Am Wahlabend versuchte Premier Putin, der im März 2012 zu den Präsidentschaftswahlen kandidiert, den Absturz von Einiges Russland von 64 Prozent (2007) auf 49,5 Prozent positiv umzudeuten. Immerhin habe Einiges Russland „die Verantwortung in schwierigen Zeiten getragen“ und sei „trotzdem stärkste Partei geworden“. Später erklärte Andrej Isajew, ein führender Sozialpolitiker der Putin-Partei, bei einem Fernsehtalk des Senders Rossija 1, das Wahlergebnis seit „gut“. Fast in allen europäischen Staaten, in denen während der Krise gewählt wird, „haben die regierenden Parteien verloren“.
Putin muss sich nun überlegen, wie er die Scharte dieses Votums auswetzen will. Zwar liegt seine Popularität mit 61 Prozent noch wesentlich höher als die Zustimmungsrate zur Partei Einiges Russland. Experten zweifeln auch nicht daran, dass Wladimir Putin die Wahl im März gewinnt. Und doch braucht Russlands starker Mann für seine Politik dann ein eindrucksvolles Ergebnis. Nur so kann man auch krisenhafte Situationen in der Gesellschaft meistern. Und so viel steht fest, die bisherige absolute Mehrheit im Parlament hat Einiges Russland verloren.
Für viele Aktivisten der russischen Zivilgesellschaft war das Wahlergebnis eine Überraschung. Die Partei Einiges Russland, die seit 2001 von Wahlsieg zu Wahlsieg eilte, plötzlich im Abstimmungstief? Obwohl viele Bürger-Aktivisten – egal, ob sie nun von liberal oder links eingestellt sind – nur mangels Alternative die Kommunisten und die Sozialdemokraten von Gerechtes Russland wählten, ist die Stimmung erst einmal gut. Zumal die oppositionellen Organisationen und Aktivisten mit ihren im Internet veröffentlichten Videos und Fotos über Wahlfälschungen, meinen, beweisen zu können, dass die Niederlage von Einiges Russland real eigentlich noch größer ist.
Während Wladimir Putin bei seinem Auftritt in der Parteizentrale von Einiges Russland ein geschäftsmäßig ernstes Gesicht machte, gab sich Medwedjew so aufgeräumt wie am eigenen Geburtstag. Die stattgefundene Wahl bezeichnete Medwedjew als „Demokratie in Aktion“. Die neue Duma sei geeignet, das das reale Kräfteverhältnis in der Gesellschaft abzubilden.
Ein bisschen anders arbeiten
Medwedjew, der ab Mai 2012 die russische Regierung führen soll, erklärte weiter, was man jetzt brauche sei eine Duma, „die Entscheidungen nicht hinauszögert“. Deshalb werde die Partei mit den „Partnern“ in der Duma in bestimmten Fragen das Bündnis suchen. Das sehr gute Wahlergebnis von 2007, als Einiges Russland 64 Prozent der Stimmen bekam, sei in der heutigen wirtschaftlichen Situation „nicht erreichbar“, so der Präsident. Außerdem müsse man für ein besseres Ergebnis „ein bisschen anders arbeiten“. Damit umschrieb Medwedjew die Kritik der Bevölkerung an den oft selbstherrlichen Beamten der Kreml-Partei, die zuweilen Geld aus den Staatskassen für den persönlichen Bedarf abzweigen.
Von Wahlfälschungen, wie sie im Internet mit Videos und Fotos dokumentiert wurden, wollen weder Medwedjew noch die Zentrale Wahlkommission etwas wissen. Der stellvertretende Vorsitzende der KPRF, Iwan Melnikow, erklärte dennoch, nach eigenen Zählungen hätten die Kommunisten nicht 19, sondern 25 Prozent der Stimmen bekommen. Dazu erklärte der Präsident kategorisch, irgendwelche „administrativen Ressourcen“ seien bei der Duma-Wahl nicht zum Einsatz gekommen.
Kommentare 10
Ich würde es mir doch sehr wünschen, wenn wir Deutschen uns nicht so in die Angelegenheiten von Russland knien würden, denn genug Dreck haben wir in der BRD genug. Das steht uns einfach nicht zu, so spricht auch Helmut Schmidt. Man fällt stets über Russland mit den Menschenrechten her. Wie die Menschenrechte in der BRD praktiziert weren, hat gerade der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gegenüber der BRD geurteilt. Bei dem G8-Treffen hat die BRD das Menschenrecht verletzt. Übrigens sind die Menschenrechte nur eine lose Absichtserklärung der UNO, so Helmut Schmidt.
Putin läßt es nicht zu, dass in Russland hinsichtlich des Regierens es nicht zugeht, wie in einem Affentheater. Auch hier sollte sich die BRD mit ihrer Obrigkeit (Gurkentruppe) zurück halten. Eines steht doch fest, Russlands Entwicklung geht steil nach vorn, anders als in der BRD. Und Russland ist auch nicht verschuldet, anders als die BRD, die ein Verschuldung von 2 Billionen Euro aufweist. Wir sollten auch Putin dankbar sein, das Tausende Deutscher Firmen hier ihr Gekd verdienen. Außerdem sollten wir Putin dankbar sein, dass Russland ein zuverlässiger Partner hinsichtlich der Lieferung von Öl und Erdgas ist, ansonsten könnten wir Deutschen eines Tages einen sehr vereisten Allerwertesten bekommen. Also immer schön sachlich bleiben.
Wenn die BRD mit den Problemen konfrontiert werden würde, die Russland zu bewältigen hat, wäre dieses System schon lange lange am Ende.
Ich würde hier noch eine Ergänzung hinzufügen, wenn es um die Wahlen geht in unserem Land geht.
Es ist sehr interessant das Buch "Die Deutschlandakte" von Herrn Prof. von Arnim zu kaufen und es auch zu lesen. Aus diesem Buch erfährt man, wie es mit den Wahlen in diesem Rechtstaat bestellt ist. Herr Prof. von Arnim kommt zu der Erkenntnis, die hatte ich gleich nach der Wende, dass das Volk bei den Wahlen überhaupt nicht zu sagen hat. Alles steht vorher schon fest. Das Volk kann sich dumm und dämlich wählen, es ändert sich nichts. Und weil das Volk dies nun langsam bemerkt hat, nimmt nur noch maximal 50% des Volkes an den Wahlen teil. Diese Situation sollte die BRD dazu veranlassen, sämtliche Kritik gegenüber anderen Ländern gefälligst zu unterlassen, weil es unanständig ist.
Ich gebe Matto unumwunden recht. Wir sollten Rußland nicht kritisieren, das gehört sich nicht.
Genauso aber sollten wir nicht dauernd an den USA rummäkeln. Bei uns geht es fast genauso zu, man denke an die Mordserie der Neonazis.
Ich finde, wir sollten zuerst bei uns alles gründlich kritisiert haben, und auch verbessert, dann önnte man eventuell über den Tellerrand schauen.
Lieber Matto, Sie schreiben, "eines steht doch fest, Russlands Entwicklung geht steil nach vorn, anders als in der BRD."
Tatsache ist:
1) Nach Angaben des Staatlichen Statistikamtes Rosstat stieg die Zahl der Armen im ersten Quartal dieses Jahres um 2,3 Millionen Menschen auf 22,9 Millionen. Demnach leben heute 16 Prozent der Russen unterhalb des Existenzminimums von umgerechnet 154 Euro im Monat.
2) Nach Angaben des Departamtens für strategische Analysen FBK stiegen die Preise für Grundnahrungsmittel in diesem Jahr um 15 Prozent (bei einer Inflationsrate von durchschnittlich sieben Prozent).
Außerdem nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass es selbst in staatlichen Organisationen, Kritik am Verlauf der Duma-Wahl und der Unterdrückung der Straßenproteste gibt. Ein Kommentator von Ria Novosti etwa warnte, dass exakt vor 20 Jahren der Staat zerfiel, weil sich die Einparteienherrschaft, wie sie faktisch auch heute in Russland existiert, als nicht lebensfähig erwies. ria.ru/tv_authors/20111206/508515429.html#riatv/508030783
Es hat nichts mit Überheblichkeit zu tun, die Probleme anderer Länder zu benennen und vor diesen nicht die Augen zu verschliessen. Herr Heyden hat ja hier bereits einige Probleme Russlands erwähnt, nämlich die dramatisch auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich und die erheblichen Demokratiedefizite, angesprochen.
Und: Nein, das ist bestimmt nicht "dasselbe" wie in Deutschland, in Russland gibt es keine Grundsicherung wie HartzIV, in Russland gibt es z.B. auch keine akzeptable Gesundheitsversorgung für Menschen ohne ausreichendes Einkommen- und in Russland gibt es noch kaum einen Mittelstand., der die Grundlage für eine halbwegs funktionierende Zivilgesellschaft sein könnte.
Man könnte an dieser Stelle auch noch viele andere Punkte erwähnen, etwa die völlig ungenügende Infrastrukur, die Ineffizienz der öffentlichen Verwaltung, aber auch den "Brain-Drain" der junge, ehrgeizige und gut ausgebildete Russen und Russinnen ins Ausland zieht und der mit zu einer dramatischen und für das Land potentiell gefährlichen demografischen Entwicklung geführt hat.
Wie von mir bereits an anderer Stelle erwähnt: Russland braucht eine Modernisierung und eine Demokratisierung, das eine ist nicht ohne das andere zu haben, Putin und Medwedew sind für die Russen nun endgültig die "alte Garde" von gestern, wenn sie nicht aufpassen wird es ihnen genauso gehen wie es der Führung der KPdSU in den 1970er und 1980er Jahren gegangen ist, die vor lauter Angst vor Veränderungen ihr eigenes Land in den Abgrund geführt haben.
Sehr geehrter Herr Heyden,
es mag an Ihren Darstellungen Vieles stimmen, aber Ihre Landsmännin (Westdeutsche) Frau Dr. Krone Schmalz schreibt in ihrem Buch "Was geschieht in Russland" viel Positives, was gerade unter Putin geschehen ist.
Ich mag es nicht, wenn wir Deutsche uns als Besserwisser stets und ständig aufführen. Russland ist ein Land mit ganz anderen Anforderungen und Ausgangspositionen.
Und eines sollten wir nicht vergessen, es wird viel Neid und Ärger z.B. auch von einem Herrn Kasparov geschürt, der gar nicht in Russland wohnt, sondern in den USA lebt. Dieser Herr verkehrt mit Think Thanks, die für das Volk gar nichts übrig hat. Kasparov ist Milliardär. Es gibt hier noch andere Störenfriede!
Ich finde es gut, dass Putin die Zügel fest in die Hände hat, damit dieses Land nicht zerfällt.
Und die Schere zwischen arm und reich, kann dort nicht größer sein als bei uns.
Ich bin Rentner und lebe auch unter der Armutsgrenze und meine ganzen früheren Kollegen auch. Wir sind durch Rot/Grün in die Rente gedrängt worden, sonst hätten wir Hartz IV d. h. 329 Euro monatlich bezogen. Durch den Zwang in die Rente gehen zu müssen, fehlen mir und meinen Kollegen 18% Rente, d.h. ca. 250 Euro.
Ich weiß seit meiner Jugend was Armut bedeutet, darum beklage ich mich nicht. Sie dürfen bei der ganzen Sache auch nicht vergessen, dass Russland 30 oder 40 Millionen mehr Einwohner hat, als die BRD.
Mit den Tafelgängern und Obdachlosen, die ja in diesem Land immer mehr werden, ist dieses Land schon hoffnungslos überfordert und es wird noch schlimmer werden.
@Flagmann,
gucken Sie sich einmal Ihre "junge Garde" im Bundtag an. Was kommt denn von denen.
Wo sehen Sie den hier einen DEmokratisierung, die wird doch gerade abgeschaft. Brandt wollte mehr Demokratie wagen, es muss sie also in dieser Zeit noch nicht in der BRD gegeben haben. Über Modernisierung brauchen Sie Russland nicht zu kritisieren, die haben bestimmt in vielen Richtung mehr Entwicklung aufzuweisen, wie sie bei uns erst noch kommen muß.
Ich würde hier doch vorschlagen, mal einen Gang der Bevormundung herunter zu schalten.
@Matto:
Es hat nichts mit "Bevormundung" zu tun, wenn man die Welt so sieht wie sie nun mal ist. Und dazu gehört auch, Missstände in anderen Ländern zu benennen.
@Flagmann,
ja, dass können die Deutschen besonders gut, jetzt wird wieder Deutsch gesprochen, nicht wahr?
Der Deutsche war und ist schon immer arrogant und überheblich, die Quittung dafür werden wir hoffentlich bald dafür bekommen und dann hilft uns jetzt keiner mehr!
Man regt sich über Russland auf.
Ich stelle hier einmal eine Kundgebung aus Bonn ins Netz, wo jeder sich die Demokratie des Westens anhören kann.
Übrigens, der Bürgermeister Bloomberg ließ kürzlich 700 "Occupy-Demonstranten in den Knast werfen.
Man sollte sich auch einmal an die Wahlen von Bush Junior erinnern, die angeblich auch gefälscht waren.
Sie reden vom Frieden. Sie führen Krieg.
Größer konnte der Kontrast kaum sein. Während im Vorfeld und auf der zweiten Afghanistankonferenz auf dem Bonner Petersberg der angeblich erfolgreiche Afghanistankrieg abgefeiert wurde, zeichnete die Friedensbewegung auf ihrer Protestdemonstration ein gänzlich anderes Bild. Sie kritisierte auch die von nahezu allen Mainstreammedien kolportierte Behauptung der politischen Klasse, die westlichen Truppen würden ab dem Jahr 2014 abgezogen, als ein Lügenmärchen.
Dieser Bericht des Trotzfunks von der Demonstration der Friedensbewegung am 3. Dezember in Bonn beinhaltet Ausschnitte aus den Reden der afghanischen Parlamentsabgeordneten Malalai Joya, des Fraktionsvorsitzenden der Partei “Die Linke” im Bundestag, Gregor Gysi, der Sprecherin des Bonner Jugendbündnisses, Lisa, und von Mohammed Said, der für die Solidary Party Afghanistan sprach.
Quelle: Trotzfunk