Wie die Trauer verloren geht

Psychiatrie Kummer ist eine normale Reaktion auf Schmerz und Verlust - und wird womöglich zu oft als klinische Depression diagnostiziert
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Eine 60-jährige, geschiedene Frau geht zum Arzt und bittet um ein Schlafmittel. Seit drei Wochen ist sie traurig und verzweifelt, weint immer wieder, leidet unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen. An ihren gewöhnlichen Aktivitäten hat sie kein Interesse mehr, arbeiten kann sie kaum noch. Bei ihrer einzigen Tochter ist drei Wochen zuvor eine seltene, lebensbedrohliche Blutkrankheit diagnostiziert worden.

Eine 35-jährige Professorin geht zum Psychiater, weil sie in den letzten drei Wochen schlecht schläft. Sie fühlt sich niedergeschlagen, leer und traurig. Ihrer Arbeit kann sie kaum noch nachgehen, soziale Kontakte vernachlässigt sie. Sie hat keinen Appetit, liegt viel im Bett oder schaut fern. Einen Monat zuvor hat sich ein verheirateter Mann, mit d