Von Linkshändern lernen

Alltagskommentar 10 bis 15 Prozent der Menschen sind es – Pablo Picasso und Ludwig van Beethoven waren es: Linkshänder. Ein Blick von rechts nach links
Ausgabe 32/2014
Sie kann's mit beiden: die Rechtshänderin Marija Scharapowa schlägt auch notfalls mit ihrer linken Hand zurück
Sie kann's mit beiden: die Rechtshänderin Marija Scharapowa schlägt auch notfalls mit ihrer linken Hand zurück

Foto: William West / AFP / Getty Images

Als Kind hat man das Spiel oft gespielt, da war es lustig, sich als Rechtshänder die Schere vom linkshändigen Banknachbarn in der Schule zu klauen und damit krumme, schiefe Sterne auszuschneiden. Es war interessant, mal den Füller zu nehmen und einen Absatz mit links zu schreiben, um zu merken, wie seltsam sich das anfühlte, abgesehen davon, dass die Buchstaben sofort verschmierten, weil man mit der Hand über die Tinte wischte. Am 13. August ist jetzt wieder Weltlinkshändertag, zum 39. Mal – und alle, die früher jemanden wegen dessen Linkshändigkeit geärgert haben, oder es im schlimmsten Fall immer noch tun, sollten dann mal innehalten und darüber nachdenken. Denn: Was heißt das eigentlich, Linkshänder zu sein?

Nun, man ist in der Minderheit. Immerhin gibt es inzwischen jegliche Schreibwaren, Küchengeräte und sonstigen Alltagsgegenstände auch für Linkshänder. Welch Erlösung! Das war nicht immer so. Bis in die 70er Jahre wurden in den Schulen die Linkshänder zu Rechtshändern umerzogen. Sie wurden also gezwungen, ihre linkshändige Veranlagung, ihre starke Hand sozusagen, abzulegen. Ein Kraftakt für die Betroffenen. Vielleicht war damit das Tinten-wisch-Problem gelöst – dafür waren die Buchstaben oft unleserlich. Wahrscheinlich wurde das Gewitzel der Klassenkameraden weniger, aber dafür taten abends die Hände und Finger umso mehr weh. Einige Wissenschaftler sprechen sogar davon, dass die Folgen einer solchen Zwangsumerziehung viel weiter reichend sein könnten als erwartet. Innere Zerrissenheit, psychische Probleme, Gedächtnis- und Sprachstörungen und weitreichende Rechtschreibschwächen sind nur einige der Nebenwirkungen, die vermutet werden.

Am 13. August soll daran erinnert werden, dass zehn bis 15 Prozent der Weltbevölkerung Linkshänder sind. Es soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie anders denken als Rechtshänder, aber eben keinesfalls „falsch“. Längst ist nachgewiesen, dass Linkshänder verstärkt ihre rechte Gehirnhälfte nutzen, jene, die Kreativität und Emotionalität steuert. Wohingegen Rechtshänder vor allem mit der rein rationalen linken Gehirnhälfte agieren. Pablo Picasso, Ludwig van Beethoven und David Bowie sind nur drei berühmte, kreative Linkshänder.

Zurück zum Anfang: Dass es für Rechtshänder schwierig ist, Dinge wie ein Linkshänder zu erledigen, ist also schon seit Kindheitstagen klar. Aber warum hält sich das Sprichwort „Das schaff ich doch mit links“ dann so hartnäckig? Einfach mal um die Ecke denken – das hilft wohl auch hier.

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