Weg mit den alten Rollenbildern

Politik Es ist Zeit für eine neue Familienpolitik. Dafür brauchen wir nicht weniger als eine Vision
Weg mit den alten Rollenbildern

Bild: Rüdiger Wölk / Imago

Nun hat es die Bundesregierung sogar schwarz auf weiß: Ihre Familienpolitik verschwendet Staatsgelder, hält qualifizierte Frauen vom Arbeitsmarkt fern und schafft ein Klima, in dem Menschen lieber nicht Eltern werden wollen. Die Ergebnisse der Regierungsstudie zur „Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen“ sind zwar ernüchternd – aber keinesfalls überraschend. Etwa 200 Milliarden Euro ist das Paket schwer, dass Familienministerin Kristina Schröder Familien zur Verfügung stellt. Doch der Inhalt dieses Pakets, von der Kinderzulage und dem Elterngeld über den Freibetrag für Alleinerziehende und den Geschwisterbonus bis hin zum Waisengeld, dem Ehegattensplitting und neuerdings auch dem Betreuungsgeld, zeigt vor allem eines: das Chaos einer ziellosen Politik.

Es gibt einige Regierungsangebote für Familien. Denen fehlt aber eine gesamtgesellschaftliche Ausrichtung: das Ehegattensplitting, das Frauen ermuntert, dem Arbeitsmarkt fernzubleiben, wenn ihre Ehemänner gut genug verdienen. Gleichgeschlechtliche Paare können das Ehegattensplitting nicht in Anspruch nehmen, ebenso wenig unverheiratete Paare. Dann das Kindergeld, dass Spitzenverdienende ebenso erhalten wie Hartz-IV-Empfänger – bei denen wird es aber mit den anderen Sozialleistungen verrechnet. Es ist nur scheinbar für alle etwas dabei in diesem familienpolitischen Knäuel.

Ein wirklich sinnvolles Angebot, nämlich eine flächendeckende Kinderbetreuung, fehlt bekanntlich immer noch in Deutschland, allen Ausbau-Versprechen der Familienministerin zum Trotz. Dabei wäre dies das Angebot mit dem besten Kosten-Nutzen-Faktor, schließlich würden mehr arbeitende Mütter auch zusätzliche Steuern und Sozialbeiträge zahlen.

Neben der nüchternen Auswertung von Zahlen und den Forderungen an die Politik müssen wir uns aber auch selbst die folgenden Fragen stellen: Was ist unsere Vision für eine familienfreundliche Zukunft? Und was bedeutet eigentlich „Familie“? Die Zeit ist reif für ein Neudenken, nicht nur politisch, sondern auch gesamtgesellschaftlich. Das Berliner Zukunftsforum Familie hat definiert, Familie sei „überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, Sorge tragen und Zuwendung schenken.“ Diese Menschen gilt es zu unterstützen und zu schützen, unabhängig von ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrem Familienstand oder der Anzahl ihrer leiblichen Kinder. Das bedeutet auch, dass Menschen die Angst genommen werden muss, durch Kinder in die Hartz-IV-Armut zu rutschen oder ihre beruflichen Chancen zu begraben.

Daneben müssen klare Forderungen an die Politik gestellt werden. Familienpolitik muss ebenso wie Frauenpolitik mehr sein als nur den Vorrat an Vollzeit-Fachkräften für den heimischen Arbeitsmarkt aufzustocken. Denn nicht erst seit gestern werden die einst weiblichen Wünsche, bei Tageslicht Zeit für die Kinder zu haben, die pflegebedürftige Oma, oder das Mountainbike, auch von Männern geäußert. Natürlich, es braucht nach wie vor Courage, für diese Anliegen einzutreten, sowohl privat als auch in der (Berufs-)Öffentlichkeit. Doch ohne Mut wird aus der von allen Seiten verlangten Veränderung dieser Gesellschaft nichts werden.

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