Wider dem Konsumterror! Mit zwei Ausnahmen

Die Ratgeberin Der Trick für Glücksgefühle unter dem Weihnachtsbaum? Versetztes Schenken!
Ausgabe 50/2016
Leider nur ein Hirngespinst: „The Grinch“
Leider nur ein Hirngespinst: „The Grinch“

Foto: Hulton Archive/Getty Images

Unser Hund wünscht sich dieses Jahr zu Weihnachten einen rot-weißen Weihnachtsmannanzug mit Kapuze. „Weil er darin sooo süß aussehen würde“, behauptet meine Tochter. Wir stehen gerade in ihrem Lieblingsklamottenladen, wo sie ganz unten auf Kleinhundhöhe das Teil gefunden hat. „Wie ein Trottel würde er darin aussehen“, grummle ich. „Nein, total süüüß! Guck doch mal!“ Sie bückt sich, um das Weihnachtsgebommel an den Hund zu halten. Sie kreischt immer wieder ekstatisch auf, ich suche Halt in einem wackligen Schmuckständer. Ein Haarreif mit Elchgeweih verfängt sich in meinem Schal, aber egal.

„Wichtig beim Schenken“, setze ich an, „ist doch vor allem, dass demjenigen das Geschenk gefällt, der es bekommt! Und um rauszukriegen, was jemand will, muss man eben auch öfter mit demjenigen spazieren gehen, dann weiß man nämlich, dass es diesem doch eher felligen Hund gar nicht kalt genug sein kann.“ Der Kältefanatiker hat inzwischen mitgekriegt, dass wegen irgendwas Ekstase ausgebrochen ist und bei Ekstase ist er immer dabei. In seiner allersüßesten Erdmännchenhaltung hat er sich vor der Tochter aufgebaut, schnuppert gierig nach dem Anzug und scheint unfassbar begeistert. „Siehste, er will ihn!“, lacht die Tochter. Unüberlegt kündige ich an, dass ich mit einem Hund, der einen solchen Anzug trägt, nicht das Haus verlasse.

„Ha!“, stößt die Tochter aus, „da haben wir es, nur weil er dir nicht gefällt! Dir ist ganz egal, was unser süßer Hund will.“ Sie ist einfach zu schlau, denke ich und bugsiere den Hund unauffällig weiter in Richtung eines Handschuhstapels. „Erst gestern“, sage ich dabei wahrheitsgemäß, „habe ich gelesen, dass man keine so ausgefallenen Geschenke machen soll, sondern die Leute viel zufriedener sind, wenn sie was Praktisches bekommen. Das haben Tests ergeben.“ Die Tochter erstarrt kurz, führt dann locker aus, dass es nichts Praktischeres auf der Welt gebe als Geld. Der Hund schnuppert währenddessen plangemäß an blauen Handschuhen. Ich also: „He, guck doch mal, er will diese aparten Lederhandschuhe hier.“ Die Tochter grinst.

„Komm, Mama, gib’s doch zu, du findest den Weihnachtsanzug auch total süüüüß.“ Nein, das nun nicht. Aber leider, leider weiß ich, wie süüüüüß ich die Tochter fände, wenn der Hund, ganz überraschend, den Anzug aus einem Karton rupfen würde. Sie würde hüpfen, kreischen, die sozialen Medien hätten eine Weihnachtshund-Fotoschwemme zu bewältigen. Es wäre der Hit. Und wir hätten einen vollkommen beglückten Teenager zu Weihnachten. Diesem wiederum könnte ich locker noch ein Munchkin-Erweiterungspack unterjubeln. Das würde dann den Papa, den alten Spielenerd, aus seinen Socken katapultieren. Der kriegt ja sonst nichts, weil wir beim weihnachtlichen Konsumterror nicht mitmachen, seit Jahren schon, das brauchen wir nicht. Nur bei Kindern und Tieren machen wir eine Ausnahme. Das geht wunderbar.

Versetztes Schenken ist der Trick! Jetzt nur noch die Wunschliste des Hunds fertigmachen: Neben einem neuen Gummigeier, damit ich unterm Tisch mit ihm zerren kann, während er seinen neuen Weihnachtshausanzug trägt und wir eigentlich Munchkin spielen, wünscht er sich dringendst: neue Handschuhe für das andere Ende seiner Leine (Bestellnummer 43978)! Tests haben auch ergeben, dass man die Leute am glücklichsten macht, wenn man ihnen genau das kauft, was auf ihrer Wunschliste steht. Warum sollte das für Hunde nicht gelten?

Susanne Berkenheger verteilt als Die Ratgeberin regelmäßig für den Freitag gute Ratschläge

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