Mal ganz vom Grunde an: Das gesellschaftliche System ist dann beliebt, wenn es Aufstiegschancen für nicht nur wenige gibt, wenn Hoffnungen atmen können, wenn sich Hoffnungen erfüllen. Der Gesamtumfang, der zu verteilende Kuchen, muss allerdings immer weiter wachsen, ansonsten ist die zweite Wahrheit zwangsläufig: wo es Aufsteiger gibt, gibt es auch Absteiger. Der Kuchen in Europa wächst nicht, in Deutschland vielleicht noch ein bisschen, weil die Krümel von den Rändern Europas abgekratzt werden. Das bisschen Wachstum in D wird allerdings zu denen hingeschoben, die schon viel Kuchen auf dem Teller haben… Flüchtlinge sind erstmal nur weitere Konkurrenten um die Krümelteller der Abgehängten.
Nicht erst seit gestern wissen wir: der Countdown der demografischen Schubumkehr tickt, wenn in 30 Jahren nur noch 65 Mio Menschen in Deutschland leben, schrumpft der Kuchen definitiv. Es gibt auch weniger Esser, klar, aber das System ist auf die Umstellung nicht vorbereitet. Wer sich an Aufstieg gewöhnt hat, empfindet den stillstand als Abstieg. Die etablierten Parteien sehen Zuwanderung als Konzept zur Lösung. Ich glaube auch, dass viele Bürger da mitgehen, sieht man auch an den Wahlprozenten, aber: Flüchtlinge sind nicht Zuwanderer. Ob die Straßenjungs aus Marokko kommen oder Krankenpflegerinnen aus Syrien ist ein Unterschied, nicht wahr. Die mangelhafte Differenzierung zwischen Flüchtlingen und Zuwanderern und die daraus folgenden Unterschiede in der Bedeutung für die Entwicklungsperspektive fallen so langsam jedem auf.
Eine andere Lunte ist die Frage, ob Investitionen, beispielsweise kapitalbildende Rentenversicherungen, ihr Investment zurückbringen. Die Leute haben sich ja vielleicht schon gedacht, dass man sich nicht nur auf die Kinder verlassen kann – aber kann man es auf die Rechtssicherheit? Innerhalb Europas ist die Rechtsicherheit hoch, die demografische Entwicklung aber ähnlich. In Richtung Ausland schwindet Rechtsicherheit, umso mehr, wenn der Dollar (Euro-Dollar) nicht mehr Leitwährung sein wird. China ist nun mal da, groß und stark ist es auch, wenn die Russen sich nach China orientieren, ist der China-Wirtschaftsraum noch größer. Switchen wir einfach zu den Russen? Da hat der Ami entschieden was dagegen, was uns nicht egal sein kann. Und Dollars waren bisher nicht zu verachten. F16 und Co schon gar nicht…
Ich schweife ab. Der Gesellschaftsvertrag ist der Punkt. In bestehender Form funktioniert er nur mit Wachstum. Abstiegschancen werden exportiert (und Autos auch). Das lassen sich die anderen nur begrenzt gefallen. Sie gehen fort, kommen her; sie schießen, vornehmlich auf andere Betrogene im eigenen Land… Ein nicht unwesentlicher Teil des Gesellschaftsvertrages lässt sich bei der Rentenregelung ablesen. Es gibt ein Umlageverfahren und ein Kapitaldeckungsverfahren. Die Folgegeneration zahlt für die Alten, oder die Kapitalerträge müssen es bringen. Kapitalerträge entstehen dadurch, dass anderswo in der Welt Menschen mit dem Kapital arbeiten und Erträge teilweise überweisen. Das läuft irgendwie nicht mehr so rund, daraus muss man schließen: Auch anderswo wächst die Menschenzahl nicht beliebig, auch anderswo werden die Leute nicht dümmer, auch anderswo sinken die Wachstumspotentiale, die durch Umwandlung von Naturraum in Menschenraum entstehen. Die zuwachsstärksten Volkswirtschaften sind momentan nicht so recht im Dollar-Raum. Renminbi kann man zwar in Dollar tauschen, aber den Kurs bestimmt die chinesische Volksbank. Auch fehlen vielerorts (etwa in Afrika) die Ertragsbasis und/oder die Rechtssicherheit. Die niedrigen Zinsen sind ein klares Indiz dafür.
In der Schweiz wurde der Vorschlag in einer Volksabstimmung, Managergehälter zu begrenzen, abgelehnt. Das bestätigt in meinen Augen: die meisten Leute sind mit einer systemimmanenten Ungerechtigkeit einverstanden – solange sie nicht (dauerhaft) den Abfall durchsuchen müssen. Die wissen schon, dass irgendwo jemand blutet. Ja, auch ich kann offenbar damit leben, muss ich ja sowieso; ich weiß auch, dass wenn die Schweizer mal eben von Wölfen zu Lämmern würden, die Welt insgesamt nicht belämmerter wird.
[Der Mensch beklagt den Rausch, der Mensch will aber auch Rausch. Der Durchschnittsdeutsche trinkt jeden Tag ein Bier. Wer jeden Tag Alkohol trinkt, ist suchtgefährdet. „Ja, so sind die Menschen“, benennen es die Grimms, als der Müller dem Wolf die Tatze bepudert.]
Aufstiegschancen, Abstiegschancen. Die Balance zwischen diesen beiden Lebensrichtungen hat sich verschlechtert in Deutschland. Die geringeren Aufstiegschancen werden nicht gleichmäßig verteilt, es werden nur größere Personenkreise vom Aufstieg ferngehalten (im Osten mehr als im Westen). Wenn das kein Grund ist für Politikunzufriedenheit, das Wählen linker Parteien hat sich außerdem als absolut wirkungslos herausgestellt. SPD - haben gespielt wie Flaschen leer. (!) Jetzt werden also die nächsten angeprobt, eine Alternative, ob nur als Drohung oder in echt wird sich zeigen. Dass sie die Grenzen besser abriegeln würden, mag ich denen ja glauben. Aber dass sie das Verteilungsproblem angehen werden? Für mich sieht es nicht so aus. Sehen andere auch so.
Kommentare 17
Der Protestdeutsche, hoch im Zorn, wählt nicht links. Die Vorstellung, links zu wählen, bringt ihn gar noch jetzt zum Lachen:
"Ich glaub' doch nicht an den Weihnachtsmann!"
Und Zack, wählt er die "AFD". Jetzt hat er es dem Schweinesystem aber gezeigt!
"Da fragt mich einer, warum haben nicht mehr Menschen AfD gewählt."
Offensichtlich hat diese die Gnade des Verschontbleibens gestreift, damit sie nicht im Nachhinein wie vollendete Idioten dastehen müssen, weil sie das Programm der "AfD" nicht gelesen haben, so wie die gänzlich Hemmungslosen auch. - Wer "wegen Protest" gegen xyz z.B aber Privatisierung der Arbeitslosenversicherung mitbilligt, muß den sprichwörtlichen Arsch ziemlich weit auf haben.
Nicht erst seit gestern wissen wir: der Countdown der demografischen Schubumkehr tickt, wenn in 30 Jahren nur noch 65 Mio Menschen in Deutschland leben, schrumpft der Kuchen definitiv.
Wo weißt du denn das her, dass in 30 Jahren nur noch 65 Millionen Menschen in D leben würden? Das ist doch ein PR-Witz! Da müsste die Einwohnerzahl jährlich um 500.000 abnehmen. Dazu zwei Zahlen, die tatsächlich gemessen worden sind und nicht aus dem ideologsichen Kaffeesatz der Privatversicherer kommen:
Einwohnerzahl 1990 in D: 79,75 Millionen
Einwohnerzahl 2014 in D: 81,2 Millionen
Dazwischen liegen 24 Jahre und nix ist geschehen in Richtung Ebbe. Es ist wissenschaftlich nicht haltbar, eine Bevölkerungszahl, und dann noch in dieser dramatisch abweichenden Form, für die kommenden 30 Jahre vorherzusagen. Darin sind z.B. Nichtgeborene enthalten, die in diesem Zeitraum durchaus Mutter oder Vater sein könnten. Über diese Klientel eine Aussage treffen zu wollen, ist doch offenbar, dass dies seriös nicht möglich ist.
Inzwischen tritt das Gegenteil ein. Das schreibt die FAZ im Dezember 2015:
Die Geburtenziffer in Deutschland ist zum dritten Mal nacheinander gestiegen. Im Jahr 2013 hatte sie knapp 1,42 betragen. Mithin wurden 2014 im Vergleich zum Vorjahr 56 Kinder pro 1000 Frauen mehr geboren. Im vergangenen Jahr kamen in Deutschland etwa 715.000 Jungen und Mädchen zur Welt, das waren 33.000 Neugeborene oder 4,8 Prozent mehr als im Vorjahr; mehr als 700.000 Kinder waren zuletzt im Jahr 2004 geboren worden. Die Statistiker berichteten am Mittwoch weiter, Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit hätten 2014 durchschnittlich 1,42 Kinder je Frau zur Welt gebracht (Vorjahr: 1,37); Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit hätten durchschnittlich 1,86 Kinder geboren (Vorjahr: 1,80).
Diese frei erfundene Behauptung der dramatisch sinkenden Bevölkerung, die mit wissenschaftlichen Kriterien nicht belegbar ist, dient seit der Erfindung der Agenda 2010 , die Rot-Grün ins Leben gerufen hat, als Totschlagargument. Genauso ist dies in deinem Text. Fällt dieses Argument, sind alle deine Schlussfolgerungen nicht mehr haltbar.
wenn... dann habe ich gesagt. Wenn es 73 Mio sind, gilt die Aussage prinzipiell genauso. wenn es 80 Mio sind, aber 5Mio mehr Rentner -auch nicht leichter. 67,6 Mio 2060 habe ich als ein szenario auf die Schnelle gefunden. Kann alles ganz anders kommen, ist schon klar. Das Problem der Verteilungsgerechtigkeit bleibt in jeder Sichtweise erhalten.
Welche nicht haltbaren Schlussfolgerungen meinst du eigentlich?
Ich denke, man kann durchaus über die menschliche Entwicklung bei schrumpfender Bevölkerungszahl nachdenken, oder auchnur bei konstanter Zahl, und sinkendem Aufwand an Erwerbsarbeit. Ist sowieso mal fällig, irgendwann. Gefühlt waren wir mit solchem Denken schonmal weiter. Aber das Paradigma vom Wachstum ist wieder mehr in den Vordergund getreten.
Sie setzen eine Sache stillschweigend voraus, nämlich dass Auf- und Abstieg sich in materiellem Wohlstand ausdrücken lassen, ja mit diesem identisch sind. Daran habe ich erhebliche Zweifel: Abstieg ist ebenso wie Armut oder Reichtum relativ und bezieht sich vor allem auf die individuelle Stellung innerhalb der Gesellschaft.
Das bedeutet, dass auch ein wachsender materieller Wohlstand sozial betrachtet eine "Verarmung" sein kann, wenn der Rest der Gesellschaft sehr viel schneller zu Wohlstand kommt und mensch sich dadurch zunehmend "abgehängt" vorkommt. Es bedeutet aber anders herum auch, dass eine materielle Einschränkung durchaus als soziale Kontinuität oder gar als Aufstieg daherkommen kann, wenn es ein allgemeines materielles Schrumpfen gibt oder wenn das gesellschaftliche Wertesystem sich verändert i.S.v. entmaterialisiert.
Konkreter: Natürlich wird unser Rentensystem Probleme bekommen. Derzeit ist die Hoffnung, dass später einmal die "Chinesen, Inder und Afrikaner" für uns (bzw. unsere dortigen "Investitionen") arbeiten werden, wenn es in Europa fast nur noch Alte gibt. Wers glaubt wird selig, wir werden unsere Bedürfnisse schon selbst befriedigen müssen. Das ist dank der ungeheuren Produktivität auch überhaupt kein Problem, aber nicht zuletzt aufgrund der zunehmend nötigen Pflegearbeit wird es wohl weniger materiellen Wohlstand für JedeN geben. Was angesichts von Umweltproblemen, "Konsumterror" und sonstiger Grenzen des Wachstums durchaus positiv ist.
Was also, wenn es uns gelingt, die Bedeutung von materiellem Wohlstand für den sozialen Status einer Person und damit auch ihr Wohlbefinden zu reduzieren? Das ist weniger utopisch als es klingen mag: Junge Leute in der Stadt wollen heute zwar mobil sein, aber ein eigenes Auto immer seltener. Und für ihr soziales Prestige ist die Zahl und "Qualität" der facebook-Freunde inzwischen wichtiger als Designerkleidung.
Oder Trump. Bislang gelingt es mir nicht, von AmerikanerInnen zu erfahren, warum sie von einem Milliardär eine sozial gerechte Steuer- und Wirtschaftsreform erwarten...Ihnen?
JC Collins schreibt dazu Interessantes, aber warum er davon ausgeht, dass gerade Trump diese sinnvollen Reformen anpacken kann, verstehe ich auch nicht.
Ja, Linke haben viele vernünftige Argumente, aber sie schaffen es nicht (oder sie haben kein Interesse daran), eine emotional ansprechende "story" zu erzählen und in den Köpfen bzw. Bäuchen der Menschen die Sehnsucht nach einer besseren Gesellschaft zu wecken. Also sinds dann doch immer wieder die Anderen Schuld.
Mir ist ganz mulmig. Seit den Wahlen werde ich diese diffuse Übelkeit einfach nicht mehr los. Plötzlich sonnenklar, die Politik bekommt es nicht mehr hin. Zu spät, der Tipping Point wurde überschritten. Es wird alles noch viel viel schlimmer, bevor es wieder besser werden kann.
Hier, die KfW-Studie von Martin Müller zur wachsenden Einkommensungleichheit: »Die Unterschiede zwischen oberen und unteren Einkommen haben seit der Jahrtausendwende in Deutschland deutlich zugenommen. Im Jahr 2000 verdiente ein Haushalt, der vom Einkommen zu den oberen 20 Prozent zählte, im Schnitt das Dreieinhalbfache eines Haushalts, der zu den unteren 20 Prozent zählte. Im Jahr 2014 verdiente er das Fünffache.« (Quelle, FAZ)
Mein Pessimismus ist begründet: Laut der Zahlen von letzter Woche befindet sich Deutschland nur auch – wie die anderen großen EU-Länder – in der Deflation. Draghis EZB Null-Zins-Verordnung wird ohne Konjunkturprogramme seitens der Politik einfach nur verpuffen. Puff und weg.
Schlimmer noch, sie wird sogar negative Auswirkungen haben. Denn Konjunkturprogramme sind weit und breit nicht in Sicht und Schuldenbremsen sogar inzwischen gesetzlich verankert; also nicht mehr zu beheben. Schon gar nicht auf die Schnelle. Das Geld wird die Bevölkerung nicht erreichen, die Wirtschaft nicht beleben.
Fazit: Das Kapital fließt weiter, nur noch schneller, in noch größeren Mengen Richtung Finanzwirtschaft, raus aus dem realen Wirtschaftskreislauf. Nicht zu den Kleinen- und Mittelständischen Unternehmen sondern treibt die Spekulation weiter an. Treibt Mieten, Rohstoff-, Nahrungs- und Immobilienpreise in nie geahnte Höhen.
Eine Flut von Räumungen und Insolvenzen wird die Folge sein; Millionen von Menschen auf der Straße ohne Arbeit.
Binnennachfrage ist mehr oder weniger abgewürgt, weil Löhne über Jahrzehnte zu niedrig in D.; Exporte ebenfalls nicht möglich, da EU komplett in der Deflation. Dann, in ein paar Jahren gehen die Babyboomer – mit ihren Dauerpraktika und Werkvertragsarbeitsbiografien in Rente – ohne Rentenvorsoge. BOOM BANG. In your Face, das war's für Europa als Wirtschaftsmacht. Auswandern nach China wäre eine realistische Option; ich lerne schon mal Mandarin. :-P
Weimar 2.0. Und alle haben es kommen sehen; haben davor gewarnt aber die Superexpertenpolitiker wollten ja in die Krise hinein Sparensparensparen. Weil, Religion des Geldes. Schuld. Sühne. Sparen. Moral. Egaaal was was der gesunde Menschenverstand – oder Experten – sagen. Schäuble und Merkel wissen es besser. Investitionsdefizit von -67 Mrd.; ach, egaaal. Wir schaffen das. :-O#######
Die Begriffsschläuche, mit denen Collins finanzwirtschaftlich hantiert, kann ich nicht einfach mal eben so nachvollziehen. Dass er Trumps (erklärte) Linie sympathisch findet, dürfte schlicht daran liegen, dass ein frei floatender USD der amerikanischen Realwirtschaft gut tun würde.
Es kann Collins ja gefallen, wenn Trump für die US-Wirtschaft "das" Richtige will, auch wenn diese Neuorientierung auf einem Wechsel vom "Establishment" zum "internationalen Banking" beruht (mir scheinen diese Instanzen bei Collins ziemlich personalisiert zu sein - sehe ich skeptisch).
Er hält Trump mithin nicht für einen guten oder patriotischen Menschen, der per se Jobs für Amerika will, sondern dessen Ziele halt zwangsläufig zu mehr Jobs für Amerika führen. Dafür muss Trump nicht von unten kommen und kein linker Revolutionär sein.
Ich vermute aber, das entwickelt sich unter US-Wirtschaftswissenschaftlern mittlerweile zum Konsens. Ein m. E. lesenswerter Ökonomielehrer zu dem Thema ist Michael Pettis - aber FINGER WEG von seinem BLOG! Der ist bis auf Weiteres virenverseucht bis obenhin (das kommt davon, wenn man in Beijing arbeitet). Halten Sie einfach Ausschau nach Gastbeiträgen von ihm auf anderen Medien.
P.S.: Obamas Präsidentschaft halte ich für einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer landesweiten Industriepolitik seit der Reagan'schen Abrissbirne. Von dem Weg werden die USA auch nicht wieder ganz abgehen - auch das "Establishment" nicht.
Die Globalisierung war begleitet von hirnrissigem Sloganismus, hier herumgetrötet vom schreiberisch überaus begabten, aber fachlich komplett ahnungslosen Thomas L. Friedman einerseits, und auseinandergenommen vom Ralph Gomory andererseits, nach den ersten vierzehn Amtsmonaten Obamas.
Solche Strömungen entstehen nicht von heute auf morgen. Aber sie werden auch nicht so bewusst mit Personal ausgestattet und auf den Schild gehoben, wie es Collins bei der Trump-Kandidatur (oder nicht?) unterstellt.
Trump ist einfach erstmal angetreten und hat vermutlich mit einem Achtungserfolg gerechnet. Jetzt marschiert er durch, und sofern er in ein paar Monaten nominiert wird, dann wird er keine revolutionären Forderungen mehr erheben. Dann braucht er nämlich just das, was Collins das Establishment nennt, und was er auf dem Weg in die historische Mülltonne sieht.
Volle Zustimmung, bis auf den Punkt zu meiner stillschweigenden Voraussetzung.
Vielmehr stimme ich Ihnen zu: eine materielle Einschränkung durchaus als soziale Kontinuität oder gar als Aufstieg daherkommen kann, wenn es ein allgemeines materielles Schrumpfen gibt oder wenn das gesellschaftliche Wertesystem sich verändert i.S.v. entmaterialisiert.
schaffen es nicht (oder sie haben kein Interesse daran), eine emotional ansprechende "story" zu erzählen - exakt, auch hier thematisiert.
Wir wollen doch nicht Wirtschaftmacht sein. Wir wollen gut leben, nicht wahr? Was das heißt, wird zu wenig thematisiert - oder wenn, häufig zu kopflastig.
Insolvenzen und Zwangsräumungen - klingt auch nach Zeiten florierender Hausbesetzungen. Klingt nach Kunst... Die will ich natürlich keinem verordnen. Verteilungsgerechtigkeit wird schon von mehr Menschen gewünscht als Zwang zur eskalierenden Kreativität.
Deflation sagt die FT? Da muss ich mal reinlesen...
Du Fuchs, Du. :)
Doch wollen wir: Wirtschaftsmacht sein. Das mit der Wirtschaft ist wie Schwangersein, ein bisschen geht nicht. Wie in der Liebe, alles oder nichts, ganz oder gar nicht. Callig the shots oder Verwertungsmasse sein.
Und Verwertungsmasse für den asiatischen Wirtschaftsraum will ich beispielsweise absolut nicht sein. Dafür arbeite ich auch gern härter und schlafe weniger, immer noch besser als alles was sonst zur Diskussion stünde.
»Klingt nach Kunst«, hast ja recht, ich denke gerade sehr defensiv und unkünstlerisch, was sicherlich der krassen Gesamtsituation geschuldet ist. Keine Spielräume.
Finde ich aber gut, dass zumindest einer es alles positiv betrachtet. :)))
Hmm. Das klang für mich im Text aber sehr danach, zumindest wird nicht explizit erwähnt, dass materielle Einschränkung nicht notwendigerweise sozialen Abstieg bedeuten muss. Der ganze Absatz über Generationenvertrag und Rente beruht insbesondere m.E. darauf: Wenn ein geringeres materielles Wohlstandsniveau akzeptiert wird, sind hier keinerlei Probleme zu erwarten. nb:
Die Folgegeneration zahlt für die Alten, oder die Kapitalerträge müssen es bringen.
Es gibt hier keinen Gegensatz. Es zahlt so oder so die Folgegeneration, die Frage ist ob direkt oder vermittels der Kapitalmärkte. Letzteres ist ineffizienter und riskanter, aber verleitet zur trügerischen Hoffnung, dass es dann die Folgegenerationen anderer Länder tun werden. Die werden uns was husten...;-)
Ganz so schwarz siehts auch wieder nicht aus. Natürlich erreicht das EZB-Geld die Wirtschaft nicht, aber das wussten auch von Anfang an Alle und darum ging es höchstens in der öffentlichen Propaganda. Was es jedoch bewirkt ist eine Senkung des allgemeinen Zinsniveaus und damit auch der Kapitalansprüche, womit es eben nicht schneller, sondern langsamer fließt.
Solange das frischgepresste Geld nur Aktienblasen aufbläst, ist das nicht weiter schlimm, bei Immobilien ists schon eher ein Problem - aber der aktuelle Bauboom wird mittelfristig (5-10 Jahre?) zu einem Sinken der Renditen auch in diesem Bereich und damit stagnierenden oder sogar sinkenden Mieten führen.
Alles in Allem haben sich die Staaten und die Zentralbanken damit Zeit gekauft, nicht mehr und nicht weniger. Bislang haben sie diese kaum genutzt, aber das dürfte sich schon bald ändern, da das bisherige System von allen Beteiligten als dysfunktional erkannt ist - und China Druck macht.
Damit dürfte die Null- oder Negativzinspolitik zum Dauerzustand werden, und dadurch werden Kredite viel billiger und der Wachstumszwang abgemildert. Die bisher fehlenden öffentlichen Investitionen werden kommen (müssen, sobald der Export nachlässt), sagt inzwischen sogar die SPD. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung wird darum gehen, wie und in welche Sektoren diese verteilt werden, und damit könnten wir schonmal anfangen...
Was die Personalisierung angeht gebe ich ihnen völlig Recht; was immer er mit den "internationalen Interessen" meint ist sehr metaphysisch bis VT angehaucht (ich weiß, es gibt in der US-Rechten einen nicht zu unterschätzenden Antisemitismus).
Spannend fand ich es aus anderen Gründen: Wegen der klaren Benennung des Zusammenhangs von neuem globalen Finanzsystem und (unvermeidbarer) Dollarabwertung, und wegen der These, dass Trump der Richtige ist für die Übergangszeit. Das könnte sogar sein: Immerhin scheint er kein Problem damit zu haben, Altes zu verwerfen, ist zumindest verbal internationaler Kooperation nicht abgeneigt - und lenkt soviel Aufmerksamkeit auf seine Person und Rhetorik, dass er die Menschen entweder ablenken oder 'mitnehmen' kann.
Daraus zu konstruieren, dass er für diese Aufgabe "eingesetzt" wird, ist Unsinn - jedoch könnte ich mir vorstellen, dass er sich pragmatischer als Andere dem Unvermeidlichen anpasst und es zumindest nicht verhindert.
Durch die aktuelle Dollarstärke (realer Wert 50% niedriger?) bleiben die USA in einem Zustand permanenter Defizite gefangen - und genau diese Defizite sind es auch, die der Rest der Welt als politisches Druckmittel einsetzt, um Washingtons Kooperation bei der Reform des globalen (u.a. Finanz-)Systems zu erzwingen. D hat zwar kaum Militär, aber 250 Mrd Euro Exportüberschuss, mit dem (bzw. mit dem korrespondierenden Kapitalexport) sich politisch Einiges bewegen lässt (s. Eurokrise).
PS. Danke für den interessanten Link, einige gute Gedanken darin cf. 'strategic inflection point' - erinnert mich daran, als Obama antrat habe ich das als letzte Chance gesehen, dass die USA noch das Ruder rumreißen und ihre globale Führungsrolle durch entschlossene Reformen verteidigen.
Friedman, nunja ein Experte auf allen Gebieten ist er sicher nicht, aber als komplett ahnungslos (wie Fleischhauer) würde ich ihn auch nicht bezeichnen. Vor allem aber ist er m.E. ein guter Gradmesser für den US-Elitendiskurs, gerade in letzter Zeit s. Iran/ Saudi.
"Ahnungslos" bezog ich aufs Wirtschaftliche. Da hat Friedman wirklich keine Ahnung, und sich von ein paar chinesischen Großkopferten erst den Bauch pinseln und dann das Gehirn waschen lassen.