Von Großbauern und Milchmädchen

Parteien Parteichef Sigmar Gabriel hat die Sozialdemokraten neu aufgestellt. Kann er jetzt auch Kanzler?
Ausgabe 05/2014
Von Großbauern und Milchmädchen

Foto: Sean Gallup / Getty

Wir erleben die Tage des Sigmar Gabriel. Daraus, kann man sagen, sind inzwischen schon Wochen, ja, Monate geworden. Aber immer noch lassen die besonderen Auftritte des SPD-Vorsitzenden an Tage denken, denn das Besondere ist kurzlebig. Das mag ein Irrtum sein.

Zuletzt war es die Nominierung der 46 Jahre alten Hannoveranerin Yasmin Fahimi als Generalsekretärin seiner Patei. Sie wurde prompt gewählt. Aber zugleich wurde der schleswig-holsteinische Raufbold Ralf Stegner zum zusätzlichen stellvertretenden Parteivor-sitzenden gewählt. Die Axt im Haus erspart den Zimmermann im Büro des Generalsekretärs. Stegner ist der Mann fürs Grobe im SPD-Zirkus. Er war einmal Fußballschiedsrichter und hat soeben erzählt, wie schön es ist, wenn man ein wütendes Publikum gegen sich hat. Das ist das Holz, aus dem Generalsekretäre geschnitzt sind. Doch dieses Amt konnte er nicht bekommen, weil er, wie er selbst sagte, keine Frau ist. In der CDU konnte auf den Generalsekretär Hermann Gröhe ein Herr Tauber folgen, weil die Parteivorsitzende eine Frau ist. So viel Gender muss sein. Die Frage ist, ob trotz Merkel in der CDU gleichzeitig eine Generalsekretärin denkbar wäre. Proporz bestimmt längst nicht mehr alles. Gröhe war ja beispielsweise ebenso wie Merkel Protestant. Andererseits: Die Konfession ist heute nicht mehr so wichtig wie das Geschlecht, was eine Erschwernis bei Karrieren bedeutet. Ein Konfessionswechsel ist leichter zu bewerkstelligen als eine Geschlechtsumwandlung.

Die richtige Antwort

Zurück zur SPD: Wie Gabriel sich den Fortgang der Dinge an der Spitze seiner Partei denkt, hat er sogleich bei der Vorstellung seiner Generalsekretärin demonstiert. Als diese auf die Frage nach künftigen Rot-Rot-Regierungen in den Ländern eine aufs Detail gerichtete Antwort gab, setzte der Vorsitzende darauf: Das entscheiden die Landesverbände. An Fahimi gerichtet fügte er hinzu: Das sei die richtige Antwort. So gingen früher in Niedersachsen die Großbauern mit ihren Milchmädchen um, und wenn man davon heutzutage in Hannover keinen Begriff mehr hat, so kann Fahimi jetzt in Berlin bei Gabriel einiges lernen. Zu befürchten ist allerdings, dass die neue Generalsekretärin – ohne Abgeordnetenmandat, ohne Vernetzung in der Partei – im Willy-Brandt-Haus über die Verwaltung der Schreibutensilien kaum hinauskommt, was auch wieder schade wäre.

Wer vor einem Jahr gesagt hätte, Gabriel kann Kanzler werden, der wäre ausgelacht worden. Heute ist das anders. Wenn Merkel nicht mehr will, steht zwischen Gabriel und der Kanzlerschaft nur noch Ursula von der Leyen.


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