Wenn die Lebenden nicht von den Toten lassen

Israel Will man das Land verstehen, sollte man seinen Umgang mit den Verstorbenen in Augenschein nehmen. Ein Essay der Soziologin Eva Illouz
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Eine Israelin legt an Jom haSikaron Blumen an einem Grab nieder
Eine Israelin legt an Jom haSikaron Blumen an einem Grab nieder

Foto: Lior Mizrahi/Getty Images

Wir alle haben schon einmal die Erfahrung gemacht, ein altes Foto anzusehen, auf dem jemand mit dem Lächeln und dem Vertrauen eines Menschen in die Kamera blickt, der weiß: das Leben wird ihm mit Güte und Großzügigkeit begegnen. Wir blicken in das lächelnde Gesicht und wissen, was er oder sie nicht weiß: Dass er in wenigen Tagen oder Wochen tot sein wird, ausgelöscht durch einen unvorhersehbaren Unfall oder eine Kriegsmaschinerie. Wir blicken auf das lächelnde Gesicht und empfinden ein ungewöhnliches Mitgefühl, sowohl aufgrund des tragischen Endes, das ihn erwartet, als auch aufgrund seiner heiteren Unkenntnis dieses Schicksals. Wir wissen, dass er nicht weiß, dass sein Lächeln und seine Hoffnung vergebens sind.

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