Ein Freund ist? Jemand dem ich vertraue, mit dem ich prima die Zeit verbringen kann und mich hinterher immer bereichert fühle. Freundschaften, Netzwerke von Freundschaften, benötigen vor allem Vertrauen, dann nenne ich sie Freundschaften.
In den persönlichen Netzwerken fließen die Informationen, wenn Vertrauen da ist. Sonst nicht. Jedenfalls nicht die wertvollen Informationen, die knappen Informationen. Smalltalk und Tratsch gibt es umsonst, und natürlich kann da mal was mit rausrutschen, aber eigentlich ist das nicht so. Ich nenne es mal Frisörnetzwerk.
Digitale Netzwerke sind wie der Frisör. Informationen fließen, aber kaum nutzbare. Wenn es nutzbar werden soll, dann gegen Geld. An dieser Stelle steht im persönlichen Netzwerk Vertrauen. Informationen gibt es als Vorschuss, zinslosen Kredit, in gutem Glauben, dass eine Rückzahlung kommt, wenn sie möglich ist (so etwa). Wo nun Vertrauen fehlt, kann Transparenz der Freigabeschlüssel für Information sein. Transparenz schafft nicht Vertrauen, sie ist Ersatz für Vertrauen. Geld kann natürlich auch Ersatz für Vertrauen sein, Immobilienmakler arbeiten so.
Kalte Netzwerke, ökonomisch fixierte Netzwerke gab es schon immer? Da ist wohl wahr. Durch Digitalisierung sind diese kalten Netzwerke gewiss schneller geworden, „Freunde“ bei Facebook erhalten zeitgleich die Info, die ich ihnen zukommen lassen will, Email-Verteiler wirken genauso. Wertvolle Info fließt aber nur gegen Geld, oder gegen Transparenz. Klar, Geschenke gibt es auch noch. Alles für alle, geschenkt, sofort. Das klingt gut, das verheißen uns digitale Netzwerke – ist aber nicht so. Geschenke müssen sein, wenn aber alles Geschenk ist, ist nichts mehr Geschenk. Als Dogma kann das nicht funktionieren, dann ist von Freiheit nichts mehr da.
Netzwerke auf Basis von Vertrauen sind nicht schneller geworden. Klar, Kommunikation mit
Vertrauten geht manchmal schneller, aber Vertrauen heißt Wirken ohne Rückbestätigung, ohne Vergewisserung, ohne Transparenz.
Vernetzung ist der Pluspunkt des Menschen. Digitale Vernetzung wirkt auch ohne Emotionen, ohne Vertrauen, positiv für den Vernetzer. Ein Facebookfreund darf gerne witzig und liebeswürdig sein - vertrauenswürdig er nicht sein. Aktiv sein reicht aus.
Empfinden deshalb viele Mitmenschen, auch FC-Blogger, dass die Welt kälter geworden ist? Des Einzelnen Empfinden wird geprägt von seinen Netzwerken. Dort ist die Summe an Vertrauen geschrumpft. Vertrauenswürdigkeit als manchmal ausgleichende persönliche Stärke zu Effektivität zählt nun weniger.
Kommentare 22
Des Einzelnen Empfinden wird geprägt von seinen Netzwerken.
Das ist doch nichts wirklich Neues? Seit der Ankunft der elektronischen Medien, also vor rund hundert Jahren, wird des Einzelnen Empfinden vielleicht noch zusätzlich durch die Sport- oder Wochenschau geprägt.
OK, und letzthin vielleicht durch die "sozialen Medien", wobei ich da nicht mitreden kann.
Das Empfinden des Einzelnen ist nichts Neues. Neuartige Netzwerke mit eigenen Charakteristiken sind entstanden, das wollte ich in den Focus stellen. Ist auch nicht neu, und ist von Byung-Chul Han wohl ziemlich abgeguckt, auch nicht neu. Es war mir einfach ein Bedürfnis, das in eigenen Worten niederzuschreiben. Warum heute? Was weiß ich. Jafroodi z.B.
Ich sehe es übrigens so, dass Vertrauen immer noch schneller und efektiver/billiger ist als Transparenz. In gewissen Kreisen, die maßgebliche Geldsummen in Sekunden bewegen können, ist Vertrauen gewiss weiter d a s Schmiermittel. Transparenz herzustellen kostet, u.a. auch Zeit, die für Vertrauensbildung fehlt. Zeitverbrauch zur Transparenzherstellung ist bestimmt weniger befriedigend als solcher zur Vertrauensbildung.
P.S. Transparenz ist Ersatz, zweitbeste Wahl. Viele Geschäftsideen beruhen auf den Verkauf von Ersatz. Facebook, Porno, Lotto, Alkohol, u.v.a
Und von wegen "ich da nicht mitreden kann". Die FC ist auch ein soziales Medium, wenn Sie veröffentlichen, lesen es viele, wenn einer ausfallend an Sie schreibt, beeinflusst das Ihr Wohlbefinden. Oder nicht? Ein Vertrauensverhältnis ist es trotzdem nicht.
Die FC ist auch ein soziales Medium, wenn Sie veröffentlichen, lesen es viele, ...
Jein. Vor einem Jahr hätte ich noch "Ja" gesagt. Aber Ihre Frage ist der Knackpunkt: wenn jemand mir gegenüber persönlich wird, rutscht das ab, ohne meine Gefühle zu beeinflussen. Das Ignorieren muss man natürlich etwas üben, bevor es funktioniert.
Aber es kann natürlich trotzdem sein, dass die FC ein "soziales Medium" ist. Da ich bis heute nicht weiß, worauf es bei Facebook oder Twitter im Kern ankommt, kann ich das nicht vergleichen.
In gewissen Kreisen, die maßgebliche Geldsummen in Sekunden bewegen können, ist Vertrauen gewiss weiter d a s Schmiermittel.
Da bin ich mir längst nicht sicher. Die müssen für einander berechenbar sein. Aber Berechenbarkeit ist vermutlich nicht das gleiche wie Vertrauen unter Freunden. Auch ein Gleichgewicht des Schreckens schafft Berechenbarkeit, aber kein Vertrauen.
Okay, sicher bin ich mir auch nicht. Was nicht transparent ist, kann trotzdem ohne Vertrauen funktionieren? Hm. Oder es funtioniert dann eben nicht.
Nur ganz schnell ein paar Gedenken zum Vertrauensbegriff: Ja, ist zentral, für fast alles. Eine Währung. Der Kit. »Sozial« und ohne Vertrauen geht nicht. Oder Beziehungen, selbst in der Liebe ... ohne Vertrauen, no relationship. Also, Vertrauen muss sein, ist eine Grundbedingung. Immer. Ohne Vertrauen machts auch eigentlich keinen Spaß; gibt's keine Basis. Die spannende Frage für mich ist: Wieweit beflügelt mein Vertrauen die Fähigkeit des Gegenübers es auch einzulösen? Ist wie Drachensteigen lassen, wie hoch kann ich ihn puschen ... wo ist das Limit ... hihihi Das ist natürlich eine Dynamik-Frage.
Zur Communities: Weiss nicht. Ich schätze die Dinge gern ab und ein und das geht bei andauernd wechselnden Nicks nicht. Das führt dann gezwungenermaßen zu einem Abwägen zwischen Zeitinvestition und ideellem oder emotionalem Gewinn, der immer eben sofort stattfinden muss. Weil es kein Später gibt, im Netz.
Vertrauen geht ohne Transparenz, Berechenbarkeit nur mit Transparenz, oder? Ich muss ein potenziell feindliches Gegenüber bzw. seine Motive einschätzen können - oder ich fühle mich / bin bedroht.
Bei Menschen, denen ich vertraue, muss ich nicht wissen, von welchen Interessen sie gerade motiviert sind. Ich "weiß", dass sie "das Richtige" tun.
volle Zustimmung
Appropos Nicks: wir drei Diskutierenden hier haben Nicknames. Transparenz ist damit schon mal passé. Bleibt also nur Vertrauen. Ein Urvertrauen ist es nicht, wir liefern uns nicht der persönlichen Angreifbarkeit aus; nur der nicklichen Angreifbarkeit. ;)
Und somit kann kein wesentlicher emotionaler Gewinn Gewinnerzielt werden, oder? Verlust allerdings schon, abhängig natürlich von der Dicke der Seelenhornhaut.
Als Kallewirsch - einer meiner absoluten Lieblingsblogger hier - sich vor ein paar Wochen löschen ließ, da wollte ich eigentlich das Gleiche tun. Aus Solidarität. Auch wenn man sagt, das Netz vergisst nichts, als ich dann überlegte was übrigbliebe, da waren da ein paar meiner Texte und das Wissen, Spaß am Schreiben zu haben. Das, und meine Freundschaft mit unserem launischen, genialen Idol. Auch meine Bekanntschaft mit Ernstchen. Und die Begegnungen mit Frau Waldmann ... Geniale Texte von Zietz, JR und Ed. Spuren von anderen, Impressionen, Erinnerungen, Abdrücke der oft hitzigen Interaktionen. Kurz, ich glaube, bloggt man hier länger, lernt man auch die Leute etwas kennen. Passiert bei Fb und Twitter ja ebenfalls. Man begegnet sich auf den selben Verantstaltungen, geht zu den gleichen Eröffnungen und kommt früher oder später ins Gespräch. Als Mensch webt man Beziehungsgeflechte, immer. Egal ob gewollt oder nicht, egal wem man begegnet. Ob analog oder digital, ob Nick oder Klarname. Man begegnet Menschen, hört ihnen zu, betrachtet sie ... Oder liest ihre Texte und Kommentare, versucht Argumentation, Informations- und Wissensstand nachzuvollziehen. So taucht man ein, beginnt zu verstehen, sich kennenzulernen. Das bleibt nie aus. Ist schön.
Gewinn- und Verlustrechnung. Mit den Emotionen verhält es sich anders, nicht so berechenbar, glaube ich. Du skizzierst das sehr klar. Cut and dry. Ist aber eher kompliziert, das mit dem Gewinn. Und wo Verlust und Schmerz ist, da ist immer auch Gewinn möglich.
:-))))
Sehr schön hast du das gesagt. Bin dabei.
Ihr Drei wirkt ja ganz schön vertraut miteinander. Vielleicht ist das hier gerade die wärmste Stelle im Internet? - Von wegen, die Welt wird kälter...
und das tollste ist: du darfst passiv mitkuscheln (=
Aktivität ist natürlich auch erlaubt
Nanu, ist der Janto gesperrt, weißt du was?
Nein. Aber er findet mich gerade sehr doof. Sniffle, sniffle.
Blog gelöscht ... Auslöser war mein Kommentar zu Jens Spahn über Inklusion und Flüchtlinge bei Maischberger. Ich finde Spahn opportunistisch und unaufrichtig und unser Idol findet das, was er zu Flüchtlingen sagt gut ... Da haben wir uns zwischen den Zeilen übelst gefetzt, könnte man sagen. Haben aber auch telefoniert und ist wieder okay ... fast :-/
Ist einfach alles nur sehr schwer auszuhalten momentan: Paris, der Front National; die vielen Flüchtlinge, denen nicht geholfen wird; die Bullshitsymbolpolitik; die systematische Ausbeutung Ehrenamtlicher, die das Vakuum schlechter politischer Entscheidungen füller müssen. Alles zum Heulen. Irgendwie gehen wir gerade nur noch auf 'm Zahnfleisch ... Hey, und da haben wir mit den privaten Fiaskos nicht einmal begonnen. Obwohl, was hält einen besser von der Beschäftigung mit dem eigenen Scheitern ab, als die Beschäftigung mit dem Leid anderer.
So, jetzt wieder von der Weltenfront über die Community trenches an die Homefront. Menno, bin echt froh wenn das Jahr vorüber ist.
Verstehe. Sein letztes "Ich glaube es ist besser, wenn ich darauf nicht antworte" hatte ich gesehen. Manchmal ist das wirklich besser. Ich trage auch so einige halbgare Sachen mit mir rum, das ist eigentlich besser mündlich (oder nur internal-in-my-mind) weiter zu überdenken. Da hat das schriftliche Web durchaus Grenzen, wenn ich finstere Zwischengedanken hinschreibe, stehen sie halt da, spätere Revisionen kommen dazu, trotzdem.
Die enorme Integrationsaufgabe sehe ich auch mit Bedenken. Ich könnte auch sage: Das wird nichts, aber: so schlecht und recht wie bisher wird es schon gelingen, das ist an vielen Stellen schlecht, besser als die Menschen dem Sterben zu überlassen ist allerdings. Politische Maßnahmen zur Begrenzung sind allerdings vonnöten, es gibt ein „zu viel“. Ich persönlich sehe gerade gar nicht, wie ich (jenseits von Sach- oder Geldspenden) integrativ wirken kann, gefangen in definierten Zeitabläufen zwischen Arbeit, Schule und etc. Wenn man wieder Zeit sein sollte, muss die erstmal für mich verwendet werden. Vernissage, Konzert, so was…
in between:
"politische Maßnahmen zur Begrenzung sind allerdings vonnöten, es gibt ein „zu viel“. Ich persönlich sehe gerade gar nicht ..."
Genau dazu einen Blog, ... Etwas über die Ängste und Bedenken der Menschen, denen es eh schon nicht gut geht, die kaum selbst genug zum Leben haben, aber die Folgen der verantwortungslosen Politik gerade auffangen müssen, ein Blog darüber, das würde ihn feuen, glaube ich.
freuen ;)
Weisst Du, sein Punkt ist wichtig, ich verstehe das: Er sieht, dass dem braunen Ressentiment von der Politik regelrecht in die Hände gespielt wurde, immer noch wird. Seit Jahren wird vor der Radikalisierung der Mitte durch fehlende politische Perspektiven gewarnt.
Und schauen wir nach Frankreich, zu Marine Le Pens Front National, dann gibt es dazu eben auch hier in Deutschland beängstigende Parallelen. Und der einzige Grund warum Hollande jetzt so massiv die Staatsgewalt auffährt, ist, um der Bevölkerung zu suggerieren, der Staat sei handlungsfähig. Symbolpolitik eben. Die notwendigen Weichenstellungen in Sozial- und Integrationspolitik finden aber wieder nicht statt. und so geht es eben schon viel zu lange. Diese Politik hält auf Dauer keine Gesellschaft aus. Das sagt Janto, mehr oder weniger. Und stimmt ja auch. Nur sollte eben über Verteilungsgerechtigkeit gesprochen werden, nicht über Flüchtlingsströme, finde ich. *seufz*
Und deswegen sehe ich Spahn als ....ich schreibs jetzt mal nicht 👀
Die herkömmliche politische Perspektive heißt doch Globalisierung, Freihandel usw.. Das ist natürlich zu recht als falsch zu bezeichnen, aber eine benannte Perspektive ist es. Die hilft nur nicht...
Der herkömmliche Bürger hat da immer weniger Bock drauf, die Diversität der Freiheit erscheint bunter in einem unterteilten Staatenraum, sprich Nationalstaaten. Oder man kümmert sich halt um seins...
In Finsterlaune denke ich ja: Eine politische Perspektive, die menschlich-individuellen Ansprüchen, bei wachsender Zahl, und Naturraum-Ansprüchen gerecht wird, ist die überhaupt zu formulieren?