Anhalter Bahnhof

KOMMENTAR Transrapide Verschlechterung bei der DB

Die Bahn benötigt Signale für den Betrieb. Ob es jedoch das richtige Signal für das krisengeschüttelte Unternehmen ist, jedem der 500 leitenden Manager künftig einen Dienstwagen zu besorgen, darf bezweifelt werden. Das Kuriose an der ganzen Sache ist, dass der Arbeitgeber seinen leitenden Angestellten den Benziner als Barvergütung anstelle eines Teils vom monatlichen Gehalt zahlt. Früher kriegten Eisenbahner Freifahrtscheine. Aber dieses Früher scheint lange her zu sein, im Zeichen der täglichen Verspätungen regiert das Später. Und das heißt, in die Zukunft denken. Die sieht bei der Deutschen Bahn nicht gerade rosig aus. Für das Fahrplanjahr 2001 werden auf zahlreichen deutschen Hauptstrecken die Interregios entweder ganz oder teilweise gestrichen. Auf Strecken wie Hamburg-Lübeck oder Erfurt-Stuttgart gibt es dann gar nichts mehr außer Regionalzügen. Vielleicht ist diese Einstellung von Fernverbindungen logisch, denn im ganzen Netz der Bahn gibt es inzwischen über 2000 Langsamfahrtstellen, wo teilweise nur noch mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf. Solche Schritte sind wenig geeignet, das Vertrauen in die DB zu erhöhen. Hinzu kommt, dass die Mitropa künftig nur noch im Intercityexpress klassische Speisewagen anbieten will. Ansonsten gibt es höchstens Bistro-Abteile. Vorbei ist es mit der schönen Mahnung:»Herr Ober, seit 30 Kilometern warte ich auf meinen Kaffee.« Seine Stullen sollte der Fahrgast in Zukunft von zuhause mitbringen, eine Thermoskanne Kaffee inclusive. Angesichts derart deprimierender Entwicklungen beim Service-Unternehmen Deutsche Bahn wirkt es wenig überzeugend, wenn Verkehrsminister Klimmt (SPD) und die beiden Landesfürsten Stoiber und Clement jetzt jubelnd den Transrapid für Bayern oder NRW wiederbeleben wollen. Der Betongleiter soll beispielsweise zwischen Münchner Flughafen und Hauptbahnhof verkehren oder quer durchs Ruhrgebiet. Wobei er wegen der dichten Besiedelung seine Höchstgeschwindigkeit von über 450 Stundenkilometern nicht mal zur Hälfte ausfahren darf. 220 km/h schaffen jedoch moderne E-Loks für weniger Geld. Aber Prestige muss sein, koste es, was es wolle. Derweil kappt die Bahn ihren kostbarsten Besitz, ein dichtes Streckennetz, um weitere Linien. Die Chefs ordern Limousinen. Vielleicht nehmen sie uns per Anhalter mit.

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