Zecken müssen sterben

Kommentar CSU-Führer offen und ehrlich

Anstand und Fairness drohen nun wirklich in der zunehmenden Verrohung der politischen Kontroversen unterzugehen. Wer jetzt wieder mit der Faschismuskeule um sich schlägt und Michael Glos, den demokratisch gewählten Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe in Berlin, gleich in die Nähe der Nazis rückt, weiß nicht, wovon er redet.

Erstens: Hitler kennt das Wort "Zecken" überhaupt nicht, das gehört zum Sprachgebrauch junger dummer Rechtsextremisten, die von Hitler keine Ahnung haben. Der spricht nicht von "Zecken", sondern vom "typischen Parasiten", vom "Schmarotzer". Er meint damit, zweitens, auch gar nicht die Grünen - die gab es damals noch gar nicht. Er meint "den Juden". Drittens spricht Adolf Hitler auch nicht vom "Wirtstier" wie Michael Glos seine eigene Partei, die CSU, bezeichnet. Hitler spricht vom "Wirtsvolk" - und meint damit das deutsche Volk.

Man muss also sorgfältig differenzieren. Adolf Hitler schreibt in Mein Kampf, Seite 334 der 107. bis 111. Auflage von 1934 über den Juden und seine "Ausdehnung auf immer neue Länder" dies: "Die Wirkung seines Daseins aber gleicht ebenfalls der von Schmarotzern: wo er auftritt, stirbt das Wirtsvolk nach kürzerer oder längerer Zeit ab."

Michael Glos dagegen hat, um das Schädlingsverhalten der Grünen in der politischen Landschaft zu charakterisieren, einen Vergleich aus der biologischen Wissenschaft benutzt: "Die Zecke kommt immer besser weg als das Wirtstier. Die Schwierigkeit ist: Die Zecke braucht, um langfristig zu überleben, ein neues Wirtstier. Ich bin dagegen, dass wir das Wirtstier spielen."

Ein Riesenunterschied. Bei Hitler stirbt, wenn man die Juden gewähren lässt, am Ende das ganze deutsche Wirtsvolk. Michael Glos dagegen setzt auf den demokratischen Selbsterhaltungswillen eines christlichsozialen Wirtstieres gegen die grünen Zecken. Die müssen am Widerstand der Demokraten scheitern und sterben. Im Übrigen hat die Fraktionschefin der Grünen, Krista Sager, den Zecken-Vergleich ganz selbstverständlich akzeptiert. Ja, sie macht ihn sich zu eigen, um den Anführer der Bayern in Berlin auf das schwerste zu diffamieren. Sie pöbelt ihn an: "Die Vorstellung, sich an Herrn Glos festsaugen zu müssen, ist schon ziemlich eklig."

Die Dame möge bitte zur Kenntnis nehmen, dass es den Wähler nicht interessiert, wie sie hier klare Aussagen des politischen Gegners mit den ganz speziellen Abneigungen ihrer Intimsphäre vermischt. Zudem ist es ein höchst unparlamentarisches Verhalten, Kollegen aus dem Bundestag als eklig oder auch nur als "ziemlich eklig" zu empfinden.

Herr Thierse, bitte, greifen sie ein. Und setzen Sie bitte auch dem Skandal ein Ende, dass ein freigewählter Abgeordneter wie Michael Glos mit Adolf Hitler verglichen werden kann. Nur weil er offen und ehrlich seine zoologisch sorgfältig begründete politische Meinung zum Ausdruck bringt.


Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden