Von der kollektiven Verteidigung Europas zur weltweiten Intervention

NATO nach 1990 Ein NATO-Almanach

Kein Wackeln - Bushs "alte NATO" - 1990-1992

Deutsche Einheit - im Oktober 1990 wird durch die deutsche Wiedervereinigung das NATO-Gebiet auf die ehemalige DDR ausgedehnt.

Selbstauflösung des Warschauer Vertrages - schon 1990 haben alle mittelosteuropäischen sowie GUS-Staaten diplomatische Kontakte mit der NATO aufgenommen. Im Dezember 1991 treten sie nach dem Ende des Warschauer Vertrages (April 1991) zunächst dem Nordatlantischen Kooperationsrat bei.

NATO-Gipfel in Rom - im November 1991 beharren die USA entschieden auf einer traditionellen NATO und ihrer Führungsrolle.

Beginn des Jugoslawien-Krieges - Mitte 1991 erklären sich die USA und die NATO zunächst für "nicht zuständig" und überlassen den Konflikt und diverse Vermittlungsbemühungen der EU.

Vertrag von Maastricht - die EU-Staaten vereinbaren Anfang 1992 die Schaffung einer eigenen Europäischen Verteidigungsidentität, die in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ihren Niederschlag finden soll. Als Frankreich Militäraufgaben von der NATO auf die WEU (*) übertragen will, droht Washington mit einem Rückzug aus Europa - es bleibt alles, wie es ist.

Europa ruft - Clintons "neue NATO" - 1993-1994

Jugoslawien-Krieg - Anfang 1993 übernimmt die NATO mit der Operation Maritime die Überwachung der Wirtschaftssanktionen und des Waffenembargos gegen die ex-jugoslawischen Republiken. Zugleich erzwingen NATO-Jets ab 1993 mit Waffengewalt die Einhaltung des Flugverbots über Bosnien

Partnerschaft für den Frieden (PfP) - im Januar 1994 offeriert die Clinton-Administration auf dem Brüsseler NATO-Gipfel als Vorstufe einer NATO-Osterweiterung die Kooperation innerhalb der PfP, der 30 Länder beitreten - Russland wird später durch eine Grundakte über die Beziehungen NATO - Russland ein Sonderstatus eingeräumt.

Clinton-Besuch in Paris - im Juni 1994 bietet Clinton vor der französischen Nationalversammlung eine partnerschaftliche "neue NATO", die auch zu Militäraktionen außerhalb des Bündnisgebietes in der Lage sein soll.

Task Force - die "restaurierte" NATO - 1994-1996

Bosnien und der Vertrag von Dayton - am 28. August 1995 bombardieren NATO-Kampfflugzeuge erstmals serbische Stellungen um Sarajewo. Die USA beginnen mit einem stärkere militärischen Engagement im jugoslawischen Bürgerkrieg. Die Implementierung des Vertrages von Dayton ist 1996 der NATO überlassen. Die UNO übergibt ihre ursprüngliche Mission (UNPROFOR) an die NATO-geführte IFOR/SFOR.

Schnelle Eingreiftruppe - im Juni 1996 beschließt die Berliner NATO-Tagung den Aufbau einer "Schnellen Eingreiftruppe", die auch zu Einsätzen außerhalb des Bündnisgebietes vorgesehen ist.

Kosovo - die "amerikanische" NATO - 1996-2001

From the Middle East to Central Africa - im Juli 1997 lassen die USA auf dem NATO-Gipfel in Madrid erkennen, dass sie die NATO als Instrument amerikanischer Interessen umformen wollen und nicht als multilaterales Korsett betrachten. Außenministerin Albright definiert NATO so: "Partnership that is a force for peace from the Middle East to Central Africa". Als einzig voll funktionsfähiger Ordnungsfaktor sei eine Legitimation durch "einen delegitimierten UN-Sicherheitsrat" nicht mehr nötig.

Kosovo-Krieg - im März beginnt die NATO mit Luftangriffen auf Jugoslawien, die mit der zugespitzten Situation in der Krisenprovinz Kosovo begründet werden und im Ergebnis zur Abtrennung der Region von Jugoslawien führen

Neue NATO-Doktrin - im April 1999 verabschiedet die NATO zum Jubiläumsgipfel in Washington eine Militärdoktrin, die bei "neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen" (ethnische Rivalitäten, Menschenrechtsverletzungen, Terrorismus, Auflösung von Staaten, Bedrohung strategischer Ressourcen) weltweit den Einsatz von Krisenreaktionsstreitkräften vorsieht.

Weltweiter Anti-Terror-Krieg - nach den Anschlägen von New York und Washington am 11. September 2001 wird auf Antrag der USA erstmals in der Geschichte des Nordatlantikpaktes der "Bündnisfall" reklamiert, verbunden mit Militäreinsätzen gegen Staaten, die der "Unterstützung des internationalen Terrorismus" beschuldigt werden.

(*) Westeuropäische Union

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