Was Verbraucherschützer nicht können

Datenschutz Die Verbraucherzentralen drohen gegen MySpace, Facebook und Co. zu klagen, weil die Netzwerke so lasch mit dem Datenschutz umgehen. Das allein wird aber nicht reichen

Internetplattformen für soziale Netzwerke wie Facebook oder MySpace haben ihre Vorzüge. Kontakte zu alten Freunden können mit wenigen Klicks gepflegt werden, die Bilder aus dem letzten Urlaub sind schnell mit Bekannten geteilt. Das ist praktisch. Genauso schnell sind die Urlaubsfotos aber auch mit dem Rest der Welt geteilt, für den sie vielleicht nicht bestimmt sind. Das ist gefährlich. Wer will schon, dass jeder sehen kann mit welcher engen Badehose man im letzten Urlaub am Strand für Aufsehen sorgte. Das ist kürzlich erst dem Chef des britischen Geheimdienstes MI6 passiert, dessen Ehefrau bei Facebook die Urlaubsschnappschüsse allen Nutzern zugänglich machte.

Datenschützer kritisieren seit längerem, dass im Netz alle Grenzen der Privatsphäre fallen. Schuld daran sind zum einen die User selbst, die oft sehr freizügig mit ihren privaten Daten umgehen. Zum anderen fördern die Betreiber auch die Erosion der Privatsphäre. Sie fordern die Nutzer auf, möglichst viel Privates möglichst vielen Leuten zugänglich zu machen. In den Datenschutzbestimmungen vieler Netzwerke räumen sich die Betreiber selbst umfassende Rechte ein - und beschneiden die der Nutzer. Wer sich anmeldet, kann sich zwar grundsätzlich gegen die Sammlung und Weitergabe seiner Daten entscheiden. Doch dafür muss er die bereits voreingestellte Zustimmung per Klick ungültig machen. Dieses Prinzip nennt man Opt-out. Häufig genug sind die Möglichkeiten, seine Daten gegen Weiterverwendung zu schützen, auf den Websites der Plattformen aber sehr gut versteckt.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat nun Unterlassungsverfahren gegen die Plattformen MySpace, Facebook, lokalisten.de, wer-kennt-wen.de und Xing eingeleitet. Die Plattformen würden die Daten ihrer Nutzer häufig ohne deren Einwilligung und über den eigentlichen Zweck hinaus nutzen, so die Kritik. Satt des Opt-out-Prinzips fordern die Verbraucherschützer ein Opt-in-Verfahren, das es den Unternehmen nur erlaubt, die Daten zu nutzen, wenn die User ihre Zustimmung dazu gegeben haben. Sie sollten beispielsweise auch selbst entscheiden können, ob ihre Profilseite über Suchmaschinen zu finden ist.

Gründe für das Vorgehen der Verbraucherschützer gibt es durchaus: Nach dem Amoklauf von Winnenden etwa landeten die Profilbilder von SchülerVZ ohne Zustimmung der Abgebildeten in den Medien. Und immer wieder geben Fotos oder Kommentare auf Seiten wie Facebook Arbeitgebern Grund zu Kündigung.

Was dabei aber übersehen wird: Gegen im Netz spionierende Arbeitgeber oder Internet-Stalker hilft auch kein stärkeres Recht für Verbraucher. Das Internet ist in allen Lebensbereichen präsent und seine Nutzer werden immer jünger. Jeder 13-Jährige hat ein Profil bei SchülerVZ. Opt-in-Verfahren statt Opt-out-Prinzipien bei der Netzwerk-Anmeldung wären zu begrüßen. Viel wichtiger aber ist es, seitens der Nutzer die notwendige Sensibilität für den Umgang mit privaten Daten im Netz zu schaffen – gerade bei den jungen. Wo jeder Grundschüler einen Computer besitzt, gehören Medienkunde und der bewusste Umgang mit dem Netz in den Stundenplan.

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