Wenn der Ausweis zum Fetisch wird

Angst In Deutschland fühlt man sich unwohl, wenn sich kulturelle Identitäten vermischen – das ist absurd, findet der Autor und Orientalist Navid Kermani
Exklusiv für Abonnent:innen

Wir nehmen den Fundamentalismus und überhaupt die Rückkehr der Religionen in der Regel nur dann wahr, wenn sie mit politischen Forderungen auftreten oder gar mit physischer Gewalt. In der Breite ist der Fundamentalismus seit seinen Anfängen im frühen 20. Jahrhundert bis heute überall – sei es im Nahen Osten, in Südasien oder den Vereinigten Staaten – eine Bewegung, die den Einzelnen einbindet in die klar umrissene Ordnung eines Kollektivs, das streng unterschieden ist von anderen Kollektiven. Das muss keine aggressive Unterscheidung sein. Fundamentalistische Lebensentwürfe sind attraktiv, weil sie die Menschen mit dem versorgen, was ihnen in der modernen, globalisierten Welt am meisten fehlt: Eindeutigkeit, verbindliche Regeln, feste Zugeh