Zurück in die Vergangenheit

RECHTSAUSSEN Konrad-Adenauer-Preis an Ernst Nolte

Auf einem Festakt wird am 4. Juni der Berliner Historiker Ernst Nolte in München mit dem "Konrad-Adenauer-Preis für Wissenschaft" der CDU/CSU-nahen "Deutschland-Stiftung e.V." ausgezeichnet. Der mit 10.000 DM dotierte Preis wird alle zwei Jahre vergeben und soll nach dem Wortlaut der Stiftungs-Satzung "Taten und Menschen ehren, die zu einer besseren Zukunft beitragen".

Das tat Ernst Nolte nach Ansicht der Deutschland-Stiftung anscheinend mit seiner These, Stalins Gulag sei "ursprünglicher als Auschwitz" gewesen, mit der er Ende der achtziger Jahre den sogenannten "Historikerstreit" auslöste. In Auseinandersetzung mit seinem Gegenspieler Jürgen Habermas relativierte er die Singularität der Verbrechen der Nationalsozialisten durch Vergleich mit dem Stalinismus und stellte den Holocaust im Selbstverständnis Hitlers als eine Art Notwehrhandlung dar. Seitdem Nolte vor einigen Jahren erklärte, man müsse den Nazis wenigstens zugute halten, dass sie subjektiv den Judenmord als eine Aktion innerhalb des Systemkampfs verstanden hätten, darf er noch nicht einmal mehr in der FAZ schreiben, die ihn damals unterstützte. Nun war er selbst den konservativen Meinungsmachern suspekt.

Dass Nolte gerade jetzt der Konrad-Adenauer-Preis zuteil wird, verwundert nicht, wenn man die Geschichte der Deutschland-Stiftung kennt. Gegründet wurde sie im Mai 1967 mit Sitz in Breitbrunn am Chiemsee unter tätiger Mithilfe von Konrad Adenauer als Bindeglied zwischen dem Stahlhelmflügel der CDU/CSU und ganz Rechtsaussen. Ihre Politik zeichnet sich insbesondere durch Antiliberalismus, Antipluralismus und Antikommunismus aus. Gerichtlich durchgesetzte Einstufungen der Stiftung reichen von "demokratiefeindliche Gruppierung" bis "von Alt- und Neofaschisten durchsetzte Organisation". Nach dem Leiter des Berliner "Zentrums für Antisemitismusforschung", Wolfgang Benz, hat die Deutschland-Stiftung ihren Platz da, "wo das Seriös-Konservative aufhört und wo das Unseriös-Nationalistische, ins Rechtsradikale Hineinschillernde beginnt". 1994 wurde die Aussage, dass die Stiftung "bis heute mit Vertretern des bundesdeutschen Rechtsextremismus" zusammenarbeitet, gerichtlich erlaubt. Trotzdem kann sie sich mit honorigen Personen schmücken, im Ehrenpräsidium sitzen unter anderem der Ministerpräsident Thüringens, Bernhard Vogel, der frühere Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz und die Unternehmensberaterin Gertrud Höhler.

Zu öffentlichen Protesten und einer Fragestunde im Deutschen Bundestag im Juni 1996 führte es, als Altkanzler Helmut Kohl 1994 den Konrad-Adenauer-Preis entgegennahm und damit zu dessen erheblicher Aufwertung beitrug. Friedrich Bohl, Kanzleramtsminister a.D., erklärte darauf im Parlament, dass die Bundesregierung die Arbeit der Stiftung "ausgesprochen verdienstvoll" fände. Weitere Preisträger waren unter anderem Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Armin Mohler (der mittlerweile selbst der Jungen Freiheit zu rechts ist), Gerhard Löwenthal, Otto von Habsburg und zuletzt Wolfgang Schäuble.

Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel distanzierte sich nach öffentlichem Druck mittlerweile "aus persönlichen Schwierigkeiten mit dem Preisträger" von der Preisverleihung, ein einmaliger Vorgang innerhalb der Geschichte der Deutschland-Stiftung. Bislang wurde der Stiftung von Seiten der Unions-Chefetagen nur wohlwollende Unterstützung zuteil, die Reihen blieben geschlossen. Klare Sympathie kommt heute nur noch aus Bayern. Unter anderem haben Staatsminister Reinhold Bocklet, in Vertretung des Ministerpräsidenten, und der stellvertretende CSU-Bundesvorsitzende Ingo Friedrich (MdEP) ihr Kommen zugesagt. Offen bleibt, wohin der Weg der CDU-Stahlhelmer geht. Kontakte zum FPÖ-nahen "Bund freier Bürger", der sich mit der wiedergegründeten "Deutschen Partei" und der "Deutschen Sozialen Union" (DSU) zu einer neuen rechten Partei zusammenschliessen will, sind reichlich vorhanden.

Nicht uninteressant ist die Tatsache, dass die Laudatio auf den diesjährigen Preisträger vom Direktor des "Instituts für Zeitgeschichte" in München, Horst Möller, gehalten wird. Dieser fiel vor Jahren schon wegen seiner aggressiven Agitation gegen die "Wehrmachtsausstellung" des "Hamburger Instituts für Sozialforschung" auf. Damals warf er den Ausstellungsmachern einen "Einhämmerungseffekt" vor und verglich in einem Zeitungsinterview das Vorgehen des Instituts mit Methoden totalitärer Systeme. Schon zu Zeiten des Historikerstreits war Möller an Ernst Noltes Seite engagiert.

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