Wollen wir Presseförderung?

Medientagebuch Droht „der Anfang des Endes der freien Presse, wie wir sie seit dem Ende des zweiten Weltkriegs kennen“?
Ausgabe 14/2013

Droht „der Anfang des Endes der freien Presse, wie wir sie seit dem Ende des zweiten Weltkriegs kennen“? Stefan Laurin vom Blog Ruhrbarone schwant Schlimmes. Anlass für seinen Text war eine Veranstaltung des SPD-Medienpolitikers Marc Jan Eumann. Der stellte kürzlich die Stiftung „Vielfalt und Partizipation“ vor, eine Initiative der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Ab 2014 will die indirekt durch die neue Rundfunkabgabe finanzierte Stiftung mindestens 1,6 Millionen Euro vergeben – für Recherchestipendien oder die Journalistenausbildung. Auch andere Kritiker schießen scharf, die FAZ etwa mit dem Vorwurf „Staatspresse“.

Das Reich des Bösen fängt für die Kritiker gleich hinter der Grenze an: In Dänemark, wo 5,5 Million Menschen leben, gibt der Staat zirka 54 Millionen Euro pro Jahr für direkte Presseförderung aus. Das Nachbarland Schweden subventioniert mit 65 Millionen etwa sogenannte Zweitzeitungen, um die Macht von Marktführern in bestimmten Regionen einzudämmen. Und in der Schweiz erleichtern reduzierte Posttarife Kaufzeitungen den Kampf mit den Gratistiteln.

Kaum ein europäisches Land kommt ohne staatliche Presseförderung aus, doch in Deutschland gilt sie als Teufelswerk. Man mag nicht vom Glauben lassen, dass der Markt alles regelt. Gewiss, sich öffentlich-rechtlich geförderten Verlagsjournalismus vorzustellen, ist nicht angenehm – ARD und ZDF in ihrer Parteiabhängigkeit dienen als abschreckende Beispiele.

Dennoch wird man nicht umhinkommen, sich Strukturen für eine Presseförderung zu überlegen, die nicht zu Zuständen wie beim Fernsehen führen – wenn all die Geschäftsmodellideen, die bloggende Unternehmensberatergurus zur Zukunft des Journalismus ausgeheckt haben, nicht funktionieren. Pathetischer gefragt: Welche Folgen „für die Demokratie“ wird es haben, wenn es sich als „einfach unmöglich“ erweisen wird, jenseits von finanz- und wirtschaftspublizistischen Angeboten ein Online-Geschäftsmodell für Qualitätsjournalismus zu finden? So formuliert es Robert W. McChesney in dem Buch Digital Disconnect: How Capitalism Is Turning the Internet Against Democracy.

Dass private Medienunternehmen von öffentlichen Geldern profitieren, ist in Deutschland schon jetzt nicht ausgeschlossen. In Bayern wird privates Regionalfernsehen aus dem Staatshaushalt gefördert; jeder steuerpflichtige Bayer zahlt eine Art zweite Rundfunkabgabe. Seit 1984 sind auf diesem Wege 432 Millionen Euro an privates bayerisches Fernsehen geflossen, schätzt der grüne Landtagsabgeordnete Sepp Dürr. Im November 2012 beschloss der Landtag, die jährliche Förderung „auf bis zu 10 Millionen Euro in den Jahren 2014 bis 2016“ zu erhöhen.

Die Praxis ist fragwürdig, weil die Förderung ursprünglich als „Anschubfinanzierung“ gedacht war und die Bedeutung der subventionierten Sender für den gesellschaftlichen Diskurs sich in Grenzen hält. Das bayerische Skandalon könnte daher als Anregung dienen: Wenn es bisher kaum jemanden gestört hat, dass seit fast 30 Jahren Steuergelder falsch verteilt werden, kann man jetzt beginnen, darüber nachzudenken, wie öffentliche Gelder in besser dafür geeignete Medienkanäle fließen können.

René Martens gehört zum Autorenteam der Medienkolumne dasaltpapier.de

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