Washington bleibt gut geölt

USA Kurz vor der Katastrophe im Golf von Mexiko hatte Präsident Obama bestimmte küstennahe Gewässer für Ölbohrungen freigegeben. Begründung: die Plattformen seien sicher

Irgendwie sollte es cool sein, als Politiker der Republikaner bei vielen Veranstaltungen skandierten: „Drill Baby, drill!“ („Bohre, Baby, bohre!“). Präsident Barack Obama sei ein Waschlappen, weil er wegen der Öko-Fritzen auf Erdölbohrungen im US-Küstengewässer verzichte. Das Macho-Getue wirkte: Obama hat erst vor Wochen bestimmte Küstenregionen zum Bohren freigegeben. Bei Bohr­inseln heutzutage, betonte der Präsident, käme es im allgemeinen nicht zu Problemen mit dem Austritt von Öl. Die Inseln seien „technologisch sehr fortgeschritten“. (Genauso wohl wie die Atomkraftwerke, deren Bau ebenfalls subventioniert werden soll.)

Auch wenn der Erdölkonzern BP hin und wieder kleine Erfolgsmeldungen verbreitet und Hoffnungen weckt: Das Ausmaß der Ölkatastrophe, ausgelöst durch die Explosion auf der Bohrinsel Deepwater Horizon, ist nicht abzusehen. Ein, zwei, drei Monate oder mehr kann es dauern, bis das Bohrloch abgedichtet ist. Aus drei Lecks sprudeln Tag für Tag fast eine Million Liter Rohöl ins Meer. Aber nicht einmal die Obama-Hasser beim Rupert-Murdoch-Sender Fox können den Präsidenten für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko verantwortlich ­machen, auch wenn sie noch so gern Parallelen ziehen möchten zu George W. Bushs Hurrikan-­Katrina-Desaster. Fragen bleiben, ob US-Behörden zum Überwachen der Erdölbohrungen wachsam genug waren. Jetzt, im Angesicht der Katastrophe, hat die Regierung alle Hebel und Schiffe in Bewegung gesetzt, um das Öl einzudämmen.

Die Industrie bleibt unbeschädigt

Im texanischen Houston veranstalteten Anfang Mai Hunderte Öl- und Öldienstleister­firmen eine Offshore Technology-Konferenz. Laut Programm sollte die Firma Anadarko ­Petroleum für ihre Verdienste um das Ausschöpfen „ultra-­tiefer“ Gasreserven ausgezeichnet werden. Anadarko hält 25 Prozent der Lizenz an Deep­water Horizon. Eine Spotlight-­Auszeichnung für neue Technologien ging an Halliburton. Der Zulieferer für die Energieindustrie (und das US-Militär) war für Betonarbeiten am Deepwater-Horizon-Bohrloch zuständig. Nun schaden die Lecks dem Image und die Katastrophen­bilder dem Geschäft.

Kaliforniens Gouverneur Schwarzenegger, einst ein Fan der Tiefseebohrungen, will jetzt doch keine Bohrinseln vor seiner Küste. Aber trotz der Kata­strophe sitzt die fossile Energieindustrie fest im Sattel. Ihre Profite tendieren ins Astronomische, und Washington ist so gut geölt, dass viele Politiker den Kopf in den Sand stecken, Risiken herunter spielen und sogar die Erderwärmung ­bestreiten. Man tut so, als ­werde die Industrie die Risiken schon managen, beim Tiefseebohren und anderswo.

Grün sein ist in – Öko-Lebensstil angesagt. Man soll auf dem Balkon ein Gärtchen anlegen und die teuren Elektroautos kaufen. BP macht Werbung mit dem Slogan „Beyond Petro­leum“ (Mehr als Öl). Politischen Einfluss haben Ökogruppen und Klimaschützer aber wenig. Im Kongress steht noch kein Klimaschutzgesetz, weil Obama noch keines vorgelegt hat. Nach Umfragen lässt in den USA die Sorge um die Klimaerwärmung deutlich nach. Einer Gallup-­Erhebung im März zufolge sind 48 Prozent der US-Amerikaner der Ansicht, die Medien ­übertrieben die Gefahr des ­Klimawandels. 2008 hätten nur 35 Prozent diese Auffassung vertreten.


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