Zwei geflohene Frauen aus der Ukraine zerstreiten sich in Reutlingen

Krieg Zwei Frauen flüchten aus der Ukraine nach Reutlingen. Eine kommt aus dem Donbass, eine aus dem Südwesten des Landes. Am Grenzübergang lernen sie sich kennen. Doch in Deutschland erstickt ihre Freundschaft im Keim. Warum?
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 21/2022

Mischas Stimme am Handy, endlich. Sie knarzt durch den Lautsprecher. „Mischa, alles gut?“, fragt Ira. „Bei euch hat es gerade geknallt.“ Ira kann wieder atmen. Legt auf und nippt an ihrem alkoholfreien Aperol Spritz. Lacht, posiert für ein Selfie. In Reutlingen läutet die Hitze an diesem Samstag den Sommer ein. Als wäre Iras Welt noch in Ordnung, als wäre Mischa nicht als ukrainischer Soldat seit drei Wochen an der Ostfront und sie jedes Mal in Panik, wenn sie ihn nicht erreicht.

Zum letzten Mal gesehen haben sie sich am 12. März. An jenem Tag überquert Ira die Grenze zwischen ihrer Heimatstadt Uschgorod im südwestlichen Zipfel der Ukraine und dem Ort Vyšné Nemecké in der Slowakei. Mit zehn anderen warten sie und ihre