Als bekannt wurde, dass der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky wegen seiner Verquickungen von Geldgeschäft und Politik ins Gerede gekommen war, regten sich bei den überregionalen Blättern sogleich Hoffnungen, dass nun das zähe Westberliner Milieu am Ende sei. Was für eine Fehleinschätzung und was für ein metropolitanes Wunschdenken!
Landowsky, der begnadete Strippenzieher und von seinen Getreuen gern Pate Genannte, wusste, dass ihm von der Presse keine Gefahr drohen würde. Auch nicht vom Enthüllungsorgan Der Spiegel. Der wird mit seinen Mitteilungen Landowsky ebenso wenig aus dem Amt drücken wie einst den leidenschaftlich gejagten Stolpe. Denn beide Politiker verfügen bei allen sonstigen Unterschieden über ein Gemeinsames: Sie sind fest in ihrer Wählerschaft verankert. So konnte der CDU-Politiker, der zwar seinen Platz bei der Hyp-Bank räumen wird, in aller Ruhe mitteilen, dass er CDU-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus bleiben werde. Und er tat das in seiner geschmierten Demagogie unter dem drohenden Verweis auf eine mögliche Hauptstadt-Koalition aus Rot, Grün und Dunkelrot im Jahre 2004. Solcherlei Beschwörungen lassen den Insulaner, der sonst die Ruhe nicht verliert, noch immer sehr erschrecken. Da denkt er gemütlich schaudernd an die einstigen Großdemonstrationen vor der Reichstagsruine oder auf dem Rudolf-Wilde-Platz gegen den Bolschewistensturm aus Moskau und Müggelheim.
Landowsky beherrscht dieses Stimmungsklavier virtuos. Der ursprüngliche Gegner einer Fusion von Berlin und Brandenburg brauchte seinen Anvertrauten nur vom Roten Meer westlich Zehlendorf zu sprechen, und schon wankte die Frontstadtinsel furchtsam. Ein wenig missglückter schien sein Bild von den Brandenburger Wärmestuben, herübergerufen ausgerechnet aus dem tropischen Mief Westberlins. Dort ist seit über 50 Jahren ein solide blühender Dschungel aus Beziehungen und Abhängigkeiten gewachsen, in dem schon manches Politikertalent von draußen für immer verschwunden ist. Die Eingeborenen des Dschungels kennen sich seit Mauerzeiten: Diepgen, Landowsky, Kittelmann, Buwitt, Pfennig. Sie haben in einer bemerkenswerten Kulturrevolution das traditionelle einstige SPD-Milieu in der Halbstadt überwunden. Die Wiedervereinigung garantiert ihnen stabil über 40 Prozent Wählerstimmen, denen die ganze Richtung nach 1989 nicht passt. Von solchen Zinsen lässt sichs ruhiger leben als von unsicheren Bankgeschäften, deren Obligationen man deshalb locker entsagen kann. Das weiß ein gut gelaunter Landowsky.
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