Vorerst ein Patt

USA Bidens Parteiestablishment mag noch so inbrünstig warnen: Viele Amerikaner wollen einen Neuanfang mit Bernie Sanders
Ausgabe 10/2020
Die ikonischen „Ich habe gewählt“-Sticker gibt es in den USA für die erfolgreiche Stimmabgabe
Die ikonischen „Ich habe gewählt“-Sticker gibt es in den USA für die erfolgreiche Stimmabgabe

Foto: Logan Cyrus/AFP

Am Super Tuesday gaben die Vorwahlen der Demokraten den Wählern der Spitzenreiter Joe Biden und Bernie Sanders viel Stoff zum Nachdenken. Keiner der beiden hat den anderen total abgehängt. Ex-Vizepräsident Biden gewann die Mehrheit in neun Staaten; in manchem überraschend. Senator Sanders liegt vorn im großen Kalifornien.

Schon jetzt ist klar, was bis zum Nominierungsparteitag im Juli dringlich zu leisten ist. Gegen Donald Trump müssen die Demokraten trotz ideologischer Differenzen zusammenfinden. Ohne solide Koalition wird das nichts. Das Parteiestablishment hinter Biden mag noch so inbrünstig warnen vor Sanders’ angeblich nicht mehrheitsfähigem „demokratischen Sozialismus“: Der Senator aus Vermont spricht für viele, die einen Neuanfang wollen. Gewinnt Biden die Vorwahlen, braucht er Sanders’ voll engagierte junge Wähler. Dessen Versuch, mit vielen progressiven Amerikanern neue Mehrheitsverhältnisse zu schaffen, ist am Super Tuesday nicht aufgegangen. Das heißt, er brauchte gegen Trump die Stimmen derer, die sich mehrheitlich für Biden ausgesprochen haben – die von Afroamerikanern, Weißen aus Mittelklasse-Vorstädten und älteren Wählern, die sich eher eine Rückkehr zur Ära Obama wünschen als eine „Revolution“.

Es sind nun einmal schwierige Zeiten für die Opposition, weil nichts darüber hinwegtäuschen kann, dass Sanders und Biden Kandidaten mit beträchtlichen Defiziten sind. Fest steht, die Vorwahlen sind zum Zweikampf geworden, und beide Rivalen bleiben zuversichtlich. Sanders sieht die Notwendigkeit, den „gefährlichsten Präsidenten in der Geschichte der USA“ zu besiegen. Er werde auf dem Weg dahin gegen das wirtschaftliche und politische Establishment kämpfen. Man brauche einen Demokraten im Weißen Haus, so Biden mit einem Seitenhieb auf seinen Rivalen, der als „demokratischer Sozialist“ Wahlkampf führt.

Für Elizabeth Warren war es ein furchtbarer Tag; nicht einmal zu Hause in Massachusetts hat sie gewonnen. Multimilliardär Mike Bloomberg hatte ebenso wenig Grund zur Freude. Er hätte seine Hunderte Millionen Dollar für Wahlwerbung genauso gut zum Fenster hinauswerfen können. Positive Erkenntnis am Super Tuesday: Bei den Demokraten kann sich niemand mit seinem Vermögen das Präsidentenamt kaufen.

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