Dank an den Kapitalismus

Skizze Dank an den Kapitalismus. Oder besser: warum er so stabil ist.

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Man sagt, der Kapitalismus, hier synonym: der freie Markt, braucht freien Zugriff auf seine Ressourcen, seine Handelsgüter – Rohstoffe, Arbeit, Wissen, Kapital. Semantisch betrachtet ist dem wenig entgegen zu setzen. Und sonst? Wer den freien Markt braucht, ist nicht gesagt. Weil Menschen Primärcontainer der Ware „Arbeit“ sind, beweist die EU durch freien Personenverkehr ihre Marktkonformität. In Zeiten von demografisch zu erwartendem Bevölkerungsrückgang ist der Zugriff auf ausländische menschliche Ressourcen zunehmend als Mangelkompensation gefragt. Ob „wir“ das brauchen, ist hier nicht das Thema. Alternativ zur Einwanderung der Ressource „Arbeit“ kann natürlich auch die Ressource „Kapital“ ins Ausland wandern. In kapitalistischer Weltlogik ist das gleichbedeutend.

Manche fordern: Keine Zuwanderung! Aber das Geld bleibt hier! Widerspruch, Geld das nicht arbeitet, verrottet. Damit Geld (Kapital) arbeiten kann, braucht es Arbeitskräfte, Rohstoffe und Wissen (Wissensvorsprung). Wer den Zugriff auf Arbeitskräfte und! Geld beschränken will, sagt: weniger Freiheit!

Geld das nicht arbeitet, verrottet. Planung ist möglich, wie gut ist fraglich. Wie eine geplante Gesellschaft schief ging, konnten viele erleben. An Methoden zur Verbesserung der Planung grübelt unter anderem Michael Jägers Blogreihe „Die andere Gesellschaft“. Erfolg ungewiss.

Ein Gedanke, auch zu finden in der Blogreihe, ist das Nebeneinander von geplantem Markt und freiem Markt. Nach meinem Eindruck erringt sich der freie Markt dabei immer größere Marktanteile (Stichwort: Privatisierung), wir leben in einer solchen Phase. Das war nicht so, als ein realer, separater, geplanter Wirtschaftsraum existierte. Symbolisch gesagt: die Verführungskraft der Freiheit untergräbt der Planenden den Plan. Ohne Verführung kommt’s manchem dann zu piefig vor. Zu unwirklich, zu grau. Aber: die Planwirtschaft als externer, berechenbarer Block hat auch den freien Block stabilisiert. Aber zweitens: so richtig will sich nirgendwo eine Mehrheit finden, die die Blockfunktion freiwillig übernimmt.

Zuwandernde bringen gewiss andere (Alltags)kultur mit, manche ist sichtbar, andere nicht. Das andere ist spannend, das andere ist beängstigend. Gehen Multikulti und Plan zueinander, ist eine bunte Planwirtschaft möglich? Ich denke: So richtig nicht. Was ist denn dann multi? Entweder die anderen sind gleich (mit eingeplant), dann nicht so interessant, oder sie sind anders, dann wecken sie Sehnsüchte. Sehnsucht nach Plan, also geplante Sehnsucht, kann es nicht geben.

Ich summiere: Nicht zusammen passende Forderungen sind

1 - Gegen Multikulti & für Kapitalismus!

2 - Für Multikulti & gegen Kapitalismus!

Wenn also Montagsmarschierer das System infrage stellen würden, schlösse sich eine Querfront kurz. Wollen sie aber nicht, sie wollen mehr abhaben, bzw. weniger abgeben. So wie es ist, hält das Schweinesystem Kapitalismus die umstürzlerischen Fronten auseinander. Dafür muss man ihm fast dankbar sein. Oder?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Dersu Usala

Gefangen im Bewusstsein des Unlösbaren, zu lösen nur durch Lösen vom Bewusstsein.

Dersu Usala

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