Diktator Merkel, Demokrat Hitler ?!

Geschichtswissen Anlässlich der Studie der Freien Universität Berlin: "Später Sieg der Diktaturen? Zeitgeschichtliche Kenntnisse und Urteile von Jugendlichen"

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Ein einziges Trauerspiel! Die Ergebnisse der besagten Studie verweisen einmal mehr auf die Unfähigkeit einiger Jugendlicher, sich außerhalb des Unterrichts das ein oder andere Faktum aus purem Eigeninteresse autodidaktisch anzueignen. 40 % der Befragten Schüler (von insgesamt rund 5000) erwiesen sich als unfähig zwischen dem NS-Staat, der DDR sowie der BRD vor und nach der Wende zu unterscheiden – sie sahen diese verschiedenen Systeme als gleichwertig an! Jeder vierte gab gar an, dass Hitler einem demokratischen System vorstand; bezüglich der DDR und beispielsweise Honecker meint dies sogar rund ein Drittel!

In was für einer Welt leben wir, in der eine Vielzahl von Menschen ihren Kopf größtenteils nur zur Zierde nutzt und deshalb wie beispielsweise 4 von 10 Befragten nicht durchgängig zwischen Demokratie und Diktatur zu unterschieden kann? Es ist einfach unbegreiflich wie sehr die Menschen lethargisch das Geschehen um sich betrachten und sich sagen: „Ist mir doch egal.“. Deshalb erscheint es bedauerlicherweise verständlich, dass 36 % der Jugendlichen meinen, im Dritten Reich und der DDR sind die individuellen Menschenrechte gleichermaßen geachtet worden wie in der Bundesrepublik Deutschland.

Jeder von uns muss sich klarmachen, dass wir als Menschen von wem auch immer die Gabe bekommen haben, mehr aus uns zu machen, als eine bloße Existenz. Wenn dies geschehen ist, werden deutlich mehr als 60 % die Bundesrepublik nach der Wiedervereinigung als demokratisch ansehen – vor der Wende erschien die BRD nur der Hälfte der Befragten als demokratisches Konstrukt.

Eine ungeheure Missachtung der eigentlichen Fakten, die nur bestätigt, dass ohne ausreichende historische Kenntnisse, die Bewertung des vergangenen, heutigen und zukünftigen Geschehens ausschließlich auf Ressentiments, Gefühlen, Vorurteilen, Legenden o.ä. beruht. Deswegen sind heute viele Schüler traurigerweise nicht fähig, die persönlich wichtigen Werte (vornehmlich Liberalität) im realen Dasein korrekt zu erkennen. Viele assoziieren mit dem Wort „Demokratie“ ausschließlich das wiedervereinigte Deutschland – die alte BRD bleibt außen vor. Mit einer „Diktatur“ hat angeblich nur der Nationalsozialismus etwas zu tun – die DDR; nicht doch!

Und doch erscheint das insgesamt, von den Wissenschaftlern mühsam errechnete, Ranking der präferierten Systeme zumindest oberflächlich als einigermaßen passabel. Die meisten Jugendlichen bevorzugen das wiedervereinigte Deutschland als Land, in dem sie leben möchten – sie identifizieren sich sogar in weiten Teilen mit dem Staat in der heutigen Verfassung. Darauf folgt mit weitem Abstand der zur DDR einstige Parallelstaat BRD, über welchen ein besonders erschreckender Erkenntnismangel festzustellen ist – bei der Frage, was mit diesem komischen „Deutschen Herbst“ gemeint sein soll, erwidert fast die Hälfte der Jugendlichen mit den letzten Wochen vor dem Fall der Berliner Mauer 1989. Schwachsinn! Nur 13 % wussten die richtige Lösung: Das Vorgehen des Staates gegen den Terrorismus in der BRD Ende der 1970er Jahre. Hier muss sich jeder Betroffene an die eigene Nase fassen, Konsequenzen ziehen und sich eventuell auf den ureigenen Hintern setzen. Sonst droht Blamage ohnegleichen. Hinter der kleinen BRD folgt mit verwunderlich geringem Abstand die DDR, auch hier klafft ein breites Wissensloch auf, das möglichst schnell gestopft werden muss. Den letzen Platz belegt berechtigterweise das Nazi-Regime, das wider die Menschenwürde Juden, Slawen und sonstige „nichtdeutschen“ Menschen verfolgten und ermordeten ließ. Wenigstens erkennt dies eine vergleichsweise große Anzahl von Jugendlichen!

Doch was bleibt von der Studie? Es muss verinnerlicht werden, dass Wissen nicht vom Himmel fällt. Trotz der so zahlreichen Buhrufe in Richtung Schulpolitik, die gänzlich die Schuld an andere abwälzt, liegt die Verantwortung bei jedem selbst, sich zu informieren und geistig nicht bloß ein grauer Stein zu sein. Jeder, der von Krankheiten nicht gehindert ist, muss sich dies bewusst sein und für seine individuell große Dummheit gerade stehen können.

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Geschrieben von

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