Beginnen wir konventionell. Was haben die Damen an? Welche Frisur tragen sie? Passt ihr Schmuck? Wie sind sie geschminkt? Kurz, sind sie telegen genug, um die "Zielgruppe" anzutörnen und bei Laune zu halten? So oder ähnlich muss es in den Köpfen derer zugehen, die sich im Fernsehen das Programm ausdenken und dabei auf die Idee kamen, auch Frauen talken zu lassen: Sabine Christiansen, Maybrit Illner, Sandra Maischberger, Gabi Bauer. Jeder ihre eigene Talk-Runde, ARD, ZDF, n-tv, leicht auseinander zu halten, weil ihre Sendungen ihren Namen tragen, wie bei den Männern. Gelungene Gleichstellung?
Diese Frauen sind brav, machen Quote und haben dafür bereits einen Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis bekommen, der ja für investigatives Nach-Fragen gedacht ist und nicht fürs schönere Outfit. Also, wenn Männer gucken, kommen welche Frauen an? "SchönengutenNabend, meine Damen und Herren, herzlich willkommen! - Auch Ihnen, Herr X., ein herzliches Willkommen!" Sabine Christiansen trägt bevorzugt das Modell "Tussi". Heute im kleinen Schwarzen, Hosenanzug. Perlenkette im Ausschnitt, blond. Übereinandergeschlagene Beine, in die Seite gestemmte Arme, will sagen: Na, nun wolln wir mal wenigstens so tun, als ob wir Fragen stellen, nachhaken, moderieren halt. Dass es nicht dazu kommt, liegt an ihr. Sie führt weniger, als dass sie versucht zu verführen. Mit wenig Erfolg oft: Keiner beachtet sie. Meist sind es Männer und immer dieselben Typen von CDU/CSU, SPD, FDP, Unternehmensberater, Honoratiorenverein und aus dem Milieu "Vermischtes", die im Halbrund um sie herumgruppiert sind und ihre routinierte Jedermann- oder Wahlkampf-Rhetorik herunterspulen. Diese Macho-Profis lassen sich wenig von den harmlosen Einwürfen der ehemaligen Stewardess beirren, die dazwischen japst: "Das sich das so entwickeln konnte, das braucht ja einen Nährboden". S. Christiansen guckt gespreizt, plappert "wie verändern wir denn das Parteiengesetz, das müssen wir nun mal tun", kann sich mit solchen Sätzen nicht durchsetzen, wird in ihrer Gestik immer fahriger, tut schnoddrig, wirkt zickig und bleibt Staffage. Die Männer aalen sich in Selbstzufriedenheit. Waren sie doch wieder zur besten Sendezeit im Fernsehen. Christiansen bleibt Christiansen. Hauptsache, der Hosenanzug sitzt.
Hoffen auf das ZDF, Berlin Mitte mit Maybrit Illner, Modell "flottes Mädchen". Immer im Hosenanzug, heute paspeliert, und weißem T-Shirt. Schwarzhaarig und betont wenig geschminkt. Nur die modischen Riemchen-Schühchen passen weder zur Frau noch zum Aufzug. Dieser Widerspruch scheint symbolisch für die Widersprüchlichkeit der Quotenfrau aus den neuen Bundesländern. Tough, aber dann doch nur keck. Patzig, aber schnell beschwichtigend, wenn einer der Anwesenden beleidigt ist. Vorlaut und gleichzeitig diese Masche des Ich-bin-ein-kleines-Mädchen-und-ihr-dürft-mir-nicht-böse-sein. Verständnis heischend mit lauter "mh-mh-mh"s, aber mit beängstigend ausgestreckten Zeigefingern, die pädagogisch zur Kindergarten-Tanten-Autorität eingesetzt werden: Dududu! Jetzt kommt der andere dran! So munter, wie sie die Fragerunde beginnt, so ärgerlich wird es zum Ende hin, wenn sie ihre Unarten immer ungezügelter ausagiert. Dann stört ihre Kieksstimme, dann wird sie mehr und mehr die eifrige Schülerin, die Lehrers Liebling sein will. So läuft es denn auch in den Talk-Runden: nachsichtig mit den Männern, unsolidarisch mit den Frauen, die von der Moderatorin keine Unterstützung gegen die Macho-Politredner bekommen. Das gefällt den Männern, und darauf kommt es im Mediengeschäft schließlich an. Maybrit Illner ist ja nicht blöd.
Sandra Maischberger auch nicht. Noch auf n-tv, hoch gehandelt von den Fernsehgewaltigen, führt sie das Modell "schnurrende Katze mit ausfahrbaren Krallen" vor. Muss man es noch erwähnen? Hosenanzug, Halskette im Ausschnitt, obwohl - hier gibt es, wie bei Gabi Bauer auch, einen Tisch zwischen Gast und Fragestellerin, und über die Schuhmode lässt sich deshalb gar nichts sagen. Dafür umso mehr über die Körpersprache und die Mimik. S. Maischberger guckt dem Gegenüber gern lieb ins Gesicht, lehnt sich dann mit dem Oberkörper vor, stützt die Ellenbogen auf die Tischplatte, blinzelt, als ob sie kurzsichtig wäre, hängt die Lider auf Halbmast, hält den Kopf eingezogen, kräuselt die Stirn, nickt, nickt wieder, macht zwischendurch, was früher mal als Reporter-Unart galt, "mh-mh-mh", und kriegt kaum ihre Zähne auseinander, wenn sie - time is money beim Kommerzsender - im Schnellsprechtempo ihre Fragen abschießt. Sie kann sich voll auf ihr Gegenüber konzentrieren, weil sie die einzige der vier Moderatorinnen ohne Publikumsablenkung ist. Aber sie fragt hektisch, und wenn sie verbal vage um ihr Nicht-Wissen irrt, erklären die durch das Mannequin-Lächeln milde Gestimmten ihr die Welt. Das mögen die Männer, und deshalb wird S. Maischberger inzwischen auch als "beste Interviewerin" gepriesen. "Talk talk talk talk talk" läuft bei Maischberger im Abspann als Unterzeile, und die Moderatorin gluckst, grinst, lacht zum Schluss, ob es nun passt oder nicht. Ist das nun "politisch"?
Bleibt Gabi Bauer. Auch sie trägt die Anstaltskleidung: Hosenanzug. Auch sie muss in einem "Trailer" erst mal sinnlos durchs Bild laufen. Auch sie muss sich in eine alberne Studiokulisse setzen. Auch sie bedient sich, so "neu" sie alles angehen wollte, des altbekannten Talkrunden-Personen-Kreisverkehrs. Aber sie ist sanft, richtig lieb, zurückhaltend. Modell "vernunftbegabte, tapfere Mutti". Die von den Tagesthemen bekannt souveräne, intelligent formulierende und unprätentiös fragende Gabi Bauer wird zur plaudernden Stichwortgeberin. Immer nur lächeln, zögern, nur nicht weh tun, während solch ausgebuffte Kaliber wie Otto Schily oder Wolfgang Schäuble reden, reden, reden, was alle schon wissen. Gabi Bauer aber ist einfach nur nett. Das gefällt. Aber das ist überhaupt nicht gut so, und das sieht auch gar nicht gut aus.
Vier Frauen, aber keine politischen Journalistinnen, nirgends. Die im Gespräch die Sache durch eine oder mehrere Personen nicht auf den Punkt bringen. Die Politik, wie sie funktioniert und was/wer dahintersteckt, nicht sichtbar machen. Das machen die Herren Kollegen schließlich auch nicht. Warum sollten diese ausgewählten Frauen also besser sein? Klar, gelungene "Gleichstellung".
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