bava bis Coppola. Vor allem in den siebziger Jahren rücken verstärkt auch weibliche Vampire in den Vordergrund, so in Harry Kümels Film Blut an den Lippen, der lesbische Gegenmodelle zum patriarchalischen Lebensmuster entwirft – auch der Vampirfilm vollzieht letztlich gesellschaftliche Konflikte genau nach.

Die Begrenzung auf nur einen Raum schränkt die Ausstellung thematisch leider allzu stark ein. Man hätte sich eine Auseinandersetzung mit der Rolle der Wissenschaft gewünscht, vor allem aber eine Analyse des Vampirfilmhypes seit den neunziger Jahren, in dessen Rahmen sich klassische Elemente des Genres aufzulösen beginnen: Die Blutsauger verbürgerlichen, bekommen eine Seele und werden Teil der Jugendkultur. Vor allem die junge Bella Swan in den später verfilmten Twilight-Romanen wurde zur Identifikationsfigur für Jugendliche. Transsylvanien kann heute auch in der Vorortsiedlung liegen.

Fürsten der Finsternis – Vampirkult im Film Filmmuseum Düsseldorf, noch bis 13. Oktober, duesseldorf.de/filmmuseum

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