Zur NPD? Bitte einmal klicken

Rechtsextremismus Google macht mit seinen Online-Anzeigen Werbung für die rechtsextreme NPD – und findet nichts dabei. Betroffen davon sind auch andere Webseiten, wie die von "Welt Online"

Wer in diesen Tagen nach Informationen über die NPD sucht, dem liefert die Suchmaschine Google mitunter einen Treffer der ganz besonderen Art: „NPD-Wochenbrief“ lautet der Name eines prominent platzierten Links, über dem in kleinen Buchstaben das Wort „Anzeige“ platziert ist. In der Trefferbeschreibung heißt es in relativ freiem Umgang mit der deutschen Groß- und Kleinschreibung: „Kostenlos jeden Samstag per Email Objektiv über die NPD informieren.“

Folgt man dem Link, erfährt man unter anderem, dass Brandenburg der NPD zufolge von der Stasi regiert wird, dass die NPD-Wahlniederlage in Brandenburg (2,5 Prozent) überhaupt keine solche war und dass die Partei einen „5-Punkte-Plan zur Ausländerrückführung“ entworfen haben will. Die Anzeige erscheint nicht bei jeder Suche nach dem Begriff „NPD“, aber taucht regelmäßig wieder auf.

Google liefert den direkten Link zur Parteipropaganda aber nicht nur auf seinen eigenen Seiten – das Unternehmen verstreut ihn auch im ganzen Netz: Möglich wird das durch sogenannte AdSense-Anzeigen, Werbeflächen also, die Seitenbetreiber auf ihren Homepages integrieren und von Google automatisch bestücken lassen. Welche Anzeige auf welcher Seite erscheint, ist kontextbezogen und richtet sich nach Schlüsselworten im jeweiligen Text: So ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit recht groß, neben einem Artikel über Sportwagen eine Anzeige für Autoversicherungen zu finden. Da der Begriff „NPD“ aber nicht allein auf rechtsextremistischen Websites verwendet wird, führt dieses Prinzip dazu, dass die Anzeige auch ausgerechnet dort auftaucht, wo man sich kritisch mit der Partei auseinandersetzt. Beispielsweise ist die Webseite der Welt betroffen. Dort findet sich die Anzeige etwa bei einem Text, der das Verhältnis zwischen NPD und DVU beleuchtet.

Bei Google sieht man kein Problem

Google selbst betont auf Anfrage des Freitag, dass es sich dabei nicht etwa um ein Versehen oder Schlamperei handelt, sondern um das Resultat der hauseigenen Werberichtlinien. So erklärt Google-Sprecherin Lena Wagner, man dulde etwa keine Anzeigen, die Gewalt fördern. „Weder der Anzeigentext, noch die Website, auf die er führt, verstoßen gegen diese Richtlinie.“ Mit anderen Worten: Die Anzeige wurde geprüft und für unbedenklich befunden. Ohnehin sei Google eine „neutrale Werbeplattform“ und wolle keine Entscheidung darüber treffen, welche Meinung richtig oder falsch sei. „Und wir glauben auch nicht, dass unsere Nutzer das von uns wollen – diese Entscheidung liegt in den Händen der Gesetzgeber.“

Timo Reinfrank, Geschäftsführer der antirassistischen Amadeu Antonio Stiftung, kann diesen Standpunkt nicht nachvollziehen. „Ich finde die Veröffentlichung einer solchen Anzeige unglaublich traurig, gerade weil Google eigentlich durch eine besondere Sensibilität bekannt ist.“ So setze sich der Mutterkonzern in den USA für die Rechte von Schwulen und Lesben ein, zudem habe die Google-Tochter YouTube bereits mit der Amadeu Antonio Stiftung kooperiert – so wurden für den Wettbewerb 361 Grad Toleranz Schüler aufgerufen, Videos gegen Ausgrenzung auf dem Portal einzustellen. „Das führen sie jetzt ad absurdum, indem sie eine NPD-Anzeige veröffentlichen.“

Wie reagieren die betroffenen Unternehmen?

Reinfrank hofft, dass Google die Situation von sich aus entspannt: „Ich gehe davon aus, dass Google diese Anzeige kündigen wird. Sollte das nicht der Fall sein, setze ich darauf, dass andere Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen und sich aus dem Geschäft mit Google zurückziehen.“

Damit würde Google dann auch der in seinem Wahlspruch formulierten Verantwortung gerecht werden. Er lautet schließlich „Don’t be evil“ – sei nicht böse.

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