Wer bin ich?

LESERUMFRAGE Liebe Leserin, lieber Leser,

Im Sommer dieses Jahres lag dem Freitag ein Fragebogen für eine Umfrage unter unseren Leserinnen und Lesern bei. Insgesamt 8 Prozent unserer Stammleserschaft haben sich beteiligt. Auf diesem Weg noch einmal ein Dankeschön für das damit gezeigte Interesse. Sicherlich werden Sie jetzt genauso gespannt auf das Ergebnis sein, wie wir es waren. Im folgenden eine Auswertung, die teilweise Vergleiche zu Umfragen aus 1994 und 1990 enthält.

Neunundsechzig Prozent unserer Leserschaft sind männlich. Da hat sich seit 1994 einiges geändert, denn damals lag der Wert bei lediglich 60%. Noch deutlicher wird der Wandel unserer Leserschaft, wenn wir uns dem Alter und den Berufen zuwenden. Das Durchschnitts alter beträgt 49 Jahre. Leider gibt es aus 1990 und 1994 keine direkten Vergleichzahlen, deshalb im Folgenden ein Vergleich der Altersgruppen. Unter 30 Jahre waren 1990 24,6% der Leser, heute sind es noch 9,1%. Die Zahl der 30-40-Jährigen sank von 34,6% auf 17,1%. Die Zahl der 50-60-jährigen stieg von 9,5% auf 20,5%. Über 60 Jahre waren 1990 7,5%, heute sind es 20,5%. Unsere Leserschaft ist also mit dem Blatt in die Jahre gekommen.

Dies korrespondiert mit Verschiebungen bei den Tätigkeiten/Berufen. 1990 waren noch 18,7% unserer Leser Studenten, heute sind es knapp 10%. Gleichzeitig stieg der Anteil der Rentner von 6,7% auf 22,6%. Der Freitag passt sich also dem Zuwachs von Älteren in der Gesellschaft an.

Deutlich gestiegen ist der Bildungsgrad. Einen Studienabschluss haben 1999 63,7% statt 50,8% 1990. Damit arbeiten die Freitag-Leser hauptsächlich als Angestellte (35%, 1990: 40%), gleich gefolgt von den Selbstständigen (16,8%, 1990: 13,1%), die Beamten schließen sich an (12,2%, 1990: 10,5%).

Ganz gravierende Veränderungen gibt es im Einkommensbereich. Hatten 1990 noch 68% der Leser ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 3.000 Mark, sind es jetzt nur noch 34%. Umgekehrt kletterte die Zahl der Nettoeinkommen über 4.000 Mark von 16,5% auf 45%, bei den Einkommen über 5000 Mark stieg der Anteil von 7,2% auf 27,4%. 17% der Leser haben auch 1999 noch ein Nettoeinkommen von unter 2.000 Mark, allerdings befindet sich in dieser Gruppe ein großer Teil der Studenten.

26,3% unserer Leser leben allein; 4,4% allein mit Kind. Der größte Teil (60%) lebt in Lebensgemeinschaften, 25% mit Kindern. Die meisten Leser sind Großstädter. 62,6% wohnen in Orten mit über 100.000 Einwohnern, 40,7% in Städten über 500.000. Die Kleinstädte und Dörfer sind mit 17,1% gering vertreten. In beiden Teilen Deutschlands zeigt sich der Freitag wiederum als einzige Ost-West-Wochenzeitung auf dem Markt: 65% unserer Leser kommen aus dem alten Westen (einschließlich Westberlin), 35% aus den neuen Bundesländern, womit wir allerdings einen an der Bevölkerung gemessen deutlich höheren Ostanteil haben.

Unserer Leser sind Bücherwürmer und politisch aktiv. 81,7% geben an, in ihrer Freizeit Bücher zu lesen. 53% sagen, dass sie ihre Freizeit mit politischem und sozialem Engagement verbringen. Auch in den weiteren Tätigkeiten steht die Kommunikation vorn, denn es folgen die Kategorien "Freunde", "Kino/Theater", "Familie", während "Computer/Internet" mit 10,8% Nennungen am Ende der Skala steht.

In der Zeitung interessiert in dieser Reihenfolge: Wirtschafts- und Sozialpolitik (77,9% Nennungen), Literatur (71,7%), Zeitgeschichte (69,6%), Philosophie (56,7%), Parteipolitik (55,4%) Wissenschaft (53,3%), Film (49,6%), Sachbuch (49,2%), während das Ende der Skala von den elektronischen Medien (31,7%), der Netzkultur (16,3%), der Popkultur (15,8%), dem Sport und der Oper (13,3% bzw. 8,3%) gebildet wird. Vermisst werden in der Zeitung in dieser Reihenfolge: Hintergrundberichte (31,7% Nennungen), Dokumentationen (28,6%) und Porträts (26,7%). Mit einem deutlichen Lob kann unser Layouter nach Hause gehen: 70,9% bescheinigen ihm eine klare und übersichtliche Gestaltung der Zeitung.

Wozu wird nun eigentlich der Freitag gelesen? Dazu sagen die Leser: zuallererst um sich zu informieren, am wenigsten, um sich zu unterhalten. Auf einer Skala von 1 bis 6 steht Information auf dem ersten Platz (1,45). Es folgen Auseinandersetzung (1,96), Orientierung (2,06) und Unterhaltung (3,58).

Wie würden sich Freitag-Leser bei Wahlen entscheiden? Die Sonntags-Frage ergab ein deutliches Plus für die PDS. Sie hätte 65% der Stimmen erhalten, gefolgt von den Grünen mit 15,5% und der SPD mit 7,1%. CDU und FDP lägen unter 1%. Damit hat die Freitag-Leserschaft auf den Kosovo-Krieg reagiert, denn die Umfrage fand im Juni, also unmittelbar nach dem Ende der NATO-Luftangriffe, statt. Die Zustimmung für Rot-Grün sank, und innerhalb des linken Spektrums, zu dem sich die Freitag-Leser selbst zählen, gab es eine deutliche Abnahme der Zustimmung zu SPD und den Grünen.

Vergleicht man die Zahlen von 1990 und 1994 mit denen von 1999, können wir große Sympathieverluste für die Grünen feststellen. 1990 erreichten die Grünen 70,8%. (Es wurde damals danach gefragt, welche Partei positiv gesehen wird; Mehrfachnennungen waren möglich.) 1994 nannten noch 41,3% die Grünen als ihre bevorzugte Partei (es war keine Wahlfrage, sondern eine nach der Sympathie; Mehrfachnennungen waren nicht mehr möglich). Jetzt - 1999 - bekamen die Grünen auf einer Skala von 1 bis 6 die Note 3,7. Anders die Zahlen der PDS: 1990 sahen sie 45% positiv, 1994 sahen sie 40,2% als ihre bevorzugte Partei an und 1999 erhält sie mit 2,6 die absolut beste Bewertung der Parteien. (PDS 2,6; Grüne 3,7; SPD 4,3; CDU 5,5; FDP 5,8).

Das ist jetzt also das Bild, das wir uns von unseren Lesern machen können: hochgebildet, politisch und sozial engagiert mit großem Lesehunger, mit starkem Interesse für grundlegende Fragen der Gesellschaft und der Gesellschaftspolitik. Aber auch zu wenig weiblich und zu wenig jung, beides Elemente, die für Gesellschaftspolitik von großer Bedeutung sind.

Redaktion und Verlag werden sich intensiv mit Schlussfolgerungen aus der Umfrage beschäftigen. Begonnen haben wir mit einer Workshop-Reihe über den Freitag 2000. Wie er aussehen soll, darüber werden wir mit unseren Leserinnen und Lesern intensiv kommunizieren.

Heinrich Eckhoff

Der digitale Freitag

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