Wann ist Kapitalismus modern, Herr Böhning?

Aktuell Nachgefragt

Im Februar folgen Sie voraussichtlich Andrea Nahles als Leiter des "Forums Demokratische Linke" in der SPD. Werden Sie dann eine Debatte über den Kapitalismus führen, die sie ja bislang vermisst haben?
Wir führen diese Debatte seit langem. Zuletzt haben wir sie in der Diskussion um das Hamburger Programm vorangetrieben, weil wir überzeugt sind, dass der Finanzkapitalismus reguliert werden muss, damit er nicht zu Lasten der Beschäftigten ausgetragen wird.

Sie fordern eine moderne Kapitalismuskritik. Was heißt modern?
Der Kapitalismus ist nicht mehr so wie noch in den siebziger Jahren. Heute nehmen die Finanzmärkte eine viel wichtigere Rolle ein. Diese Strukturen gilt es zu analysieren, um dann zu folgern, was nicht nur national, sondern auch europäisch und international durchgesetzt werden sollte - gemäß der politischen Richtschnur, Ungleichheiten zu mindern.

Sind linke Politiker Ihrer Meinung nach insgesamt zu wenig gobal orientiert?>br> Ja, zu wenig international und zu wenig europäisch. Aber wenn wir die Zukunft gestalten wollen, dann bietet uns dazu Europa die besten Möglichkeiten. Linke Politiker müssen sich aber besser vernetzten, auch ideologisch. Was etwa den Exportweltmeister Deutschland anbelangt, gibt es noch keine gemeinsame Antwort auf die Frage, wie Finanzmärkte einmal aussehen sollten.

Was wäre denn zu tun?
Kurzfristige Spekulationen müssen eingedämmt werden. Das Aktienstimmrecht sollte an die Zeichnungsdauer gebunden werden: Wer also nur für ein halbes Jahr Aktien kauft, soll nicht in Hauptversammlungen mit abstimmen dürfen - dies halte ich sogar international für durchsetzbar. Zudem brauchen wir eine globale und europäische Börsenumsatzsteuer.

Auf Parteitagen stellen die SPD-Linken traditionell viele Delegierte. Sie sind ab Februar in einer Position, um Abstimmungen über Inhalte und Personal mitzuentscheiden. Wie werden Sie diese Rolle verstehen?
Als Moderator und Antreiber: Die Linke in der SPD muss sehr deutlich ihre Stimme heben, wenn es um die Rechte der Beschäftigten geht. Zudem muss sich die SPD-Linke kulturellen Themen öffnen. Und wir verteidigen die Sicherung der Öffentlichen Daseinsvorsorge, etwa die Bahn.

Das Gespräch führte Dirk F. Schneider

Björn Böhning ist SPD-Politiker. Seit 2007 leitet er in der Berliner Senatskanzlei das Grundsatz- und Planungsreferat. Bis November war er Juso- Vorsitzender.

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