Zu gut gemeint

Literaturkritik Echte Kunst ist absichtslos. Mein Abschied von der Gesinnungsästhetik
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 45/2015

So eine Überschrift würde ich mir schon lange nicht mehr zutrauen: Ästhetik und Moral. Was damals angemessen bedeutungsvoll klang, klingt heute nach theoretischem Hartholz und würde von jedem Textchef kopfschüttelnd zurückgewiesen: Wer soll das denn lesen? Damals aber, in der allerersten Freitag-Ausgabe, machte ich es nicht darunter, denn damals ging es ums Ganze, um die richtige Wahrheit zumindest und um die Zukunft der Literatur. Wie ernsthaft wir waren! Was für ein Glück, dass wir darüber hinaus sind. Was für ein Verlust, dass so wenig davon geblieben ist.

Der Text war eine Antwort auf Ulrich Greiners Aufsatz zur sogenannten „Gesinnungsästhetik“ eine Woche zuvor in der Zeit, der mit der ultimativen Ansage begann: „W