Wirken ohne Werk

Kunst In Berlin hat die Christoph-Schlingensief-Retrospektive eröffnet. Er hat begriffen, was politische Kunst heute ist: Journalismus mit anderen Mitteln
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 49/2013

Helmut Kohl rief bekanntlich die „geistig-moralische Wende“ aus, und Christoph Schlingensief wurde von dieser unfrommen Lüge, also von der Verkohlung des Publikums durch Kohl, erweckt. Als ehemaliger Messdiener war er höchst moralsensibel. 20 Jahre lang versuchte Schlingensief das Gespenst Kohl zu löschen. „Tötet Helmut Kohl“, forderte er. Oder „Legt ihn wenigstens trocken!“ Und er überbot Loriots Badewannendrama, indem er postulierte, es sollten Tausende gewichtiger Zeitgenossen in den Wolfgangsee springen, um mit der so ausgelösten Riesenwelle die Ödylle am Seeufer wegzuspülen.

Was war das politisch Wirksame an diesem, wie einem Dutzend weiteren grandiosen Konzepten des vor mehr als drei Jahren verstorbenen Kü