Frei aber blind

Freiheit In Wahrheit kehrte sie uns schon lange den Rücken - wir glauben immernoch in ihr zu leben.

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Wo ist sie hin, war sie doch vor Jahrzehnten noch da? Die Welt dreht sich immer schneller, gelangt doch zu keinem Ziel – ganz im Gegenteil: der Taumel entfernt uns immer weiter vom Zenit unseres Daseins das zu tun, was uns erfüllt, wofür unser Herz Genugtuung empfindet. Er nimmt uns in dieser immer konfuseren Welt die Orientierung auf unserem Weg. Wir sind frei aber blind und versinken deshalb im Schlamm der Lappalien, können uns nicht mehr auf das Wesentliche, für uns einzig Richtige konzentrieren, weil unser Kopf nie wirklich frei ist und nie die Zeit dafür findet wirklich Freiheit zu leben.


Wir sind zu Geiseln des alltäglichen hier und jetzt degradiert worden. Ständig wird man von allzu hippen Trends eingeholt, deren Essenz doch ausschließlich verpflichtet und uns daher zunehmend in die Mange nimmt. Hektik erfasst unser Denken und macht aus dem Geist eine gemeinschaftskonforme Maschine, die vor allem funktionieren muss. Eigensinn, das Wesen einer sich findenden Persönlichkeit, wird immer weniger toleriert; das Diktat ein passendes Teil des Mosaiks sein zu müssen erwächst aus dem gelungenen Traum der Egalität. Beinahe niemand hat die Kraft sich gegen diesen ewigen, wahrlich umgreifenden Strudel zu wehren.


Aus der stolzen Gesellschaft, die sich einst die Toleranz von Individualität erkämpfte, wird ein gleichgültig-desinteressierter Schwarm, der sich zwar wie nie zuvor vernetzt, aber keine treibende Seelenkraft besitzt. Kommunikation als ursprüngliche Verbindung mehrerer Köpfe verkommt zu einem Netzwerk der Gelangweilten – eine Art globale Selbsthilfegruppe entsteht, die sich zwar keines Selbstmitleides rühmt, dafür aber in Spielen und Smileys nach gegenseitiger Belustigung strebt.


Wir sollten wieder Herr über unser Leben werden, diesen Teufelskreis auflösen und Mündigkeit in Verantwortung für uns und andere wiedererlangen, schließlich wurde sich während der Konstruktion des jetzigen Regierungssystems Demokratie auf die Verantwortung des mündigen Volkes verlassen, welches die Executive angemessen beurteilt und Schlüsse für die nächste Wahl zieht – Voraussetzung dafür ist, dass die Plebs zu richtigen Schlüssen fähig sind. Bei gleichbleibender Entwicklung darf pessimistisch in die Zukunft geblickt werden.

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Geschrieben von

Der Kultureinflößer.

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