Die Preise für Öl und Gas sind massiv gestiegen. Kommen bereits Menschen zu Ihnen in den Sozialverband, die fürchten, im Winter die Stromrechnungen nicht bezahlen zu können?
Solange es über 30 Grad warm ist, denken die Leute nicht daran, dass sie übermorgen frieren könnten.
DGB-Chef Michael Sommer warnt, dass im Winter Zehntausende Deutsche in kalten Wohnungen leben könnten. Übertreibt er?
Nein, das glaube ich nicht. Die Bundesregierung sollte ein Energiekonzept erarbeiten, um die Menschen vor explodierenden Energiepreisen zu schützen. Interne Beratungen müssen jetzt in der Sommerhitze beginnen.
Welche Konzepte schweben Ihnen vor?
Die Energieversorger ließen sich beispielsweise verpflichten, ärmeren Familien Sozialtarife anzubieten. Damit diese ihren häuslichen Bedarf an Heizung und Strom abdecken können. Oder man zwingt die Versorger, allen Haushalten eine feste Menge an Strom und Gas zu niedrigen Preisen zu liefern. Ferner müsste es für alle Menschen, die mit Öl oder Kohle heizen, einen Sozialgutschein geben. Das wäre mit den rapide gestiegenen Gewinnen der Unternehmen zu finanzieren.
Das müsste gegen die Unternehmen durchgesetzt werden. Ist das realistisch?
Voraussagen sind schwierig. Alternativ lässt sich auch die Mehrwertsteuer auf Energie senken. Die Politik ist jetzt gefordert, nicht erst im Herbst.
Gregor Gysi von der Linken fordert, die Grundsicherung für Rentner oder die Hartz-IV-Gelder aufzustocken.
Ebenfalls möglich. Schließlich sind die Stromkosten nicht in der sozialen Grundsicherung enthalten. Die Sätze für Heizkosten reichen nicht mehr aus. Wir brauchen neue Konzepte, zumal die Konjunktur kippelt.
CDU-Politiker schlagen vor, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Dies garantiere langfristig niedrigere Strompreise. Was halten Sie davon?
Den Menschen bringt das kaum etwas. Es mag höchstens indirekt gegen hohe Stromkosten helfen. Wenn wieder die Heizungen laufen und die Rechnungen kommen, werden sich viele erschrecken.
Sind die Menschen noch zu unbekümmert?
Relativ unbekümmert, ja. Nur wenige sorgen sich, und die setzen vorerst auf das Prinzip Hoffnung.
Die Fragen stellte Dirk F. Schneider
Walter Hirrlinger ist SPD-Politiker und Präsident des Sozialverbandes VdK Deutschland.
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