Mit einem dreifachen »Ossi-Ossi-Ossi« hat der Präsident des Internationalen Komitees die Spiele von Sydney beendet. Dass Samaranch damit nicht die einst so erfolgreichen Ostdeutschen würdigen wollte, sondern die Gastgeber ansprach, die sich gerne »Aussies« nennen, geschenkt. Dass die Fahne der Aborigines die Farben Schwarz-Rot-Gold trägt, purer Zufall. Aber dass sportliche Erfolge wie zu Zeiten der medaillenhungrigen, anerkennungssüchtigen DDR ein Politikum der Selbstdarstellung geblieben ist, wer wollte es bestreiten. Dafür sprach schon das mäkelige Resümee des deutschen NOK-Präsidenten Walter Tröger. Schließlich war man mit 14 Goldmedaillen unter dem Ergebnis von Atlanta geblieben. Das vereinte Deutschland muss sich deshalb entscheiden, ob es künftig im Konzert der Großen dopinggestählt und krisenfest mitspielen will oder ob es Olympia als das bewertet, was es auch ist, ein buntes Spiel. Ein Dazwischen gibt es leider nicht. Eine schizophrene Situation: Während Holländer, US-Amerikaner und wohl auch Australier, von den Osteuropäern zu schweigen, immer bessere biochemische Methoden zu finden scheinen, um ihre Athleten topfit und unkontrollierbar zu machen, sitzt Deutschland in der Saubermannecke und nimmt übel. Und wenn es dann doch einmal einen Landsmann erwischt wie den öffentlich stets cleanen Langstreckenläufer Dieter Baumann, dann ist natürlich die ganze Welt gegen uns. Nur die deutschen Medien halten nibelungentreu zu Baumann, in sämtlichen Aufzählungen von nach Hause geschickten Dopingsündern fehlt tapfer sein Name. Dennoch wird es auch in Deutschland um das Schneller, Weiter, Höher gehen, um das schnellere Bekanntwerden, die weitere Steigerung auf der internationalen Rangliste und das höhere Einkommen. Sportsgeist ist eine romantische Floskel aus vergangenen Zeiten.
Harald Schmidt, unser parkettsicherer Zyniker, hat zum Tag der deutschen Einheit seine eigene Rechnung aufgemacht und einfach mal die Siege nach Ost und West geteilt. Da sieht die Ex-DDR mit zehn Goldenen gegenüber der Ex-BRD mit vier recht gut aus. Aber was solls, die sieggehärteten Ossis sterben mit Heike Drechsler und Birgit Fischer sowieso aus. Ostdeutsche Jugendliche sind im Westen »angekommen« und haben keinen Bock mehr auf Trainingsschinderei. Da ist ein Niels Schumann nur die Ausnahme. Zumal es in Sydney ziemlich entspannt zuging. Keine schlimmen Zwischenfälle und ein fröhliches Publikum, das den Sportlern bei der Abschlussfeier mit Kühlboxen zuwinkte. Vielleicht waren es ja wirklich die besten Spiele aller Zeiten, wenn wir Julio Samaranch glauben wollen, der das allerdings auch schon 1992 in Barcelona feststellte.
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