Was ist gegen die Krisen der Landesbanken zu tun, Herr Hankel?

Nachgefragt FREITAG: Die Landesbanken - ganz gleich, ob WestLB, SachsenLB oder BayernLB - sind in der Vergangenheit immer wieder in Finanznöte geraten. Sehen Sie ...

FREITAG: Die Landesbanken - ganz gleich, ob WestLB, SachsenLB oder BayernLB - sind in der Vergangenheit immer wieder in Finanznöte geraten. Sehen Sie einen Fehler im System?

WILHELM HANKEL: Das öffentlich-rechtliche Bankenwesen ist eine Fehlkonstruktion der ersten Nachkriegsstunde. Die Alliierten verhinderten nach dem Zweiten Weltkrieg jede Zentralisierung, weil das alte Bankensystem die Aufrüstung finanziert hatte. Nur der immense Kreditbedarf der Aufbaujahre verdeckte, dass für elf Landesbanken (LBs) das inländische Geschäftsfeld zu klein ist. Denn bald nahmen die Privat- und Genossenschaftsbanken wieder ihre traditionellen Aufgaben wahr. Wenig später begannen die Landeszentralbanken - als Niederlassungen der Bundesbank - den LBs Konkurrenz zu machen. Schließlich wichen die ersten Landesbanken auf die unsicheren internationalen Märkte aus. Erfahrung hatten sie dort keine.

Die Risiken, die es dort gibt, erschütterten eine Landesbank nach der anderen ...
Ja, als erste verspekulierte sich die WestLB bei Devisentransaktionen. In den siebziger Jahren rutschte die Landesbank Hessen wegen verlorener Immobilienkredite in eine schwierige Situation, auch weil es ihr nicht mehr möglich war, die ganze Palette der Bankgeschäfte zu bedienen und sich besser abzusichern. Übrigens war schon damals eine Immobilienkrise in den USA der Auslöser.

Nun fordert Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) schärfere Bilanzierungsregeln. Was halten Sie davon?
Sie schaden nicht, aber die einzig vernünftige Korrektur ist, aus elf Landesbanken eine einzige zu machen. Nach wie vor und frei von jeder Krise gibt es in Frankfurt die alte Deutsche Girozentrale. Sie könnte sämtliche Landesbanken vereinen. Leider sperren sich die Landesregierungen dagegen.

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) schlägt immerhin vor, die WestLB und die Landesbank Hessen-Thüringen zu verschmelzen. Ist das ein richtiger Schritt?
Allenfalls ein sehr kleiner. Notwendig ist eine Radikalkur, wie es sie im Genossenschaftssektor gibt. Dort sind die regionalen Zentralbanken bis auf zwei verschwunden und die werden früher oder später fusionieren. Das Bankwesen ist heute so modern, so effizient und technisch so gut ausgestattet, dass ein Zentralinstitut nicht nur für Deutschland, sondern für Europa ausreichen würde.

Die Fragen stellte Dirk F. Schneider


Wilhelm Hankel war 1971/72 Präsident der Hessischen Landesbank. Seit 1971 lehrt er als Honorarprofessor für Währungs- und Entwicklungspolitik an der Universität in Frankfurt am Main.

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