Wir stellen Ihnen hier den neuen Freitag vor. Der Freitag ist eine Wochenzeitung. Und eine Internet-Plattform. Der Freitag ist beides zugleich. Wir führen Netz und Papier zusammen. Der Freitag ist das erste wirklich integrierte Medium in Deutschland. Wir glauben, dass darin die Zukunft der Zeitung liegt und die Zukunft des Internet. Jedenfalls wenn es um guten Journalismus geht.
Politik und Gesellschaft, Orientierung und Erklärung, Positionen und Haltung – darum geht es im Freitag. Wir nennen uns „Das Meinungsmedium“. Wir glauben an guten Journalismus. Und daran, dass guter Journalismus niemals ideologisch sein darf, aber immer aus einer festen Haltung erwachsen muss. Ideologie lähmt das Denken. Aber ohne Haltung findet das Denken keinen Grund und wird beliebig. Das ist ein Problem der deutschen Medien: Sie wandern in die Mitte. Wie die Parteien. Sie verlieren ihre Konturen. Sie werden austauschbar. Darum verlieren die Menschen das Vertrauen in die Politik. Und in die Medien. Wir glauben, dass Deutschland ein Medium wie den Freitag heute dringender denn je braucht. Gerade weil sich Politik und Medien in der Mitte drängeln und Augen und Ohren vor den Fragen verschließen, die sich an den Rändern auftun. An den Rändern der Gesellschaft. Und an den Rändern des Denkens.
Zeitungen sind wie Menschen. Sie brauchen einen Charakter, damit man sie mögen kann, ihnen trauen kann. Unser Charakter ist geprägt von Nachdenklichkeit und dem Streben nach Qualität, von klaren Argumenten und gründlicher Recherche. Aber auch vom Mut zu Kontrasten, von der Bereitschaft zur Provokation und von der Lust am Experiment. Unsere Haltung ist kritisch. Wir hinterfragen Dinge. Wir geben uns nicht zufrieden. Wir zweifeln. Wir stellen Fragen, die andere für beantwortet halten. Weil wir nicht glauben, dass gesellschaftliche und politische Fragen für alle Zeiten beantwortet werden können. In diesem Sinne hat einmal unser verstorbener Herausgeber Günter Gaus über den publizistischen Auftrag des Freitag gesprochen. Und daran halten wir uns auch heute.
Denn der Freitag ist keine neue Zeitung. Es gibt ihn seit 1990. Er nannte sich früher aus gutem Grund „Ost-West-Wochenzeitung“. Die fortwährenden Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland und die europäische Einigung werden weiterhin einen zentralen Platz in unserer Berichterstattung haben. Aber zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer hat Deutschland kein Ost-West-Problem sondern ein soziales Problem. Ob einer arbeitslos ist in Gelsenkirchen oder in Eisenhüttenstadt, spielt für den Betroffenen keine Rolle. Die Arbeitslosigkeit ist das Problem. Die Frage nach der Machtverteilung ist das Problem. Die Frage nach der Gerechtigkeit. Diese Fragen will der Freitag stellen. Aus dem Wunsch heraus, an einer menschlichen Gesellschaft mitzuwirken. Die wirtschaftliche Strukturkrise, deren Auswirkungen das Land noch gar nicht in ihrer vollen Wucht erfasst haben, wird diese Aufgabe um so dringlicher machen.
Wir nennen uns aber auch „Das Meinungsmedium“ weil wir die Meinung der Leser in unsere Arbeit einfließen lassen wollen. Wir wollen im Internet aus Usern Leser machen. Und wir wollen die Leser aus dem Netz in die Zeitung holen. Sie können bei uns mitmachen. Wir publizieren die interessantesten Beiträge unserer Leser.
Der Freitag öffnet sich also seinen Lesern. Wir glauben an ein neues Verständnis des Journalismus. Früher standen Journalisten vor ihren Lesern wie Lehrer vor einer Schulklasse: Der Lehrer redet. Das Kind hört zu. Und wenn einer eine Frage hat – und einen Leserbrief schreibt – kann er froh sein, wenn es überhaupt eine Antwort gibt. Wir halten das für überholt. Wir nehmen unsere Leser ernst. Wenn ein Leser etwas besser weiß als wir, dann veröffentlichen wir das. Dies entspricht einem neuen Selbstverständnis des Journalismus, das aus den Prinzipien des Internet gelernt hat: Wikipedia, die größte Enzyklopädie der Welt, ist auf diese Weise entstanden.
Der Freitag will also ein Forum bieten. Den Lesern, der eigenen Redaktion und unseren Autoren. Und wir streben darüberhinaus die Zusammenarbeit mit geistesverwandten Medien überall in der Welt an. Den Anfang haben wir mit dem britischen Guardian gemacht, einer der besten Zeitungen der Welt und seit dem neunzehnten Jahrhundert ein Garant für liberale gesellschaftspolitische Berichterstattung. In der Ära der amerikanischen Unglaubwürdigkeit hat der Guardian die Position der New York Times eingenommen: die weltweit geachtete englischsprachige Stimme der Vernunft. Der Freitag wird Texte des Guardian ins Deutsche übertragen und für den deutschen Leser anpassen. Wir haben damit Zugriff auf ein enormes Reservoir an journalistischem Wissen, vor allem wirtschaftspolitisch und außenpolitisch. Wir glauben, dass diese Art der internationalen Vernetzung und Kooperation in die Epoche des Internets passt.
Und wir möchten mit unserer Arbeit einen Beitrag dazu leisten, dass der Mainstream nicht über sämtliche Ufer tritt.
Kommentare 6
Liebe Mitleser,
ich frage mich ob das so richtig ist und stelle das yur Diskussionbr> "Aber zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer hat Deutschland kein Ost-West-Problem sondern ein soziales Problem. Ob einer arbeitslos ist in Gelsenkirchen oder in Eisenhüttenstadt, spielt für den Betroffenen keine Rolle."
Die Aussage trifft voll zu. Für den Einzelnen macht es absolut keinen Unterschied, ob er im strukturschwachen Gelsenkirchen keine Arbeit findet oder ob er in Eisenhüttenstadt vor dem gleichen Problem steht. Oder soll es hier in Deutschland Arbeitslose erster und zweiter Klasse geben, die je nach regionaler Zugehörigkeit eingeteilt und behandelt werden. Was ist dies für ein Verständnis? Den Unterschied findet man in der Makro-Perspektive. Eisenhüttenstadt hat 20 Jahre Transferleistungen erhalten (Effektivität und Verteilungsgerechtigkeit mal ausgeklammert, denn vielen Menschen vor Ort ist dies nicht zu Gute gekommen), während das strukturschwache Gelsenkirchen sich selbst überlassen wird. Mittlerweile 20 Jahre nach der Wende sollte nicht mehr zwischen Ost und West unterschieden werden, sondern zwischen strukturstarken und strukturschwachen Regionen, für die etwas getan werden muss.
Die Aussage trifft voll zu. Für den Einzelnen macht es absolut keinen Unterschied, ob er im strukturschwachen Gelsenkirchen oder in Eisenhüttenstadt arbeitslos ist. Oder soll es in Deutschland Arbeitslose erster und zweiter Klasse geben, die je nach regionaler Zugehörigkeit eingeteilt und behandelt werden? Was wäre dies für ein Verständnis? Aus der Makroperspektive gesehen, gibt es sehr wohl Unterschiede zwischen Gelsenkirchen und Eisenhüttenstatt. Eisenhüttenstadt hat 20 Jahre enorme Transferleistungen erhalten (das Problem der Effektivität und Verteilungsgerechtigkeit dieser Transferleistungen hier mal ausgeklammert, den vielen Menschen vor Ort kamen diese nicht zu Gute), während Gelsenkirchen sich selbst überlassen blieb. 20 Jahre nach der Wende sollten wir nicht mehr krampfhaft den Unterschied zwischen Ost und West hervorheben, sondern strukturstarke und strukturschwache Regionen unterscheiden, für die etwas getan werden muss.
Lieber Herr Augstein,
ja, ein gutes "Manifest", eine Verpflichtung, ich unterschreibe. Die bisherige Praxis, d.h. die Qualität vieler Artikel und Beiträge, das Feingespür der Bildredaktion lassen hoffen. So weit, so gut. (Auch ich werde meinerseits einen bescheidenen Beitrag zum Gelingen leisten, schreibend, diskutierend, in der Öffentlichkeit werbend.......)
Nun meine Frage: Neben jugendlichen "Amokläufern" (dazu zurzeit die nötige Diskussion) haben wir es immer mehr mit Amokläufern innerhalb der Eliten zu tun. Ich meine hier nicht vordringlich die ökonomischen Eliten, sondern auch unkalkulierbare Staatseliten. Im konkreten Fall das totalitäre System Putin - und der Gefangene Nr. 1 Michail Chodorkowski - 25 Jahre Knast, Straflager, vielleicht Tod. (Dazwischen immer wieder eine scheinheilige oberflächliche Empörungskultur in den Medien) Leider schweigen Sie dazu. Ich hatte zum Artikel von Ulrich Heyden "Das Exempel Chodorkowski" einen Vorschlag unterbreitet. Wie stehen Sie dazu?
Ihr BW
Lieber Herr Augstein,
ja, ein gutes "Manifest", eine Verpflichtung, ich unterschreibe. Die bisherige Praxis, d.h. die Qualität vieler Artikel und Beiträge, das Feingespür der Bildredaktion lassen hoffen. So weit, so gut. (Auch ich werde meinerseits einen bescheidenen Beitrag zum Gelingen leisten, schreibend, diskutierend, in der Öffentlichkeit werbend.......)
Nun meine Frage: Neben jugendlichen "Amokläufern" (dazu zurzeit die nötige Diskussion) haben wir es immer mehr mit Amokläufern innerhalb der Eliten zu tun. Ich meine hier nicht vordringlich die ökonomischen Eliten, sondern auch unkalkulierbare Staatseliten. Im konkreten Fall das totalitäre System Putin - und der Gefangene Nr. 1 Michail Chodorkowski - 25 Jahre Knast, Straflager, vielleicht Tod. (Dazwischen immer wieder eine scheinheilige oberflächliche Empörungskultur in den Medien) Leider schweigen Sie dazu. Ich hatte zum Artikel von Ulrich Heyden "Das Exempel Chodorkowski" einen Vorschlag unterbreitet. Wie stehen Sie dazu?
Ihr BW
Lieber Herr Augstein,
ja, ein gutes "Manifest", eine Verpflichtung, ich unterschreibe. Die bisherige Praxis, d.h. die Qualität vieler Artikel und Beiträge, das Feingespür der Bildredaktion lassen hoffen. So weit, so gut. (Auch ich werde meinerseits einen bescheidenen Beitrag zum Gelingen leisten, schreibend, diskutierend, in der Öffentlichkeit werbend.......)
Nun meine Frage: Neben jugendlichen "Amokläufern" (dazu zurzeit die nötige Diskussion) haben wir es immer mehr mit Amokläufern innerhalb der Eliten zu tun. Ich meine hier nicht vordringlich die ökonomischen Eliten, sondern auch unkalkulierbare Staatseliten. Im konkreten Fall das totalitäre System Putin - und der Gefangene Nr. 1 Michail Chodorkowski - 25 Jahre Knast, Straflager, vielleicht Tod. (Dazwischen immer wieder eine scheinheilige oberflächliche Empörungskultur in den Medien) Leider schweigen Sie dazu. Ich hatte zum Artikel von Ulrich Heyden "Das Exempel Chodorkowski" einen Vorschlag unterbreitet. Wie stehen Sie dazu?
Ihr BW