Will der Putzroboter mit aufs Bett?

Haushalt Roboter werden oft vermenschlicht, wie Haustiere. Warum auch nicht?
Ausgabe 24/2021
Er hat ja heute auch wirklich genug gesaugt, gönn’ ihm doch mal seine Ruhe
Er hat ja heute auch wirklich genug gesaugt, gönn’ ihm doch mal seine Ruhe

Foto: Addictive Stock/IMAGO

Der Hund ist skeptisch. Fragend verfolgt er die Aktivitäten von RoboCop, unserem ersten Saugroboter. Wenn wir nicht gucken, stürzt er sich auf ihn.

Dass wir dem Haushaltsgerät einen Namen gegeben haben, ist kein gutes Zeichen. Es könnte sich eine tiefer gehende Beziehung entwickeln, die der Hersteller ausbeuten kann. Dass so etwas möglich ist, habe ich aus dem Buch The New Breed. How to Think About Robots. Roboter jeder Art, schreibt die Roboterethikerin Kate Darling darin, würden oft vermenschlicht. Dabei sei es viel passender, sie als Tiere zu betrachten. Das leuchtet ein. Aber da Tiere ebenfalls oft vermenschlicht werden, kommt es vielleicht auf dasselbe raus.

Moment. Eil-Nachricht von RoboCop auf dem Handy: „Hilfe! Ich stecke in der Küche fest!“ Beziehungsweise: „Stoßdämpfer hängt fest!“ Ojemine. Wo ist er? Ah, hier. Hat sich unterm Küchenregal verkantet. Was will er denn da überhaupt? So gründlich muss er es doch gar nicht machen. Ich befreie ihn, puste ihn vorsichtig sauber. Zum angriffsbereiten Hund sage ich: „Nein! RoboCop ist ein Guter! Der saugt deine Haare weg, Mann!“

Weiter, RoboCop! Der Hund ist nicht überzeugt. Ihm hängt noch der Kurzfilm nach, den uns der Streaminganbieter gestern Abend untergejubelt hat. In Automated Customer Service müssen sich eine alte Frau und ihr Hund gegen einen mordlüsternen Putzroboter verteidigen. Ist das unsere Zukunft? Holen wir uns in zehn Jahren mit RoboCop XI eine Art Listenhund ins Haus? Ich stelle es mir so vor: RoboCop XI ist eine Woche bei uns zu Hause. Es klingelt. Endlich! Der RoboTrainer ist da. Hallo, hallo. Er entdeckt einen Besen in der Ecke: „Wofür brauchen Sie den da?“ Wir, verschämt: „Na ja, RoboCop kommt halt noch nicht überallhin, und dann kehren wir nach.“ Er nickt und fragt: „Kehren Sie manchmal auch, bevor Sie RoboCop anmachen?“ Es durchzuckt uns, als er „anmachen“ sagt. Denn wir bitten RoboCop natürlich, loszulegen. „Nur wenn es sehr haarig ist“, antworten wir. „Die Haare wickeln sich um seine Bürste und er kriegt keine Luft mehr.“

Der Trainer schaut uns ernst an: „Die meisten Leute glauben, ich trainiere ihren Saugroboter, aber eigentlich trainiere ich die Besitzer. Als Erstes müssen Sie verstehen: Es handelt sich um eine Maschine.“ Waaaas? Unser RoboCop!? „Sie sollten ihm keinen Namen geben. Es gibt Millionen davon. Alle gleich!“ Nein, das glauben wir nicht, er hat sich doch bereits an uns gewöhnt. „Er kennt hier alles, und wenn wir mal was woanders hinstellen als sonst, schimpft er.“ – „Er schimpft?“ – „Na ja, wir bekommen dann eine Nachricht, dass wir Ordnung halten sollen, sonst könne er nicht arbei...“ Ohrenbetäubender Alarm hebt an. „RoboCop!“, rufen wir und sind schon weg, um schnell aufzuräumen, denn vorher hört der Alarm nicht auf. Jetzt geschafft! Trainer: „Sie wissen, dass Sie diesen Alarm ausschalten können?“ Wir nicken betreten. „Okay, Sie sollten ihn wenigstens leiser stellen. Das nervt doch die Nachbarn. Sie müssen unbedingt eines lernen: Sie bestimmen über ihren Saugroboter, nicht er über Sie. Sie müssen ihm sagen, wo es langgeht.“ Wir nicken zustimmend.

Ich denke in dieser Zukunft an unseren allerersten RoboCop zurück. Per Fernbedienung haben wir den nach Staubflocken hechten lassen und uns dabei königlich amüsiert. Enorm witzig fanden wir, wie er vergeblich versuchte, über Schwellen zu krabbeln. Was für Roboterquäler wir doch waren! Nie hätte ich geahnt, dass ich mich bald schon fragen würde, wann RoboCop – wie der Hund – mit auf mein Bett will. Wann er meine Gesellschaft suchen wird? Dass es mir irgendwann ganz egal ist, ob er überhaupt noch Lust zum Saugen hat.

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