Zulauf

Anti-Kriegs-Kongress In München berieten Kriegsgegner und Flüchtlingsgruppen über zukünftigen Protest

Auf großflächigen Transparenten war im Tagungsraum des Münchener Anti-Kriegs-Kongresses am vergangenen Wochenende sowohl vom Protest gegen den NATO-Krieg, von Globalisierungskritik und der Forderung eines Bleiberechts für Flüchtlinge zu lesen. Auch wenn der drohende Krieg gegen den Irak die Kulisse dieser dreitägigen Veranstaltung darstellte, ging es den Veranstaltern, zu denen ver.di, das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit, der Bayerische Flüchtlingsrat und das Münchener Bündnis gegen Rassismus zählten, in erster Linie um Informationsaustausch und eine gemeinsame Strategie für künftige Protestaktionen.

"Mir ist es wichtig zu wissen, welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit es im Vorfeld der Münchener Sicherheitskonferenz gibt", sagt einer der angereisten Teilnehmer. Und eine junge Aktivistin aus dem Norden wünscht sich konkrete Handlungshinweise zu Aktionen auf lokaler Ebene. "Gegen den Krieg und Unterdrückung ist hier jeder, aber wie können wir unseren Standpunkt möglichst vielen Menschen zugänglich machen?"

Anregungen dazu gab es zuhauf: Die Vorschläge reichten von E-Mail-Aktionen bis hin zur friedlichen Blockade ausgewählter Konzernzentralen. Für den nötigen politischen Hintergrund sorgten die verschiedenen Podiumsveranstaltungen und Foren, auf denen sich die Referenten zu Fragen wie der NATO-Militärpolitik, der Flüchtlingsproblematik aber auch Problemen der linken Widerstandsbewegung äußerten.

Einen klaren Akzent setzte Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) in Tübingen. Im Zusammenhang mit einem drohenden Krieg gegen den Irak dürfe man sich in seiner Kritik nicht auf die USA beschränken. "Auch das Duo Schröder/Fischer wird im Falle eines bewaffneten Konflikts einen entscheidenden Beitrag zur Eskalation geleistet haben", so Pflüger. Wer hierzulande die Infrastruktur für Truppentransporte bereitstelle, mache sich in hohem Maße mitschuldig. Claus Schreer, Organisator der Gegenkundgebung zur Münchener Sicherheitskonferenz, sprach gar von einem Krieg der NATO, der ohne Deutschland gar nicht durchführbar sei.

Mitschuldig seien die Streitkräfte der NATO nach den Worten vieler Teilnehmer auch an der unmenschlichen Situation, in der sich in diesem Moment Millionen von Flüchtlingen befänden. "Fluchtverhinderung ist sowohl Kriegsursache als auch ein wichtiger Bestandteil aktueller Militäreinsätze von NATO und Bundeswehr", konstatierte Helmut Dietrich von der Forschungsstelle Flucht und Migration auf dem Podium, das den "Krieg gegen Flüchtlinge" diskutierte. So erfolge die regelrechte Abschottung von unerwünschten Migranten bereits weit im Vorfeld der EU-Außengrenzen. "Und hierzulande werden Flüchtlinge in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt, ein Kontakt mit der Bevölkerung mit allen Mitteln verhindert", so Dietrich, der daran erinnerte, dass der Erfahrungsschatz und das Wissen dieser Personengruppen außerordentlich wertvoll für die Diskussionen hierzulande wäre.

So sehr man sich auf dem Anti-Kriegs-Kongress in der - zum Teil sehr abstrakten - Analyse der geopolitischen Lage einig war, bedurfte es für die kritische Betrachtung der eigenen Bewegung mehrerer Seitenhiebe einschlägiger Größen. Eine davon ist mit Sicherheit Samira F., die es mit ihrer Farbbeutel-Attacke auf Außenminister Joschka Fischer zu zweifelhaftem Ruhm gebracht hat. Die Aktivistin des Berliner Patriarchal-Feministischen Netzwerkes richtet ihre Kritik direkt an die linke Bewegung, die Leuten wie Joschka Fischer den Weg bereitet habe. Sie verknüpft damit die Frage, ob man in der Vergangenheit nicht selbst zu einer Modernisierung von Herrschaft beigetragen habe.

Die Kritik kann letzten Endes aber nicht darüber hinweg täuschen, dass alle Versammelten den Münchener Anti-Kriegs-Kongress als klaren Erfolg werteten. "Hier trafen sich Kriegsgegner, Globalisierungsgegner und Menschenrechtler und man hat es geschafft, gemeinsame Thesen und Forderungen zu formulieren", fasst Thomas Seibert von medico international zusammen. Als ein Zeichen der Stärke wertet auch Militärexperte Pflüger die Zusammenkunft der unterschiedlichen Aktivisten aus allen Teilen Deutschlands. "Der starke Zulauf, den die Friedens- und Anti-Globalisierungsbewegung in letzter Zeit verzeichnen konnte, lässt mich hoffen, dass wir uns schon bald wieder mit lauten und wirkungsvollen Protesten an den verschiedenen Fronten zurückmelden", so Pflüger.

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