Wer weiß, wie lange noch, aber nun fängt es wieder an. Messen. Art Cologne. Art Basel Miami. Handshake, all great. Aufregend, nicht wahr? Empfänge, Partys, Dinner, Vertragsabschlüsse. Und zwischendrin: Künstlerin und Künstler und ein bisschen Kunst. Bereits passiert ist die Paris Photo. Die größte Messe für Fotografie in, ja genau, Paris. Im Grand Palais Ephémère. 190 Gallerien und Verlage stellten aus. Zum Beispiel Vivian Maier, das Kindermädchen, das erst nach ihrem Tod als Künstlerin gelesen wurde, weil ihre unentwickelten Filme zufällig entdeckt wurden. Oder BMW-Residency-Inhaberin Almudena Romero, die mit Pigmenten experimentiert und Fotografien ihrer Familie auf wachsende Kresse projiziert. Da konnte man sich bereits ganz gut reingrooven in die Abläufe. In die Codes und Feinheiten des Messebetriebs. Die ja immer irgendwie gleich sind.
Etwa beim Empfang mit Blick auf den Eiffelturm, zu dem der Kulturmanager Thomas Girst, der für BMW „Money at Artists“ werfen darf, wie er sagt, also das Kulturengagement verantwortet, eingeladen hat. Dort steht man so mit Kokoscreme in der einen und keinem Cappuccino – was ist eigentlich mit Franzosen und Kaffee los? – in der anderen Hand und lässt sich von einer Galeriemitarbeiterin aus Johannesburg aufzählen, wie viele Schwarze Künstlerinnen sie in diesem Jahr zeigen.
Meist nicht bei Empfängen, aber auf jeder Messe gibt es die eine junge Frau mit Jutebeutel, auf dem „KLAUS“ steht, und (mindestens) eine reiche Frau in Statement-Mode, auf der „Feminist“ oder „Free Palestine“ steht. Auf jeder Messe gibt es den Typen mit dem „Instagram Magazine“, der Fotos von anderen reposted, damit zwei Millionen Follower generiert hat und deswegen besonders nett behandelt wird. Und es gibt auf jedem After-Messe-Dinner den Künstler, der sich verweigert, und den, der gerne mit Sammlerinnen über die schwierige Situation von Erntehelfern in Spanien spricht oder dass man in London nur noch Häuser kaufen sollte, die in der Flood Map nicht im Risikobereich liegen. Und es gibt immer Influencer, die entweder wenig Interesse an der gezeigten Kunst haben – oder gleich so viel, dass sie freundlich, aber bestimmt fordern, Werke umzuhängen, damit sie besser zu fotografieren seien. Messen sind ein tolles Spektakel. Es gibt viel zu ratschen.
Am besten gefallen hat mir die Geschichte von BMW-Residentin Romero, die erzählte, dass sie ihre Kressesamen in einem Kissen schmuggeln musste, wegen des Brexits, weil es die beste Kresse eben in England gebe. „I calculate in pillows, not kilos.“ Leider hat sie es nicht ausgestellt.
Einige Tage nach Erscheinen des Artikels lässt Thomas Girst noch einmal einen herzlichen Gruß ausrichten. Und er will eine Anmerkung loswerden, die ihm persönlich – und auch BMW – sehr wichtig sei: „Es geht eben NICHT darum „Money at Artists“ zu werfen, sondern stattdessen etwas Sinnhaftes zu tun. Partnerschaften statt Sponsoring. Erkenntnisgewinn statt Bling Bling. Langfristiges Engagement statt Eventhopping. Interaktion statt rein monetäre Transaktion. Bei aller Freiheit der Künste ohne jegliche inhaltliche Vorgaben.“
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