Zärtlich und brutal

Kassiber schöner Seelen Michail Jelisarows Roman »Die Nägel« beschreibt die mysteriöse Karriere eines Buckligen in der russischen Übergangsgesellschaft
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Zunächst klingt es nach reißerischem Melodrama mit sozialkritischen Untertönen: Michail Jelisarow erzählt in Die Nägel die Geschichte zweier Findelkinder, die aufgrund ihrer körperlicher Gebrechen - der eine hat einen Buckel, der andere einen verformten Schädel - im Kinderheim für geistig Minderbemittelte aufwachsen. Nach einer mehr oder weniger unerfreulichen Kindheit werden sie mit 18 Jahren in die große Stadt, nach Moskau entlassen. Der bucklige Gloster - vom diensthabenden Arzt in Erinnerung an Shakespeares körperbehinderten Helden, den Herzog von Gloucester, Richard III. so genannt - macht dort bald als Klaviervirtuose Karriere, während sein Freund Bachatow ein stilles Klempnerdasein fristet. Erst langsam versteht Gloster, dass se