Teheran oder Stockholm?

Versammlungsfreiheit? Schwedische Polizei schlägt friedlich demonstrierende pro – demokratische Oppositionelle zusammen

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Der Außenminister des iranischen Regimes, Javad Zarif, befand sich 2 Tage lang in Stockholm. Der erst kürzlich von den USA auf die Sanktionsliste gesetzte Außenminister, der ein enger Freund des Anführers der libanesischen Hisbollah, von Terrorist Quassem Soleimani (Chef der terroristischen Quds Force) und Sprechpuppe des obersten Führers Ali Khamenei und Präsident Hassan Rouhani ist, besuchte sowohl das schwedische Außenministerium als auch ein Friedensinstitut in Stockholm, wo er als Gast empfangen wurde.

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In Schweden lebende Exiliraner protestierten – völlig zurecht – lautstark gegen den Besuch des wichtigsten ausländischen Vertreters eines iranischen Regimes, welches in den letzten Monaten als Hinrichtungsweltmeister, Brecher des Atomdeals und Pirat im Persischen Golf seine Visitenkarte hinterließ.

Unter den 50 Demonstranten befanden sich Frauenrechtsaktivistinnen, Menschenrechtsaktivisten und Familienangehörige von Opfern des Massakers von 1988. Heute noch sitzen die Mitglieder der „Todeskomitees“, welche 30.000 politische Gefangene hinrichten ließen, in der Führung des Regimes. Der heutige iranische Justizchef, der vorherige und jetzige Justizminister im Kabinett des „moderaten Mullah“ Rouhani sind damals in diesen Todeskomitees gewesen und haben in außergerichtlichen Schnellverfahren Tausende politische Gefangene (meist Volksmudschahedin Iran) hinrichten lassen.

Doch der Skandal waren nicht die Aussagen, die Zarif in einem Interview mit Press TV am Rande des Besuches machte und wo er den Demonstranten drohte, dass sie „keine Minute leben, wenn wir sie in die Finger kriegen“. Der eigentliche Skandal war der Umgang der schwedischen Polizei mit den iranischen Oppositionellen, die nach allen Konventionen und Gesetzen als politische Flüchtlinge gelten.

Die Polizei versuchte unter Einsatz von Gewalt und Schlagstöcken, die Demonstration am weiteren Marsch zu hindern und verhaftete einige von ihnen. Es muss nicht nur für jeden Menschenrechtsaktivisten verstörend wirken, wenn ihn die Bilder auf der Webseite des NWRI nicht an Teheran erinnern, sondern an ein europäisches Land, welches zum Schutz des Besuches eines Mörderkomplizen diejenigen zusammenschlagen und verhaften lässt, welche die Stimme für Millionen unterdrückte Iraner darstellen.

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Außenministerin Margot Wallström (schwedische Sozialdemokratin) musste nach dem Skandal ihre gemeinsame Pressekonferenz mit Zarif absagen. Unter dem Druck der Ereignisse erschien sie alleine auf dem Podium und wies nun zähneknirschend auf die Menschenrechtsverletzungen im Iran hin und dass Zarif angeblich privat nach Stockholm gekommen sei. Doch der schale Beigeschmack bleibt und es ist ein weiteres trauriges Beispiel dafür, wie die Beschwichtigungspolitik Europas und der längst gebrochene Atomdeal gegenüber dem Regime bis hin zur Perversität aufrecht erhalten werden muss.

Bei einem Treffen in Ashraf 3 (Albanien), wo Tausende Mitglieder der demokratischen iranischen Opposition der Volksmudschahedin Iran (PMOI,MEK) sitzen, sagte am 15. Juli 2019 der schwedische Jurist und frühere Abgeordnete Kenneth Lewis zum Verhalten von Außenministerin Wallström:“ Unsere Außenministerin hat im letzten Jahr Teheran besucht. Es ist eine Frau, welche eine feministische Außenpolitik befürwortet und nun fährt sie in den Iran, um dort Lastwagen und Baumaterial zu verkaufen. Und dabei trägt sie sogar einen Chador (Schleier)!“

Es ist einfach komplett inakzeptabel, dass die Opfer eines Terrorregimes gewaltsam an ihrem Protest gehindert werden, während Zarif auf einem Friedenskomposium reden darf. Es hätte anders herum sein müssen!

Die ganze Iran-Politik Europas ist einfach verlogen und ein Schlag ins Gesicht jeglicher Moral und jeglichen Anstandes sowie aller Werte, auf denen unsere Demokratie basiert.

Europa muss endlich umdenken und dem Regime die rote Karte zeigen. Doch viel mehr sollte es sich bei all den Exiliranern entschuldigen, die seit vielen Jahren von unseren europäischen Regierungen nicht nur ignoriert, sondern mehr als Täter, denn als Opfer behandelt wurden.

2008 wurden die Volksmojahedin Iran von einer völlig absurden Terrorlistung in Europa freigesprochen, die britische Richter als „pervers“ bezeichneten. Wie weit soll der Wahnsinn noch gehen? Wie soll sich ein iranischer Flüchtling fühlen, wenn ihm hier das Gleiche passiert, wie bei den Protesten im Iran? Frau Wallström, die schwedische Regierung und die schwedische Polizei sollten sich bei den Demonstranten entschuldigen und sie zum Institut für Friedensforschung in Stockholm einladen. Das wäre die einzig sinnvolle Reaktion auf das skandalöse Verhalten der schwedischen Regierung und der schwedischen Polizei.

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Geschrieben von

dholz

Menschenrechtsaktivist in Berlin, politischer Kommentator

dholz

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