Profiteure lösen keine Probleme

Problemvermarktung Jede Krise ist eine Chance, jedes Problem ein Markt und jeder Markt hat seine Profiteure. Weswegen sollten diese sich ihren Markt nehmen, indem sie das Problem lösen?

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Weswegen Feldhamster weiter hamstern durften

Inzwischen steht der Feldhamster in Deutschland unter Artenschutz. Im Rheinischen Pulheim werden glatt 7 ha Land bewirtschaftet, aber nicht geerntet. 128 Feldhamster wurden ausgewildert und sollen hier eine feste Population bilden. Dabei ist es noch nicht lange her, dass in der einstigen DDR über eine Million Feldhamster im Jahr abgezogen wurden, um ihre Felle zu verkaufen. Nicht nur das: Die niedlichen Nagetiere wurden vergiftet, ausgeräuchert, ausgegraben, aber nicht immer abgemurkst.

Damit ein wildlebender Feldhamster durch den Winter kommt, muss er mindestens 2 kg Körner bunkern. Der normale Feldhamster bunkert bis zu 5 kg Körner. Zugleich sind die Nager sehr fruchtbar, es sind viele Hamster, die einen Vorrat anlegen. Die Hamster waren dabei nicht erfinderisch, sie folgten einfach den Menschen, die vom Ackerbau lebten. Das wurde schnell zum Ärgernis.

Packt mit dem Hamster

In vielen Epochen plagten sich die Feldarbeiter nicht auf dem eigenen Acker. Für einen kleinen Lohn mussten sie die erwirtschaftete Ernte ihren Herren überlassen. Diesen waren die Feldhamster ein Dorn im Auge. Die Felle waren durchaus schön und eine begehrte Handelsware. Doch vielfach schickten sie ihre Untertanen aus, damit sie die Feldhamster ausgraben und abmurksen. Diese steckten aber als Lohn den Vorrat der Hamster ein – sie waren also Profiteure des Problems. Für was also sollten sie jeden Feldhamster zur Strecke bringen und im nächsten Jahr leer ausgehen? Waren die Bestände gering, konnten sie viele Feldhamster nicht rechtzeitig schnappen.

Selbst Gerhard Heinrich Buse empörte sich im Jahr 1801 über diese Unsitte:

„Die Obrigkeit hat aber nöthig, auf diese Leute ein wachsames Auge zu haben, indem sie oft nur das Getreide aus den Magazinen der Hamster wegnehmen, und die Hamster laufen lassen, um das folgende Jahr wieder erndten zu können, wo sie nicht gesäet haben.“

Doch mit der industrialisierten Landwirtschaft ging den Feldhamstern dann doch die Puste aus. Auch würde in Deutschland heute kaum einer noch den Hamsterbau für ein paar kg Getreidekörner ausgraben wollen.

Eingebetteter Medieninhalt

Auch andere Hamster ernten Felder ab und legen Vorräte an. Der bekannteste Vertreter ist Syrer. Es ist der syrische Goldhamster, der auf den Hochebenen von Aleppo um sein Leben bangt – oder inzwischen als Haustier in Wohnungen hamstert und seinen Menschen beobachtet.

Wenn Profiteure der Probleme zum Problem werden

Sicherlich, waren es zu viele Feldhamster, wurden sie energisch dezimiert, aber nie ausgerottet. Dieses Problem hielt sich also in der Waage, womit die Ausfälle nicht zu hoch waren, die Hamsterjäger aber ihren Anteil erhielten. Die Hamsterjäger standen immerhin auf dem Boden, der sie ernähren mussten.

Viele Profiteure schwerer Probleme sind diesen aber kaum ausgesetzt. Ein Beispiel sind Spannungen oder Konflikte, ohne die es sich nicht rüsten lässt. Häufig geht es um Rohstoffe, die ihren Preis haben. Weswegen sollte ernsthaft an einer nachhaltigen Weltordnung gearbeitet werden, wenn der eigene Profit dabei unterginge? Auch ließe sich Arbeit und deren Leistung viel besser verteilen. Das wäre für die wenigen Profiteure aber weit weniger rentabel.

Weswegen sollten also Profiteure Probleme lösen und sich ihrer Lebensgrundlage berauben, wenn sie sich mit dem Gewinn aus der Problemzone herauskaufen können?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

derVerfasser

Wer denkt, der ist. Wer schreibt, der macht. Als derVerfasser lebe ich sadistische Neigungen aus und quäle Leser mit meinen unberechenbaren Gedanken.

derVerfasser

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden