Et es wie et es. Der Kölner Klüngel ist in Verruf geraten. Zwar wurde er immer schon mit "Wir kennen uns, wir helfen uns" übersetzt, aber bitte: immer zum Wohle der Allgemeinheit. Von Ausnahmen mal abgesehen. Seit einigen Wochen ist nun alles anders. Klüngeln gilt jetzt bundesweit als Synonym für Bestechung und Vorteilnahme. Fraglich ist, ob der Wohlklang des "kölschen Klüngelns", der für Heinrich Böll auch eine Form des Seid-nett-zueinander war, jemals wieder zurückkommt. Wat fott is is fott.
Was in Köln das Klüngeln, ist in Düsseldorf die "Rheinische Lösung". Konrad Beikircher, Kabarettist und Kenner rheinischer Mentalität, hat sie "als eine Art zu leben", ein "agreement" bezeichnet, bei dem jeder weiß, wo se
;, wo seine Vorteile liegen und man sich wortlos darauf verlässt, dat dat schon klappe weed. Nur wer diesem agreement zustimmt, gehört zur Familie. Corleone lässt grüßen. Wer wees wofür et jot es. Ganz recht, auch das sind wieder nur Ausnahmen. Und die führen einerseits zu Deutschlands zweitgrößter Abonnentenzeitung (so die Rheinische Post - RP - über sich selbst) und andererseits zum Musikmanager der Toten Hosen. Als "eine Art Leo Kirch vom Rhein" und als "lustige Musikanten" kanzelt die RP beide ironisch ab. Zu Recht, denn dieser Manager soll - laut RP vom 17. Februar diesen Jahres -, Musikkritiker zur "unerwünschten Person erklärt" und abgestraft haben, weil die so dreist waren, ihre Kritiken über Konzerte der Toten Hosen unabhängig, frei und unbeeinflusst zu verfassen - nicht immer zur Freude des Managers, versteht sich. Dat dat dat gitt. Für die RP "Beleg eines Wahnsinns, der Methode hat". Erstaunlich nur, dass dieser empörende Vorgang der RP nur eine Glosse wert war. Wer wees warum. Denn sollte dies zutreffen, geht es immerhin um nicht weniger als indirekte Bestechungsversuche. Als Hort des sauberen Journalismus präsentiert sich die Rheinische Post. Oder ging es ihr doch nur um den Eigennutz? War die moralische Entrüstung nur gespielt? Stolz war die RP schon immer auf sich. Ihre Werbung im Focus behauptete gar: "Ich lüge nie". Bis zu 200 Mal, so lasen wir da, werden wir täglich angelogen. Und dann, dezent aber bestimmt: "Aber nicht von uns". Eure Rheinische Post. Und was ist mit den vielen anderen Tages-, Wochen- und Monatszeitungen, den Zeitschriften und Journalen, den Fachblättern und Pressepublikationen? Sitzen in deren Redaktionen nur Lügner? Wat et all gitt. Schaut man noch etwas genauer hin, erscheint auch die Glosse in einem anderen Licht: dahinter, so scheint´s, steckt schlicht die Privatfehde dieser Zeitung mit einem unternehmerischen Konkurrenten, der neben seinem Tote-Hosen-Management noch Restaurants und Diskotheken betreibt, und der als Verleger von Gastro- und Einkaufsführern der Rheinischen Post ins verlegerische Gehege gekommen zu sein scheint. "Warum nehmen wir soviel Anteil an diesem Einzelschicksal", fragen wir mit der Rheinischen Post. Weil es der Beleg eines Wahnsinns ist, der Methode hat (siehe oben) und die RP sich über etwas entrüstet, was sich auch in ihren eigenen Reihen findet: unsauberer Journalismus. Hoch hat die RP die Messlatte angelegt, offensichtlich zu hoch für die eigene Tanzkritikerin. Keine Frage, dass Kritik nicht mit denen fraternisieren darf, die sie rezensieren soll. Damit das so bleibt, hat der Deutsche Presserat den Kodex zur freiwilligen Selbstkontrolle der Medien entwickelt. Gut so. Würden sich alle daran halten, wäre das kein Problem, sondern allenfalls ein Thema. Wenn da nicht die Ausnahmen wären. Es soll Journalisten geben, die noch nie von diesem Ehrenkodex gehört haben. Wat wellste maache. Kritiker übersetzen Kultur in den Alltag der Menschen. Der eine sachkundig, informativ, seine Wertungen begründend. Die andere mit geblümter Sprachrhetorik, sich selbst zelebrierend. Sei´s drum. Subjektiv sind beide Formen. Das liegt in der Natur der Kritik. Do laachste dich kapott. Da kann man kaum jemand einen Vorwurf machen. Doch, man kann! Dann nämlich, wenn unter dem Deckmantel der Subjektivität etwas verschleiert werden soll, was so offenkundig durch das Feuilleton dieser Düsseldorfer Zeitung geistert: Gefälligkeitskritiken. Mal jubelnd, mal vernichtend. Mal wird einer begabten jungen Choreografin aufgrund persönlicher Antipathie "der Schlüssel aller choreografischen Kunst" abgesprochen. Dann wieder wird anstatt einer Rezension ein Heiligenbild verfasst, wie die FAZ einmal formulierte. So zeigt man, dass man zur Familie gehört. Dat bliev unger uns. So muss es sein, wenn eine Rezensentin sich in Superlativen überschlägt und eine Gruppe zur "wichtigsten" russischen Institution des zeitgenössischen Tanzes avancieren lässt. Dabei hätte ein Blick ins Internet oder ins Fachblatt ballet-tanz der Rezensentin der RP die Augen über die russische Tanzszene öffnen können. Dat hät ja jot jeklappt. Do hammer all jet vun. Klar, Gefälligkeitskritiken sind kaum nachweisbar. Da muss man schon nah an den Vorgängen dran sein, um sie nicht nur mit Indizien, sondern konkret belegen zu können. Et kütt wie et kütt. Ein Blick in den Pressekodex klärt auf: Den Anschein vermeiden. Persönliche Interessen vom Job trennen. Und, eigentlich selbstverständlich, nicht selbst über Freunde schreiben. Zu viel Nähe birgt die Gefahr der Korruption. Der Schaden ist beträchtlich. Für den Berufsstand der Kritiker - glaubt bloß keinem Kritiker mehr - und für die Künstler, die Anspruch auf seriöse Rezensionen haben. Und deshalb darf es auch kein "Et hätt noch immer jot jejange" geben.