1. Können Sie sich gerade auf Ihre Arbeit konzentrieren?
2. Wie kommen Sie über die Runden?
3. Würden Sie auch beim Spargelstechen aushelfen (wenn man Sie anlernt)?
Gärtnern Jede Krise birgt die Chance, zu hinterfragen, was in unserer Gesellschaft wertvoll und was verbesserungswürdig ist. Die Schule beginnt sonst um 7.40 Uhr. Wenn wir nun um sieben aufwachen, bleibt Zeit zum Kuscheln, Radiohören. Wir sitzen um neun am Schreibtisch, machen eine Stunde Mathe, dann Deutsch. Dann gehen wir in den Garten, arbeiten, spielen, schwatzen übern Gartenzaun. Wenn das Kind schläft, beginnt das Homeoffice. Finanziell ist die Zeit belastend. Unklar, was mit den Förderanträgen wird. Zum Schreiben komme ich wenig, obwohl die sonderbare Stimmung literarisches Potenzial hat. Als Jugendliche habe ich in der Ernte gearbeitet, ich weiß, wie belastend das für den Rücken ist, wenn man den ganzen Tag gebückt arbeitet. Ich weiß die Arbeit, die in jeder Schale Erdbeeren steckt, zu schätzen.
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Anna Kaleri lebt in Leipzig. Sie ist Initiatorin des Netzwerks „Literatur statt Brandsätze“
Aktualisieren Ob ich mich konzentrieren kann? Nein, die meiste Zeit verbringe ich mit dem Aktualisieren meines Browsers von einer Nachrichtenseite auf die andere. Natürlich ist das Coronavirus eine erschreckende Tatsache, jedoch verschlimmern die Sanktionen gegen den Iran die Situation unnötigerweise erheblich. Auch ist es erstaunlich, dass es kaum Solidarität zwischen EU-Staaten gibt, denn eine Pandemie lässt sich nicht durch das Schließen von Grenzen lösen. Momentan lebe ich von meinen emotionalen und finanziellen Reserven, die sich jedoch bald erschöpfen könnten. In der Zwischenzeit helfen mir Bücher wie Der Tag, an dem Er selbst mir die Tränen abgewischt von Kenzaburô Ôe und Online-Schachpartien. Spargelstechen? Ja, wenn ich keine Gefahr für meine Mitmenschen darstelle.
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Sung Tieu ist Künstlerin. Sie lebt in Berlin und London
Kochen Ich muss mich sonst auch ständig strukturieren und motivieren. Weil die ganze Familie jetzt zu Hause herumhängt, brauchten wir schnell einen guten Plan für Homeoffice, Homeschool, Home-Kita und Home. Mittlerweile läuft es sehr gut. Ich würde allerdings gerne mehr rausgehen. Ich liebe diese Stille mit wenig Verkehr. Glücklicherweise haben wir seit Anfang des Jahres einen eigenen Online-Shop. Dort verkaufe ich jetzt täglich etwas. E-Books sind die perfekte Lektüre für Corona-Zeiten: virenfrei, günstiger, platzsparend. Das spricht sich gerade ein bisschen herum, hoffe ich. Spargel? Ich bin Mitglied in der Gemüsegenossenschaft PlantAge, da wird auch hin und wieder gemeinsam gepflanzt. Jeder sollte einmal im Jahr etwas pflanzen und ernten. Verkrumpelte Kartoffeln schmeißt man dann nicht mehr weg.
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Nikola Richter gründete den Verlag mikrotext, bei dem kürzlich das Buch Kochen mit Zukunft erschien
Erodieren Ich versuche, die Zeit nach der Krise zu organisieren. Sollten die verschobenen Konzerte tatsächlich stattfinden, wird der Herbst sehr turbulent. Neue Musik entsteht im Moment nicht. Um komponieren zu können, brauche ich eine tagträumerische Leichtigkeit, die fehlt gerade. Ansonsten geht es im Moment noch gut. Der Kühlschrank ist voll. „Interessant“ wird es, wenn auch die Termine im Sommer und Herbst abgesagt werden. Spargelstechen? Warum nicht? Um Geld zu verdienen, habe ich in den 1990ern beim Kampfmittelbeseitigungsdienst geholfen, den Baugrund im Regierungsviertel nach Granaten und Phosphorbomben abzusuchen. Danach konnte ich die verschiedenen Geschosse an ihren erodierten Fragmenten erkennen. Die Aussicht, längere Zeit an der frischen Luft zu sein, finde ich verlockend.
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Robert Lippok macht elektronische Musik und arbeitet als Bühnen- und Kostümbilder
Kaufen Ich mache natürlich keine Kunst mehr, meine Geldjobs sind zum Teil weggefallen. Auf die politische Arbeit konzentriere ich mich die ganze Zeit, weil das sein muss. Wie ich über die Runden komme? Diese Frage ist auch ohne pandemiebedingten ökonomischen Infarkt eine der allerletzten Fragen von Nichtkünstler*innen an Künstler*innen, aber das hindert sie nicht daran, es oft zu tun. Mich hat mal ein Zahnarzt, während er in meinem Mund werkelte, gefragt, ob ich denn gut von meiner Kunst leben könne. So ein **********. Leute, macht das nicht! Alternative: Jetzt ist ein Superzeitpunkt, eine Arbeit von der* vom Lieblingskünstler*in zu kaufen. Würde ich beim Spargelstechen aushelfen? Wer jetzt noch einen Job hat, sollte vielleicht nicht Menschen, die kein Einkommen mehr haben, ironische Fragen stellen.
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Zoë Claire Miller ist Künstlerin und Sprecherin des berufsverbands bildender künstler*innen berlin
Liegen Wie ich über die Runden komme? Ich habe bereits fünf Kilo zugenommen, weil ich von morgens bis abends auf meinem Diwan liege und darüber nachdenke, wovon mein neues Buch handeln könnte. Das neue Buch wird Ende September erscheinen, Suhrkamp ist da gnadenlos. Notfalls werde ich es Das leere Buch nennen, das kann man dann auch als Skizzenbuch benutzen. Zu meinem Tagesablauf: 11 Uhr: Erwachen (auf dem Diwan), 11.15 Uhr: Frühstück (auf dem Diwan), 11.15 Uhr bis 15 Uhr: Warten auf Inspiration (auf dem Diwan). Ab 15 Uhr schaue ich Zeichentrickfilme auf meiner Videoleinwand, bis tief in die Nacht. Dazwischen unregelmäßig verstreut Snacks, kulinarische Köstlichkeiten, Lieferdienst, Schokolade, Pudding, Toffifee. Spargelstechen? Ja. Vielleicht könnte ich darüber dann mein neues Buch schreiben. Mein Jahr in der Provinz. Gruß an Peter Mayle und Moritz von Uslar.
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Rafael Horzon ist Unternehmer, Autor und Möbeldesigner
Sehen Ich fotografiere Baustellen, seit ich denken kann. Da habe ich nun zufällig eine vor meiner Nase. Den Ablauf fotografiere ich jeden Tag, die Veränderungen sind täglich zu sehen. Meine Situation ist auch nicht so super. Sämtliche Ausstellungen bis Juni wurden abgesagt. Gott sei Dank habe ich vor Kurzem noch ein Werk verkauft, und das Geld kam nun herein. Es hält nicht lange, aber ich bin sehr sparsam. Durch die Corona-Krise habe ich Zeit, meinen Kunst-Keller und das unsägliche Büro aufzuräumen. Das liegt mir seit langer Zeit auf der Seele. Spargel stechen würde ich sogar machen, ich bin gern an der frischen Luft. Ich würde das dokumentieren, denn Fotografie ist mein Leben und nicht zu trennen von mir als Mensch. Kunst ist es doch, selbst in Krisenzeiten das zu nehmen, was geht, um nicht unterzugehen. Wir haben es noch gut, im Gegensatz zu den Flüchtlingen.
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Eva-Maria Horstick ist Fotografin. Sie lebt und arbeitet in Dortmund
Umdisponieren Nach dem Chaos stellt sich bei mir gerade eine Art ernster Klarheit ein. Mir ist wie vielen das aktuelle Kunstprojekt weggebrochen, eine Veranstaltungsreihe in der Berliner Archenhold-Sternwarte. Seit zwei Wochen strukturiere ich um. Das globale Ausmaß der Pandemie relativiert die eigene Situation ungemein. Zum Beispiel habe ich mit einer befreundeten Künstlerin in Bangalore gesprochen. Das wird ein Alptraum in Indien. Die tatsächlichen Infektions- und Todeszahlen wegen COVID-19 werden politisch unterdrückt. Niedriglohnarbeiter*innen versuchen, in ihre Heimatorte zurückzukehren. Wie komme ich über die Runden? Erst mal Zahlungen aussetzen und brav bei der Berliner Soforthilfe-II-Lotterie mitspielen. Spargelstechen? Schutzausrüstung in Heimarbeit herstellen und nach Südeuropa schicken ist angesagt.
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Sophie-Therese Trenka-Dalton ist bildende Künstlerin und Vorstandsmitglied des bbk berlin e.V.
Weitermachen Ob ich in der jetzigen Situation zum Arbeiten komme? Ja klar arbeite ich. Ich habe allerdings ziemlich wenig Zeit, weil mein fünfjähriger Sohn die ganze Zeit zu Hause ist und meine Frau noch arbeitet. Ich habe deshalb eigentlich mehr Konzentration, wenn es um die eigene Arbeit geht. Wie es uns finanziell geht? Okay. Wir haben viel Gespartes (hauptsächlich von der Familie meiner Frau), und auch meine Eltern haben nachgeholfen. Und es gibt auch ein bisschen Hilfe von verschiedenen Kunststiftungen. Zu guter Letzt sind da ja dann auch noch die glorreichen 1200 Dollar Einmalzahlung für jeden Steuerzahler von Orange Twitler. Ob ich zum Spargelstechen antreten würde, um die Ernte zu retten? Ich wohne in den Vereinigten Staaten, in New York City. Also Jain... Es gibt hier ja keine Spargelzeit, dank Jesu Chrisi!
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Jochen Rückert ist Jazzschlagzeuger. Der gebürtige Kölner lebt seit 25 Jahren in New York
Dranbleiben Kann ich mich auf meine Arbeit konzentrieren? Meine Arbeit hat sich verändert, im Vergleich zu vor Beginn der Krise, ich mache mehr Berichterstattung, weniger Analyse, Einordnung, Bewertung. Das ist fokussiert, da fällt die Konzentration leicht. Was fehlt: die Lust an der Abschweifung. Das Mäandernde. Die Hingabe an die Kunst, die sich durch Krisenberichte nicht abbilden lässt. Über die Runden komme ich irgendwie, noch. Ich habe eigentlich ganz gut zu tun, mit Artikeln über Kunst in Corona-Zeiten: Wie gehen Künstler*innen mit der Situation um, wie schnappen sie nach Luft? Das ist gerade kein schöner Job. Würde ich beim Spargelstechen aushelfen? Fiese Frage. Sage ich nein, heißt es: Der hält sich für was Besseres. Sage ich ja, bin ich jemand, der sich in gnandenloser Selbstüberschätzung alles zutraut. Aber weswegen sollte ich Spargelstechen können? Ich habe während des Studiums viel in der Produktion gearbeitet. Und ich machte diese Jobs zum Gotterbarmen schlecht. Ich glaube, ich wäre keine Hilfe.
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Falk Schreiber ist Theaterkritiker aus Hamburg
Abfedern Ich habe eine kleine Keramikwerkstatt in Glindow in Brandenburg, da stelle ich Porzellan für den Gebrauch her: Schalen, Becher, Teller. Dadurch, dass Porzellan länger haltbar ist, kann ich vorarbeiten. Meine Produkte werden nicht schlecht. Spontan wirkt sich die Krise noch nicht aus, aber was ist in einem halben Jahr, in zwei Jahren? Werden die Leute dann noch Porzellan kaufen? Es ist schwer, sich zu konzentrieren. Im Moment halte ich die Familie über Wasser. Mein Mann ist freier Künstler, er hat zur Zeit überhaupt keine Einnahmen. Ich habe eine Stelle als Werkstattleiterin an der Kunsthochschule Weissensee, das ist unsere Sicherheit. Für viele Vollzeit-Keramiker ist die Lage existenziell: Die offenen Ateliers im Frühling fallen weg, Keramikmärkte wurden von Mai auf Oktober verschoben. Anfang April sollten die Europäischen Tage des Kunsthandwerks stattfinden – lauter Termine, wo die Leute ins Atelier kommen und kaufen. Auf dem Markt kann man das Porzellan in die Hand nehmen, das Material prüfen, man hat diesen direkten Kundenkontakt. Jetzt versuchen viele, einen Onlineshop einzurichten. Wäre meine Festanstellung nicht, die das abfedert, kämen wir auf Hartz IV. Ich würde dann auch Spargel stechen, lieber als in die Pflege gehen oder in einer virusfreien Fabrik arbeiten. Weil es draussen wäre, an der frischen Luft.
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Carolin Wachter ist Keramikerin und lebt in Brandenburg
Kommentare 17
Tipp am Rand: Die Bezeichnung »Künstler und Kulturschaffende« erweckt den Eindruck, dass nur der original künstlerisch tätige Teil der Kreativwirtschaft von den Folgen der Corona-Krise betroffen wäre.
Spargelfrage: Toll, dass auch der »Freitag« sich am Aufbau der deutschen Arbeitsfront mit beteiligt und dazu auch den nötigen Druck, Unwillige einzugliedern, nicht scheut. Ein angemessener Zuschuss von der Bundesanstalt für Arbeit für diese außerordentliche Form von korporativem Journalismus sollte nach dieser Frage schon drin sein.
"Was, Kunst?, Spargel stechen?, PREKARIAT" - Blöde/hinterfotzige Fragen und Klassifizierungen, müsste/würde es nicht mehr geben, wenn wir wirklich-wahrhaftige Freiheit in einem UNKORRUMPIERBAREN Menschenrecht zu KOSTENLOSER Nahrung, MIETFREIES Wohnen und KASSEN-/KLASSENLOSER Gesundheit hätten!
Ist Kunst und das können im Umgang von und mit ungewohnten Situation ein Problem für uns alle, in dem es das gewohnte Konsumverhalten nicht mehr vorgeben scheint und so ein Problem für kreative neue Prozesse, wie auch bei einer Rhythmusfindung als Struktur für den eigenen Alltag auftaucht, was eigentlich auch nur ein bestehendes Konsumverhalten weiter vor sich hertreiben möchte, um daran eine Orientierung und Beständigkeit von ausgeführter Arbeit zu erhalten!?.
Vergleichen wir das mit den Autokinos. Statt auf dem Sofa die bewegten Bilder anzusehen, empfinden wir es als Bereicherung im Auto Quarantäne zu erleben und bewegte Bilder anzusehen. Eine tolle Erneuerung dieser Situation.
Oder. Wie ist das Leben auf der Raumschiff Enterprise? Da gibt es kein Kapitalismus und kann man diese Lebensführung in unseren Vorstellungen von Konsumverhalten mit integrieren?
Und jetzt Musik. Scheinbar bin ich der einzige der noch Rhythmusarbeit zustande bringt, da ich mich mit exponetiellen Wachstum im Rhythmus beschäftigt habe und das auch noch weiter tun werde. Gleichzeitig auch mit dem Thema; Vatermord in der Kultur auseinander gesetzt habe und nicht versuche am alten Konsumverhalten festzuhalten.
https://soundcloud.com/andreas-prucker/patricide-force-energy
Dies 2:06 min Instrumental Lied ist viel zu dynamisch, was ich hier vorgestellt habe und irritiert sehr viele in Ihrer Lethargie, was mich nicht stört, denn ich komme mit meiner Musik mental gut durch diese jetzige Situation.
Diese jetzige Situation hat überhaupt kein Rhythmus und ohne Rhythmus gibt es auch keine Struktur für den Alltag von unserem Konsumverhalten und nach dieser Situation, in der die Krone bei Krone der Schöpfung umgestaltet wurde, wollen wir alle wieder daran arbeiten, dass Struktur in unserem Konsumverhalten vorzufinden sei und ich mit meinen Ideen werde weiterhin dies für mich alleine machen, weil dies nicht in unsere kulturellen Vorstellungen, wie Konsumverhalten gestaltbar hineinpasst und integriert werden kann. So wie das Leben auf der Raumschiff Enterprise nicht in unser Konsumverhalten und Arbeitswelt integriert wird.
Brauche ich deswegen Mitleid, oder muss ich Mitleid mit anderen haben die jetzt Ihre Arbeit, bzw. Ihr Konsumverhalten verlieren? Nein. Das ist doch ein ganz normaler Prozess und war vorher auch schon so, das Arbeit und Berufe sich veränderten und sich der Mensch diesen Situationen anpasste, was auch nach der jetzigen Quarantäne, dann wieder weiter produktiv im austragen von Konurrenzwettkämpfen als inspirierender Rhythmus und Strukturvorgabe ausgeübt wird.
Und jetzt arbeiten wir an einem Rhythmus und an einem weiter Instrumental Lied, mit dem Titel: Neue Freuden.
Ergänzung zu neue Freuden:
Da Musik und Ihr Rhythmus Sounds darstellen und sind die aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit, vor der Quarantäne her rufen, ist dann in der akuten Zeit bei diesen Orten dann die Stille jetzt zu hören, da ja die neue Gegenwart zu Zeit eine Leere wie im Weltraum verkörpert!?.
Dann ist ja Musik nur das erwecken von toten Geistern. Somit wenn ich Musik mache, bin ich ein Geistbeschwörer und fordere altes aus der Vergangenheit, für die Struktur, wie Orientierung in der Gegenwart mit Ihrem belebten Alltagsgeschen ein.
Was ist Kunst? Kunst kann sich schon hinter einem verbalen Satz verstecken, wie:
"Aktuell werden uns Maulkörbe verpasst, damit wir nicht miteinander reden und nicht darüber sprechen, wer an der Misere im Gesundheitswesen und im Pflegesystem durch Sparmaßnahmen an der Gesundheit von kranken, alten und pflegebedürftigen Menschen verantwortlich ist."
PS: Es gab einen Kritiker und Schriftsteller, der zur Zeiten des Urkapitalismus, Kapitalisten kritisierte und nicht bestraft wurde (damals gab es sehr schlimme Bestraffungen wie Hinrichtung), weil Kapitalisten es nicht verstanden haben, was er meint.
Wenn das Kunst ist, dann kann das weg, denn wir sind alle schuldig/mitverantwortlich, weil wir den Arsch nicht hoch gemacht haben, es einfach zugelassen haben!
Lieber Herr Zietz, natürlich macht die Krise auch freien Werbetexter oder DJ´s extrem zu schaffen. Aber das versteht sich doch von selbst, scheinbar versteht das, was die Antragstellung/Bewilligung angeht, nicht jedes Bundesland. Für manche ist beispielsweise Voraussetzung die Mitgiedschaft in der KSK, ist aber nicht jeder aus der Kreativwirtschaft KSK-Mitglied. Zur Spargelfrage: Da haben wir in der Redaktion heftig diskutiert, ich frage mich aber schon auch, warum das so eine Triggerfrage sein soll, sie ist ja ziemlich offensichtlich nicht im Sinne von Julia Klöckner gefragt. Und die Antworten sind doch gut.
Liebe Frau Schmitz, wenn es denn keine "Triggerfrage" sein soll, warum dann wird überhaupt danach gefragt? Und warum gerade Spargel stechen, und nicht beispielsweise Kartoffelkäfer absammeln (kicher, kicher). Ich fürchte, Sie haben nicht ganz verstanden, worauf Richard Tietzens spitze Feder hinauswill. Der Topos "angelernte" oder noch anzulernende Spargelstecher lenkt m. E. den Blick in gestochener Schärfe auf das Problem womöglich plebiszitärer Mandatierung staatlicher Notstandspolitik im Sinne der Interessen der herrschenden Klasse. Wenn nun ein quasi unfreiwillig "vorauseilend korporativer" Journalismus nach freiwilligen Bekennern kollektiver Ernteeinsätze fragt, ist das schon etwas peinlich oder sagen wir zumindest unvorsichtig geschichtsvergessen.
"Und jetzt Musik. Scheinbar bin ich der einzige der noch Rhythmusarbeit zustande bringt [...]"
Nein - oder eben nur scheinbar...
Das ist gut, wenn auch andere Rhytmusarbeit und Ideen für Musik haben.
ich fürchte, Herr Schmitt, Sie wollen lesen, was Sie lesen wollen? So wie mir meine Mutter (meine Eltern waren Bauern) das schildert, ist Spargelstechen nichts für Anfänger, das muss man irgendwie auch können, deshalb impliziert die Fragestellung eher eine Würdigung dieser alten Kulturtechnik. Meine Mutter übrigens hat noch Kartoffelkäfer von Hand gesammelt, tatsächlich, heute wird ja alles weggespritzt. Geschichtsvergessen? Nirgendwo ist von einem unentgeltlichem "Arbeitseinsatz" die Rede, abgesehen davon: wieso sollte die Erntearbeit jetzt auch plötzlich nicht bezahlt werden, wo Erntearbeiter aus dem europäischen Ausland fehlen? Dass regional aber durchaus Leute ehrenamlich aushelfen, finde ich nun null ehrenrührig, sondern einfach zupackend. Es scheint mir eher ein komischer Klassismus zu sein, der hier um die Ecke ausgedrückt wird. Mich wundert das, die Wirtschaftsordnung steht auf dem Kopf, sie wird sich fundamental ändern, es wird sehr viel sehr anders werden. Für uns alle. Für mich übrigens, da ich nun doch ebenfalls in einer bedrohten Branche arbeite, ist auch nichts sicher. Insofern spreche ich hier mitnichten aus einer unverschämt komfortablen Zone. Beste Grüße, Katharina Schmitz
Welche Präferenz herrscht denn, bezüglich des Spargels, in der Redaktion: Weißer oder Grüner? Tradition und jahrzehntelange Gewohnheit, gegen den Alleskönner auf dem Teller. Stecher, die aus Erfahrung wissen wie man unter der Erde abtrennt, gegen Erntemaschinen und Handleser, die sehen können, was sie tun.
Die Weißspargelmanie führte zur Monotonie, auch der Sorten. Die Virusepidemie, falls sie sich nicht eindämmen ließe, zum geschäftlichen Überleben weniger, allgemein bekannter KünstlerInnen und Kunstschaffender, die beileibe nicht die einmal erreichte Artenvielfalt abbildeten.
Nur weiter
Christoph Leusch
Lieber Herr Leusch, ich mag auch grünen Spargel sehr. Mir kommt entgegen, dass der nicht geschält werden muss. Im Zeitmagazin hat mich ein einfaches Rezept angelacht: einfache, kleine Spargeltartes mit Ziegenfrischkäse. Hmmm! Morgen gibt es aber weißen bei uns, aus Brandenburg. Viele Grüße! Katharina Schmitz
Zur »Spargelfrage«: Ich frage mich angesichts dieser Frage schlicht, ob die Redaktion den Aspekt von immer stärker in den Fokus des Möglichen rückenden Zwangs-Arbeitseinsätzen gewissenhaft genug mit diskutiert hat. Wer das berüchtigte »gesunde Volksempfinden« als Faktor mit einkalkuliert (speziell vor dem Hintergrund älterer und auch jüngerer deutscher Geschichte mit unvergessenen Bonmots wie zum Beispiel »Arbeiten bis zur Vergasung« oder auch »Nur wer arbeitet, soll auch essen«), wird Interviewten kaum öffentliche Äußerungen abnötigen, welche sie schon von der Anlage der Fragestellung her zur Notlüge oder zum Ausweichen zwingen.
Insofern ist die Frage mehr als lediglich eine »Triggerfrage« – sie changiert im Feld zwischen politisch bedenklich und persönlich grenzbereichlich. Der Erkenntnisgewinn ist – da täuscht auch die fantasievoll ausformulierte Ehrlichkeit in einigen Antworten nicht darüber hinweg – ähnlich zu veranschlagen wie bei der Frage: »Haben Sie schon jemals Ihren Partner / Ihre Partnerin betrogen?«
Doch wagen wir die Probe aufs Exempel: Was ist eigentlich mit Ihnen und der restlichen »Freitag«-Redaktion – also Herr Angele, Herr Augstein, Frau Koester, Frau Baureithel, Herr Grassmann, Herr Feldhaus, Herr Knödler, Herr Puschner, Frau Leinkauf und dem Rest der unter Redaktion aufgeführten dF-Redakteur(inn)e(n)? Wie steht es um IHRE persönliche Bereitschaft, Ernteengpässe abzuwenden und für 14 Tage oder vier Wochen in die Spargelernte mit einzusteigen?
Anderweitige Verpflichtungen; »Freitag«, der rausmuß; Fragen kommen etwas tribunalmäßig? Rein logisch bliebe trotzdem die Frage, wieso die »Spargelfrage« bei den interviewten Kreativen weniger schlimm sein soll.
Naja, soo hoch muss man die “Spargel-Frage“ nun auch wieder nicht hängen, meine ich. Ja, ein bisschen impertinent ist sie. Fr. Schmitz sagt doch aber auch, dass sie kontrovers diskutiert worden sei.
Ja, die Solo-Selbstständigen im Kulturbetrieb haben es echt schwer derzeit. Zwei Freundinnen, eine Dramaturgin und eine Schauspielerin haben glück gehabt und über die Investitionsbank Berlin sehr schnell die versprochene Hilfe erhalten. Die eine hat sich am Freitag online angemeldet und kam in eine lange Warteschlange, am Sonntag kam sie dann dran und am Dienstag hatte sie Geld auf ihrem Konto 5000 Euro, und bei der anderen war es auch so. Die beiden sind zumindest bis ende Juni abgesichert.
Ich habe ein riesengroßes Problem mit Subventionen. Vor Corona hat sich keiner darum geschert, ob einer in seiner Ich AG seine Arbeit weiter ausführen kann oder nicht und jetzt die Arme Kunst die eh nur über Subventionen jeglicher Art ihren Lebensstil fortführen kann, wie auch andere Bereiche und Firmen nur über Subventionen weiter existieren können. Wird jetzt der eingeflogene billig Spargelstecher besser gestellt und besser vergütet? Wohl eher nicht.
Das erinnert mich an den Corphetua Komplex. Ich kann nur etwas lieben wenn es höher gestellt wirkt und sei es nur durch den Erhalt von Subventionen diese Bereiche erhabener und wertvoller sugeriert wird. Ganz schön perfide und hat was mit sozialer Spaltung zu tun. Wie zum Beispiel, die Lieferando App sei erhaben ein Fortschritt für unsere Bequemlichkeit und der Fahrradkurier hat nichts von dieser Wertschöpfung, den will man auch nicht in seinem Lohn und Gehalt subventionieren, wie besser stellen.
Wir crispern uns auch eine Gesellschaft zurecht, die noch hässlich wird.
Können die Subventionen über ein Jahr lang aufrecht erhalten werden, da wir ja mit der Ansteckungsrate mathematisch unter 1,0 kommen müssen damit wieder ein gewisser Normalmodus zu erwarten sei? Nein das funktioniert auch nicht. Das hält keine Gesellschaft aus. Also wird dies auch noch hässlich.