Warum wechseln Sie von Attac zu den Grünen, Herr Giegold?

Nachgefragt Herr Giegold, Sie haben bislang bei Attac Politik gemacht. Warum möchten Sie für die Grünen ins Europaparlament? Europa ist meiner Ansicht nach der ...

Herr Giegold, Sie haben bislang bei Attac Politik gemacht. Warum möchten Sie für die Grünen ins Europaparlament?
Europa ist meiner Ansicht nach der Ort, wo soziale und ökologische Regeln die größte Chance haben, auf internationaler Ebene verankert zu werden. Im Umweltbereich sind wir in der EU schon einen großen Schritt weiter, auch im Bereich der Nichtdiskriminierung. Was fehlt, sind starke soziale und steuerliche Regeln. Angesichts der aufgehenden Schere zwischen Arm und Reich steigen die Chancen, das auch durchzusetzen.

Das klingt nach linken Themen. Der neue Parteichef Özdemir gab nun klare Signale für ein mögliches Schwarz-Grün im Bund. Wie geht das zusammen?
Cem Özdemir hat in seiner Bewerbungsrede auch die soziale Frage in den Mittelpunkt gestellt. Er vertritt das auch persönlich sehr glaubwürdig, weil er es nur mit großen Mühen geschafft hat, in dieser Gesellschaft aufzusteigen. Ich würde nicht grundsätzlich sagen, dass man mit der CDU nicht koalieren könnte. Allerdings glaube ich nicht, dass Jamaika mit der durch und durch neoliberalen FDP möglich ist.

Sie treten in eine ziemlich bürgerliche Partei ein, die sich zur Elite der Gesellschaft zählt, so jedenfalls analysiert es der Parteienforscher Franz Walter. Wären Sie bei der Linken nicht besser aufgehoben?
Auf dem Parteitag habe ich mich nicht gefühlt wie in einer Partei, die sich zur bürgerlichen Elite der Gesellschaft zählt. Die ökologische Frage und die Armut in den Entwicklungsländern sind für mich die Spitze des Unrechts. Hier engagieren sich zuvorderst die Grünen. Die Beschlüsse der Grünen in den Bereichen Umwelt-, Friedens-, Sozialpolitik und jetzt auch der Wirtschaftspolitik mit der Forderung nach einem grünen New Deal entsprechen den Werten, für die ich bei Attac gestritten habe. Ich bin für Kapitalismuskritik, aber ich bin kein Antikapitalist.

Was halten Sie von dem Beschluss, dass der Einsatz militärischer Gewalt zur Friedenssicherung legitim ist?
Militärische Einsätze sind immer problematisch, aber es gibt Fälle schwerer Menschenrechtsverletzungen, in denen militärische Gewalt das kleinere Übel ist. Wenn die Linksfraktion sogar gegen den Einsatz im Südsudan stimmt, dann zeigt das die Illegitimität einer Position, die in jedem Falle militärische Mittel ausschließt, selbst wenn es ein UN-Mandat gibt. Das halte ich für zynische Prinzipienreiterei.

Das Gespräch führte Connie Uschtrin

Sven Giegold, Gründungsmitglied von Attac Deutschland, will als Europakandidat für die Grünen antreten.

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