Mal ganz ehrlich – waren Sie auch überrascht, als vergangene Woche die linksradikale Website Linksunten verboten wurde? Wenn ja, dürften Sie damit nicht alleine sein. Linksunten gehört zum internationalen alternativen Mediennetzwerk Indymedia, das 2001 auf dem Höhepunkt der Globalisierungsproteste gegründet wurde. Nicht nur in Deutschland hat es in den letzten Jahren an Relevanz verloren. Denn auch in der Linken werden News mittlerweile öfter über Facebook und Twitter geteilt als über alternative Medienportale.
Die Themen der Seite sind so buntgemischt wie die Linke – oder wie andere Internetforen, auf denen anonym gepostet werden kann: Hier finden sich wichtige Recherchen über den NSU oder rechtsradikale Netzwerke, wofür Journalisten die Seite schätzten, Demoaufrufe, Debatten, Bombenbauanleitungen, Schabernack, krawallige Ankündigen, gefälschte Bekennerschreiben und so weiter. Mittlerweile ist die Seite mal off-, mal wieder online. Wie sollte es im Netz auch anders sein. Thomas de Maizière dürfte das herzlich egal sein. Das Ziel ist ohnehin ein anderes gewesen.
In der Linken ist seine Message laut und deutlich vernommen worden. „Wir sind alle Linksunten“, konnte man dann auch in sozialen Netzwerken und über Demo-Aufrufen lesen. Das Verbot ist Teil einer Kampagne des Innenministeriums gegen links. Bereits kurz nach dem G20-Gipfel in Hamburg hatte de Maizière weitreichende und umfassende Maßnahmen gegen die radikale Linke in Deutschland angekündigt. Mittlerweile sind viele Behauptungen aus jener Nacht widerlegt, die Drohungen gegen die linke Szene wurden jedoch nicht zurückgenommen. Diese Woche sollen weitere Maßnahmen folgen. Beschlossen werden sollen sie bei einem Treffen der 19 Innen- und Justizminister von CDU und CSU. Die Linke ist zu Recht alarmiert.
Alarmiert sein sollten aber auch alle anderen: Während der Innenminister einen Feind auf der Linken konstruiert, greift sein eigenes Vorgehen die Demokratie und den Rechtsstaat weit mehr an. Damit die Linke überhaupt gefährlich erscheint, musste das Innenministerium die Wahrheit dehnen: Die Waffen, die gefunden wurden, gehörten nicht, wie behauptet, den Journalisten, die die Seite betreiben; sie waren laut ARD Zufallsfunde. Gegenüber den Waffen und Todeslisten, die am Montag bei Rechtsradikalen in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt wurden, wirken die Zwillen und Schlagstöcke geradezu harmlos.
Dass das Verbot von linksunten.indymedia.org so kurz vor der Bundestagswahl erfolgt, macht hellhörig. Das Verbot ist Wahlkampf – und eine Imagekampagne für Thomas de Maizière, der sich gegenüber der AfD als starker Mann gerieren kann. Es ist aber auch Teil einer weiter reichenden Beschneidung der demokratischen Grundrechte, von der Gesichtserkennung und Datenspeicherung bis hin zur jetzt erfolgten Zensur.
Man braucht nicht in die Türkei zu schauen, um zu wissen, was nach dem Verbot einer linksradikalen Seite kommt. Hat sich die Zensur erst einmal durchgesetzt, werden bald weitere Verbote folgen. Fadenscheinige Argumente haben diesmal gereicht. Die Folgen, die ein derartiger politischer Rechtsruck hat, sind in einigen unserer Nachbarländer bereits zu beobachten. Die radikale Linke sagt zu Recht „Wir sind alle Linksunten.“ Eine starke Demokratie kann Demo-Aufrufe und linksradikale Debatten aushalten. Unwahrheiten, Zensur, Überwachung und ein Ministerium, das ungeniert Wahlkampf macht, beschädigen sie jedoch nachhaltig.
Kommentare 15
Ein meiner Meinung nach sehr subjektiver Artikel. Mich überraschte das Verbot nicht. Wird auch Zeit für ein Verbot der Antifa; Antifaschismus darf keine Rechtfertigung für Gewalt sein!
Dass Linksunten vorgeworfen wird, "nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider" zu laufen, darf kein Anlass zur kritiklosen Hinnahme von Verboten sein.
Können Sie Ihre Vorwürfe gegen
... die Website belegen?
Vielleicht sollten Sie vor dem nächsten derartigem Kommentar die Zeilen von Martin Niemöller lesen und überdenken.
Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
tja, als wehrhafter demokrat weiß der herr innenminister d.
das spektrum des erlaubten journalismus zu begrenzen.
ein un-zensiertes spektrum würde demokraten nur verunsichern.
die gerichte werden zeigen, was noch geht...
Auch die Justiz koopertiert mit dem Innenminister. Zwei Jahre und sieben Monate Knast für zwei Flaschenwürfe auf einen Polizisten. Das ist ein Ergebnis des Hamburger Gipfels. Es soll Schneisen schlagen im Kampf gegen den Antikapitalismus. Dafür kommt den Autobossen mit ihren zum Tode führenden Abgasmanipulationen die freie Marktwirtschaft gerade recht.
Wohlgemerkt Flaschenwürfe, die den Adressaten, einen von oben bis unten durchgepanzerten Robocop generell nichts anhaben konnten. Ganz zu schweigen, dass die Täterschaft ganz und gar nicht bewiesen werden konnte. Strafverschärfend für den angeblichen Täter soll - und das ist kein Witz, sondern kalkulierte Provokation freislerischer Qualität - seine starre Embryonalstellung und sein passives Verhalten während der Festahme gewesen sein, welches den angeb. Täter als Widerstand gegen die Staatsgewalt ausgelegt wurde! Hätte der sich also wirklich gewehrt und einen Treffer landen können, wäre er demnach wohl gleich umgelegt worden, in Notwehr, völlig zu Recht und im Namen des Volkes selbstverständlich.
... als wenn die dialektik der aufklärung noch weiterer beweise bedürfte.
... faschismus ist der angstschweiß der machteliten.
... liberalismus ist schon immer totalitär ...
... die nachtwächter des 4. reiches bekämpfen den antifaschismus, damit aus faschismus antifaschismus werden kann.
... im namen des volkes gegen den souverän.
...
Links zu verteufeln ist doch leider Zeitgeist, egal ob das so offensichtlich wie hier geschieht. Wo kommen wir denn da hin, wenn die Leute sich trauen Dinge zu hinterfragen – die Gott gewollte Ordnung in Frage stellt. Man kann nur hoffen, dass der Rechtsstaat nicht hier ein „“Nickerchen“ einlegt! Die Grundsuppe der Dieberei sind unsere Fürsten und Herrren, nehmen alle Creaturen zu ihrem Eigenthum, die Fisch im Wasser, die Vögel in der Luft, das Gewächs auf Erden muß alles ihre seyn. Aber den Armen sagen sie: Gott hat geboten, du sollst nicht stehlen. Sie selber schinden und schaben alles, was da lebt; so aber ein Armer sich vergreift am Allergeringsten, muß er henken. Dazu sagt denn der Doctor Lügner Amen.
Thomas Münzer
(1490 - 1525 hingerichtet) Deutschland braucht mehr Münzer und weniger Luther!
In meiner Wahrnehmung gilt (aktiver) Antikapitalismus im Geltungsbereich des Grundgesetzes als verfassungswidrig.
Insofern nichts Überraschendes. (Sarkasmus aus.)
Jetzt mal im Ernst, hätte man die Seite nicht schon vor 4 Jahren dicht machen müssen?
Was haben Brandanschläge mit Antikapitalismus zu tun? Du hattest mit Linksunten einen Kanal, in dem ein Bekennerschreiben über Straftaten nach dem nächsten kam.
Manche heben die antifaschistische Aufklärung hervor, aber das war auch nur Denunziation von irgendwelchen subalternen Proleten bei den Rechten.
Emanzipatorisch war das alles nicht.
Hier in diesem Land betreibt auch der Innenminister Wahlkampf und meint mit einem Verbot Sicherheit zu versprühen-zu kurz gedacht und gehandelt.
Was haben Brandanschläge und Hetzkampagnen gegen Buchhandlungen mit linkem Protest zu tun ?
Deutsche Richter sagen dass 80 Prozent ihrer Kollegen und Staatsanwälte kriminell sind, und äußern Ekel vor ihnen:Zitat:"Ich habe unzählige Richter, Staatsanwälte erleben müssen, die man schlicht “kriminell” nennen kann. ...Wenn ich an meinen Beruf zurückdenke (ich bin im Ruhestand), dann überkommt mich ein tiefer Ekel vor "meinesgleichen" ".(Quelle: Frank Fasel ehemaliger Richter am LG Stuttgart, Süddeutsche Zeitung, 9. April 2008)
Zitat:„80 % meiner Richterkollegen sind selbst Kriminelle aufgrund Ihrer Rechtsprechung“.(Quelle: AG Direktor Deichner a.D., Wiesbaden)Diese Zitate will Ich mal auf die Fassade von LG/AG Köln und evtl. anderen Gerichten aber auch Fassaden an gut besuchten Orten Projizieren.
Und ohne einen Ort für Bekennerschreiben gibt es die Anschläge nicht?Es ist ja nicht so, dass die Seite nicht mehr existiert, weil sie verboten wurde, sondern weil die Betreiber sie abgeschaltet haben.Sie hätten auch Indymedia.org sagen können dass sie sie nicht rechtlich verteidigen wollen, und Indymedia hätte sie einfach jemand anders geben können der sie anonym weiter betreibt.Es muss sich also niemand einbilden dass die Seite aktuell nicht existiert, weil der Deutsche Staat die Macht hätte das per Beschluss oder Urteil zu bestimmen.Spätestens wenn der Rechtsweg ausgeschöpft ist, kommt die Seite wohl wieder.Und die die jetzt klagen, können sagen "das sind nicht wir, Indymedia hat sie Anderen überlassen".
Ich persönlich brauche keine Gewaltakte.Ich wünsche mir ein echtes Forum wo man mal eben einen Beitrag schreiben und diskutieren kann. Ich hatte immer den Eindruck, Indymedia hat kein solches Forum. Oder blicke Ich da nicht durch?Wo man kreativen Aktivismus planen und zum Mitmachen aufrufen kann.Alls was nach US-Recht erlaubt ist. Gegen 86 und 130 muss dennoch keiner verstoßen (wäre auch a-typisch für die politische Richtung), auch wenn die Paragraphen natürlich abgeschafft gehören.
Warum US-Recht? Warum nicht? Ich könnte auch noch versuchen andere Länder zu finden die zumindest im Bereich Meinungsfreiheit die Menschenrechte achten.Von den USA ist es halt einfach bekannt.Deutschland tut es nicht. Das KSZE hat Deutschland schon gerügt, weil hier Beleidigung strafbar ist. Aber auch 186-189 und 192 sowie 90, 90a (Googlen: Bundesdienstflagge in Toilette, auf Flickr findet man auch meine weiteren Protestbilder zu dem Thema), 90b, 166, 217, 219a etc..Das bedeutet dass dort natürlich auch zu Straftaten angestiftet werden könnte und dürfte. Also z.B. das Zeigen meines letzten Kunstwerk "Flagge der BRD mit Scheisshaufen" (auf Flickr im Album "Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole" zu finden). oder der Aufruf zu einem Wettbewerb selbst solche Kunstwerke zu schaffen. Oder auch eine den Staat verunglipfende Version der Deutschen Hymne.So etwas kann man per Beamer auf Gebäude projizieren, und Audio könnte man mit 10, 20, 30... Menschen an öffentlichen Orten mit ihrem Smartphone und evtl. kleinem BT-Lautsprecher zeitgleich als Stream abspielen. Dann kommt es von überall. Solche "Crowd-Speaker" sind auch schwerer abzuschalten. Man geht ja nicht in Uniform zu einer Person und unterbindet die Nutzung des Megaphon...Aber auch einen anprangernden Flashmob vor Gerichten, Ämtern, aber auch Privatadressen solcher Personen. Nur weil es die Privatadresse ist, ist es nicht automatisch illegitim oder strafbar. Auch nicht den Nachbarn noch Flugblätter mit dem Hintergrund über die Person einzuwerfen.