Kurz vor dem 12. Geburtstag meines Kindes wurde ich unruhig, weil ich wusste, dass sich ab diesem Alter für Kinder und Eltern einiges ändert.
Aus dem Sozialgesetzbuch weiß ich, „Mit Vollendung des 12. Lebensjahres endet der Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld“, hier. Nun hat mich das erst mal nicht stark beunruhigt, weil mein Sohn bisher sehr krankheitsresistent ist und bis auf die Kindergartenzeit selten krank war.
Ich gebe als Suchbegriff in Google „vollendetes 12. Lebensjahr“ ein.
Einer der ersten Treffer heißt:
Frage: was heisst vollendetes 12. Lebensjahr
Top-Antwort: Das ist Dein Geburtstag, wo Du 12 Jahre alt wirst.
OK, das hätte ich auch noch selber hingebracht.
Bei Wikipedia lese ich unter Jugend: „Der Begriff Jugend ist historisch gesehen relativ jung und wurde erst um 1800 häufiger verwandt. Der Begriff des Jugendlichen war dabei ursprünglich ambivalent besetzt (Jugend ist Trunkenheit ohne Wein) und diente auch zur Distanzierung von einer Personengruppe, die als gefährdet definiert wurde. Der Begriff bezeichnete dann beispielsweise in der Jugendhilfe der 1880er Jahre eine männliche Person aus der Arbeiterklasse zwischen 13 und 18 Jahren, der Tendenzen zur Verwahrlosung, Kriminalität und eine Empfänglichkeit für sozialistisches Gedankengut unterstellt wurden.“
Das beunruhigt mich auch nicht wirklich...Ich habe zwar ein männliches Kind. Zur Bekämpfung der Verwahrlosung und Kriminalität bin ich aber nachmittags, wenn die Schule aus ist, daheim. Und die Empfänglichkeit für sozialistisches Gedankengut, nun ja...
Aber schön langsam merke ich die Konsequenzen.
In unserem Betrieb waren Beschäftigte mit minderjährigen Kindern auf Wunsch in einer von ihnen leistbaren Arbeitszeit eingesetzt. Darauf wurde Rücksicht genommen. Sehr sozial!
Vor einiger Zeit fand dies der Arbeitgeber allerdings nicht mehr marktgerecht. Und forderte eine Neuregelung vom Betriebsrat. Weil der Betriebsrat das natürlich anders sah, musste eine Einigungsstelle entscheiden. Unter dem Vorsitz eines Richters des Bundesarbeitgerichts unterlag der Betriebsrat, weil der Richter mit dem Arbeitgeber stimmte.
Die neue Arbeitszeitregelung besagt nun, dass künftig, entsprechend einem festgelegten Schichtplan, auch die Mitarbeiter mit Kindern zwischen 7 und 22 Uhr zu arbeiten haben. Ausnahmen gibt es nur noch, sofern die Kinder unter 12 Jahren alt sind. In Anlehnung an die o.a. Regelung des Sozialgesetzbuches. Frei übersetzt: wenn der Gesetzgeber schon festlegt, dass ein krankes Kind nur bis zum 12. Lebensjahr im Krankheitsfall gepflegt werden muss, dann kann es auch bis 22 Uhr allein bleiben und tun und lassen, was es will...
Alle Proteste und Hinweise auf Verwahrlosung der Kinder, schwere präpubertäre Zeit ab 12 usw. blieben unerhört. Die Kinder wurschteln halt jetzt so vor sich hin, haben Großeltern in der Nähe, die einspringen können oder aber die Eltern zahlen für eine andere Betreuung. Ist ja marktüblich...Gottseidank sind die Kinder noch nicht strafmündig, dies werden sie ja erst mit 14. So sind wenigstens nur die Eltern dran, wenn die zwischen 12 und 14 Jahre alten, alleingelassenen Kinder Mist bauen. Droht dann eine Untersuchung wegen Verletzung der Aufsichtspflicht?
Die gute Nachricht könnte sein, dass Kinder dann per Definition von 1880 vermehrt empfänglich für sozialistisches Gedankengut sein könnten. Ich bin nicht sicher, ob dies vom Arbeitgeber so gewollt wäre.
Ins Kino dürfen 12jährige nur, sofern der Film bis 20 Uhr beendet ist. Sagt das Jugendschutzgesetz. Aber wer soll das überwachen, wenn Eltern bis 22 Uhr arbeiten müssen? Verwahrlosung droht!
Nächstes Thema...
Mein Kind ist Allergiker. Bisher hat die Krankenkasse die vom Kinderarzt empfohlenen und verschriebenen Allergiemittel bezahlt, künftig muss ich selber ran (weil sie nicht rezeptpflichtig sind). Anders wäre es nur bei „Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr“ (siehe hier), in diesem Fall werden auch nicht rezeptpflichtige Medikamente von der Kasse bezahlt. Gottseidank hat mein Sohn keine Entwicklungsstörung...Also zahle ich die Allergiemittel halt selber.
Aber jetzt wurde er doch mal wieder krank. Richtig krank, mit 40 Grad Fieber. Gar elend lag er auf dem Sofa, fror, fieberte, bibberte. Und ich schaute ihn immer wieder besorgt an, kochte Tee, saß neben ihm und hielt die Hand, machte Wadenwickel, schleppte ihn zum Kinderarzt. Alles, was man als treusorgende Mutter so tun kann. Wäre er 11 Jahre und 364 Tage alt, hätte ich für diese Zeit noch eine Freistellung von der Arbeit mit Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld bekommen. Nun muss ich dafür Gleitzeitstunden oder Urlaubstage hergeben. Auch das tut man natürlich, wenn ein Kind so krank ist. Kann ich aber nur, wenn der Chef so kurzfristig zustimmt (was meiner Gottseidank tut, hat selber Kinder).
Aber nach der Auslegung des Sozialgesetzbuches könnte ich ihn daheim alleine liegen lassen, ihn verwahrlosen lassen?! Oder soll ich bei dieser Auslegung sagen: Unsozialgesetzbesuch?
Was ich mich mehr denn je frage, ist: Warum ist ein Kind bis zum 12 . Lebensjahr nach Sozialgesetzbuch betreuungsbedürftig und dann nicht mehr? Und was rechtfertigt in diesem Zusammenhang den Begriff „Sozialgesetzbuch“? Was hat sich an dem Kind verändert? Für mich nichts, er ist noch genauso pausbäckig, albern, lustig, mistbauend wie vor Vollendung des 12. Lebensjahres. Noch nicht mal mit 13 ist ein bisschen stärkerer Haarwuchs auf der Lippe erkennbar!
Wann ist ein Kind ein Kind, und wenn dann wieviel?
P.S.: Macht nur so weiter, dann haben wir spätestens in der nächsten Generation eine sozialistische Regierung!
P.P. S.: Demnächst werden wir uns vorsorglich mit der Altersgrenze „vollendetes 14. Lebensjahr“ beschäftigen müssen, lt. Wikipedia sind dies:
- Strafmündigkeit (§ 19 StGB), jedoch Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes (§ 3 JGG)
- kein Kind mehr im Sinne sexualstrafrechtlicher Schutzvorschriften (besonderer Schutz vor sexuellem Missbrauch § 176 Abs. 1, § 176a, § 184b StGB)
- volle Religionsmündigkeit (§ 5 RelKErzG)
- eigene Entscheidung über Namensänderung (§§ 1617a bis 1618, § 1757 BGB, Art. 10, Art. 47 EGBGB)
- Anhörungspflicht des Gerichtes bei Sorgerechtsentscheidungen (§ 159 FamFG)
- Widerspruch gegen Sorgerechtsübertragung (§ 1671 Abs. 2 BGB)
- Einwilligung in eigene Adoption und Widerspruch dagegen (§ 1746, § 1762 BGB)
- Verfahrensfähigkeit bei Zwangsunterbringungen § 167 Abs. 3 FamFG)
- Widerspruch gegen Organentnahme nach Tod (§ 2 Abs. 2 TPG)
- Besuch von Filmveranstaltungen bis 22 Uhr (§ 11 Jugendschutzgesetz)
Na prost Mahlzeit!
Kommentare 19
@heidenplejer
danke fürs Lesen und fürs “Danke”! Und warum Charlie Chaplin? Der herumlungernde Tramp?
@doimlinque
Danke, ja, danke meines rastlosen Einsatzes ist die `kleine Pestbeule` wieder fit! :)
Meine grauen Strähnen trage ich mittlerweile mit Würde und hoch erhobenen Hauptes, vielleicht hätten ich und auch Deine Mutter sie auch ohne Kind bekommen, wer weiß das schon.
Und zur „Gesellschaft“, siehe mein P.S. von oben, das wäre dann unsere späte Rache :))
@hardob
„warum kommen sie nicht gleich gut ausgebildet und ausbeutungs... äh arbeitsfähig auf die Welt?“
Ha, das habe ich im Text noch unterschlagen, obwohl ich selber sehr darüber erschrocken bin:
Ab 13 Jahren dürfen Kinder lt. Kinderarbeitsschutzverordnung, (hier www.gesetze-im-internet.de/kindarbschv/__2.html ) in geringem Umfang arbeiten! Da wissen sie dann gleich, wie und wo der Hase lang läuft. Wenn ich das meinem Junior stecke, versucht er sich gleich einen Job zu besorgen, um das Taschengeld aufzubessern...
„Zu viel Kinderpflege stört das Wachstum. (Demnächst kommt auch die passende entwicklungspsychologische Studie, gefördert von IFO und INSM, die das wirtschaftswissenschaftlich nachweisen wird.)“
Ja, ewig diese unverbesserlichen Gluckinnen und Glucken (ich nehme da nämlich übrigens die Väter ausdrücklich mit in die Pflicht), die ihre Kinder vor der Realität beschützen wollen. Unverantwortlich, sowas!
@hardob
„Brauchst Deinem Sohn meine Kommentare nicht vorlesen. Es gibt so viele schöne Gute-Nachtgeschichten. Für meine Kommentare hier, würd ich mich vor ihm schon sehr schämen“
Nein, da brauchst Du Dich nicht zu schämen, ich habe ein sehr kluges Kind, der versteht die genau richtig. Und unsere Gute-Nacht-Geschichte ist heute Fußball, wir sind nämlich keine Vollpfosten...
www.sueddeutsche.de/politik/eklat-in-der-fdp-partei-vize-homburger-ich-hasse-bayern-muenchen-1.1360462
Bin also mal kurz weg, seid`s mir nicht böse, melde mich ggf. später oder zwischendrin...
@doimlinque und Schachnerin
Genau, das Betreuungsgeld hätte mir in dem Fall gar nichts genützt, weil nur unter 3 Jahren... Und selbst wenn mein Sohn erst 3 wäre, hätte ich ihm deswegen nicht den Kindergarten vorenthalten. Siehe „treusorgende Mutter“, das war eine gute und wichtige Zeit und Erfahrung für ihn.
Und bevor jetzt hier jemand zum Thema „Vollpfosten“ was Hämisches schreibt: MEIN KIND IST SEHR TRAURIG, UND DAS KANN ICH VERSTEHEN“!
@ doimlinque
„Weiß ich doch, ist halt von vorne bis hinten eine Pappnasenveranstaltung, die Koalition.“
Weiß ich doch, wie Du das gemeint hattest, diesmal habe ich die (offensichtlichere) Ironie verstanden ;) Darum meine Antwort an Euch beide...
„Seit 1 Stunde versuche ich einen zehnjährigen niederländischen Robben-Fan in Bayernjersey zu trösten...“
Und mein Junior gibt sich immer noch ganz masochistisch die Interviews, ich mag`s ihm nicht verbieten
LG Diander
Liebe Diander,
an einem, an deinem Beispiel zeigen sich zwei Tendenzen, die sich widersprechen oder auch verstärken, ich bin mir da nicht ganz sicher.
Zum einen erleben wir in D eine Verlängerung von Kindheit und Jugend. Mein Vater und selbst noch mein Bruder haben mit 14 Jahren ihre Lehre angefangen, nur als ein Beispiel. Zugleich wird unsere, also meine Brut immer mehr erzogen, zum Mittelpunkt des Universums gemacht, ich steckte und stecke das viel Energie hinein, achte auf schulischen Erfolg, auf die Schuhe, bespreche alles mögliche, mache das Kind zu Thema. Das kennst du wahrscheinlich. Das ist so ähnlich auch bei den Menschen mit denen ich so zu tun habe. Kleine Prinzen und Prinzessinnen allerorten.
Zugleich erleben wir eine Erosion des Sozialen. Eine weitgehend kalte und kälter werdende Gesellschaft, die mit Über-Individualisierung und Entsolidarisierung einhergeht und mit einer Auflösung von früher bekannten Bezugs- und Unterstützungssystemen. Gilt teilweise für ganz D, teilweise wohl nur für diesen komischen mittleren Bereich. Middle-Management, Middle-Incom, Middle-Alles.
Johann Hinrich Wichern – dem die Erfindung auch des Adventskranzes zugeschrieben wird – war der Begründer der Inneren Mission in der evang. Kirche, hat unter anderem das Rauhe Haus in HH gegründet. Und unter anderem mit dem Traktat „Der Kommunismus und die Hülfe wider ihn“ seine Gedanken zu sozialen Frage, zur 1848er „Revolution“ dargelegt. Darin enthalten das Janusköpfige der Sozialarbeit. Helft ihnen und sie werden sich nicht für ihre wahren Interessen einsetzen, so meine sehr verkürzte, sehr subjektive Zusammenfassung.
Dies alles, Diander, sind nur Gedanken zum Thema, ich ziehe daraus keine Folgerungen. Keine Verelendungstheorie, der hier das Wort gesprochen werden soll.
Letzte Anmerkung. Wenn der Arbeitgeber das so will, hat er es nicht besser verdient. Wor früher 1 Tag Kinderbetreuung anfielen, werden es in Zukunft Krankschreibungen sein, die dann aber gleich für 3 Tage, weil für einen Tag das kein Arzt macht. Ob da wirklich etwas gewonnen wurde außer im Prinzipiellen?
Und dann wünsche ich dir, dass du einen tollen 14., 15. ...30. Geburtstag mit deinem Filius feiern wirst.
"Und gönnen wir dem Drogba dieses Glück."
Ja lass es uns ihm gönnen. Er hat es verdient, der Rest aber ist unverdient.
Wir sind heute morgen erst mal aufgestanden und haben nachgeschaut, ob das Ergebnis nach ein paar Stunden Schlaf immer noch genauso aussah, war leider so ;)
@ diander
"der Rest aber ist unverdient.
Wer einen Elfer mehr hat und einen weniger reinmacht, hat zu Recht verloren. Der Sinne des Spiels liegt darin, mehr Tore zu schiessen als der Gegner. Das hat Chelsea so gehandhabt. Jetzt können wir noch darüber sprechen, ob das schön ist, dass eine Bunker-Beton-Truppe gewinnt. Aber das hat euch Bayern-Fans ja auch nicht interessiert, als Gladbach in den 70ern den schöneren Ball gekickt hat und trotzdem die Dusel-Bayern Abo-Meister wurden. Und jetzt: weiter, weiter, immer weiter.
Oder:
Und wenn das nicht klappt, hier der Link:
www.youtube.com/watch?v=ZBjrDWzSUzU
@oi schrieb am 20.05.2012 um 07:35
Lieber oi,
ich vermute, dass sich die Tendenzen gegenseitig verstärken.
„Erosion des Sozialen“, „Über-Individualisierung und Entsolidarisierung“, „Auflösung von früher bekannten Bezugs- und Unterstützungssystemen“ sind Begriffe und Probleme, die ja nicht aus dem Menschen selbst entstehen, sondern vom „System“ so erzwungen werden. In der vom Markt geforderten Flexibilität der Arbeitnehmer werden die Menschen wie Schachfiguren als humanes Kapital hin und hergeschoben. So sind sie auch stark zunehmend nicht mehr in der Lage, ihre sozialen Netzwerke langfristig zu hegen und zu pflegen. Während früher Familien schon in einem begrenzten räumlichen Umkreis wohnten (natürlich nur als Tendenz), sind heute die meisten beruflich bedingt weit versprengt. Wenn ich meine eigene Familie betrachte, ist das ein gutes Beispiel, wir verteilen uns mittlerweile auf fast das gesamte Gebiet von D.
Und auch die sozialen Netzwerke außerhalb der Familie, aber am Ort, unterliegen vielen Zwängen. Wo man sich früher z.B. in der Kinderbetreuung unter Freunden gegenseitig aushelfen konnte, werden die Möglichkeiten geringer, weil auch dort jeder in seinem privaten und beruflichen Hamsterrad unterwegs ist. Und ja, gerade in diesem „komischen mittleren Bereich“, da wird erwartet, dass man mal eben 3 Tage pro Woche zu Meeting irgendwohin fliegt. Weil genau da, irgendwo, die Sache entschieden wird, und wenn Du nicht präsent bist, nun ja, humanes Kapital, dann machts halt ein/e Andere/r. „Und nein, sorry, da kann ich die Kinder nicht übernehmen, weil ich selber nach Karlsruhe, Düsseldorf oder wohin auch immer muss.“
Auf der anderen Seite könnte dies einer der Gründe sein, warum sich viele dann „wenigstens“ auf die Erziehung der eigenen Brut konzentrieren. Eine Art „Cocooning“, um wenigstens im Kleinen (wenn schon nicht im Betrieb oder in der Großfamilie möglich und/oder erwünscht) noch ein bisschen Nestwärme a) zu erzeugen und b) damit auch für sich zu erhalten. Und wir generieren damit „Kleine Prinzen und Prinzessinnen allerorten“, vielleicht.
Zusätzlich dazu gibt es aber noch andere Aspekte, die zur „Verlängerung von Kindheit und Jugend“ führen. Erst mal hat man natürlich schon gelernt, dass es nicht unbedingt gesund ist, 14 Jährige in den Bergbau zu schicken, daher die Kinderarbeitsschutzverordnung. :)
Und natürlich wollen alle für ihre Kinder „das Beste“. Das war früher auch nicht recht viel anders. Das Beste impliziert aber heute eine möglichst allerallerbeste Schulausbildung (weil sonst, nix Chance auf dem Arbeitsmarkt, brauch ich glaube nicht ausführen).
Hierzu trägt die Schule nicht mehr in dem Umfang bei wie früher. In meiner Schulzeit war es in meiner Erinnerung nicht nötig, dass die Eltern Schulaufgabenvorbereitung leisteten. Da wurde der Großteil in der Schulzeit selber vorbereitet, und daheim musstest Du halt noch ein bisschen Lateinvokabeln oder Formeln wiederholen. Heute, gelebt z.B. im bayrischen G8, wird von den Eltern erwartet (und von ehrlichen Lehrern auch direkt gesagt), dass jeden Tag mit Kind geübt wird. Weil die Zeit in der Schule nicht reicht. Welches Kind macht das mit 10, 11, 12 schon gerne und freiwillig. Also hast Du die Wahl: entweder die Zeit und Energie aufbringen, und nachmittags böse Tante/böser Onkel zu spielen, und das Abitur ein 2. Mal zu machen. Oder aber auf die Selbständigkeit und Selbsteinsicht der Kinder zu hoffen. Ich habe allerdings im nahen Umfeld an mehreren durchaus nicht untalentierten Kindern gesehen, wie das in die Hose geht, sie haben mittlerweile die Schule verlassen.
Und so hast Du von mehreren Seiten die Kinder zu „kleine Prinzen und Prinzessinnen“ geformt, um die sich viel gekümmert wird/werden muss, weil...
Ach, ich könnte noch viel schreiben und lamentieren, aber es wird wohl ein bisschen arg lang ;)
Bei aller Anerkenntnis des Sinns des Spiels, immer einen mehr rein zu machen als der Gegner:
Lass es mich so sagen, Gladbach wird sich in de 70ern als Meister der Herzen gefühlt haben (keine Ahnung, war nicht meine fußball-affinste Zeit). Und so fühlen sich die Bayern-Fans heute wohl auch.
@ Diander
Meister der Herzen gibt es erst seit Schalke, 2001 glaube ich. Damals hat der Schiri in HH so lange spielen lassen bis Bayern Meister war. Ich glaube, der hätte auch noch 2 Stunden nachspielen lassen.
Du merkst, ich bin nicht grad der größte Fan des FCB. Und das ist noch untertrieben. International dürfen sie allerdings gerne gewinnen. Ich bin da ganz konsequent inkonsequent.
Vorsichtshalber. Das alles ist übrigens nur Frotzelei. Ich bin so jemand, der findet, dass diejenigen gewinnen sollten, die "besser", sprich attraktiver, offensiver spielen. Und das waren gestern - so schwer es mir fällt das zu sagen - die Bayern.
Liebe Diander,
schön, dass du verstanden hast, dass ich nicht einer früheren Arbeitsaufnahme der Jugendlichen das Wort rede. Im Umgang mit den Blagen ist es dann wie so oft im Leben eine Frage des Maßstabs, der Ausgewogenheit. Das gilt auch für den Umfang wie die Intensität der Betreuung, der Pflege und Sorge. Ja, ich finde es tendenziell gut, wenn sich auch die irgendwie Mittel-Alles mehr um ihr tendenziell eines Kind kümmern, wenn sie denn überhaupt noch eines bekommen und nicht DINKs spielen. Was ich beobachtet habe, ist, dass viele dieser Eltern Probleme haben, Grenzen zu setzen und auch Probleme damit loszulassen. Also je älter umso weniger Sorgen machen, obgleich die doch egentlich steigen. Die Kleinen ihren Weg gehen lassen. Du kennst das. Da du Jungsmama bist: Glaub mir, bei Mädchen ist es ab 13 Jahren e ganz anders. Dann fangen die Hormine an zu tanzen und deine Fürsorge wird für beide Seiten leicht zur Qual. Selbst erlebt so, kann natürlich auch anders laufen.
Einige Anmerkungen noch, wo ich Dinge leicht anders sehe. Da ich von einer Insel komme, auf der die Familie früher immer sehr eng aufeinander wohnten, habe ich festgestellt, dass das nicht nur Vorteile hat. Und da ich der einzige aus meinem Primärfamilie bin, der auf den Kontinent gezogen ist, weiß ich sowohl die Distanz zu schätzen wie sie mir manchmal fehlt (nicht wegen der Kinder, nicht nur). Bei meiner Großmutter war es im Übrigen so, dass von den 11 Kindern (sie ist auf der Nachbarinsel geboren) nur einer den Hof übernehmen konnte, ganz wenige- zumeist Frauen – haben in D geheiratet und die allermeisten sind in die USA ausgewandert. Meine Oma ist Jahrgang 1899. Ihr Mann, mein Opa auf dieser Seite, war übrigens eines von 9 Kindern. Auf der anderen Großelternseite waren es auch 20 Kinder zusammen. Das hatte mit vielem zu tun, auch mit sozialer Absicherung. Und bei im Schnitt 10 Kindern pro Eltern, kümmerst du dch gan anders um die Blagen, die müssen nebenbei groß werden. Das Konzept einer Besonderheit von Kind und Jugendlichen wwar da nch nicht so verbreitet. Wieder: nicht, dass ich dass besser finde. Es lohnt nur manchmal sicher andere Zeiten oder Verhältnisse anzuschauen, um uns zu überprüfen. Dait meine ich explizit nicht dich, weil ich keine Ahnung habe, wie du mit deinem Filius umgehst.
Lehrer. Ich hab ja inzwischen zwei Kinder durch die Schule durch. Kurzfazit. Die meisten Lehrer hatten keine Lust auf ihren Job und auf die Kinder. Vor allem hatten sie keine Zeit für nichts. Vor allem nicht für ihren Job und die Kinder, die in diesem Job vorkamen. Ich hoffe, dass das inzwischen besser geworden ist. Und ja, ich weiß, es gibt auch gute Lehrer. Zeig sie mir, bitte. Ich bin gespannt.
Kurz gefasst. Bei allem Zwang, den wir im Arbeitsleben haben, und das gleich, ob wir mobil sein müssen oder nicht, können wir selbst entscheiden, wie wir mit unseren Kids und auch mit Freunden und Familie umgehen. Ja, es bleibt weniger Zeit und manchmal fehlt auch Kraft, Energie, Antrieb. Dennoch. Ich finde es einen starken Begriff, dass etwas erzwungen worden sei (dein Eingangssatz), bei vielen ist das eine Floskel, manche verstecken sich dahinter, oft ist es ungenau gebraucht. Ich glaube daran, dass ich immer die Wahl habe, manchmal nicht ganz frei, aber die Wahl. Schon allein, weil ich das für mein Selbstbild brauche. Bin halt auch einer der „Prinzen“ gewesen.
@oi
„schön, dass du verstanden hast, dass ich nicht einer früheren Arbeitsaufnahme der Jugendlichen das Wort rede“
Manchmal bin ich vielleicht schwer von Kapee, aber nicht andauernd! ;)
„Da ich von einer Insel komme, auf der die Familie früher immer sehr eng aufeinander wohnten, habe ich festgestellt, dass das nicht nur Vorteile hat.“
Dito, mir ist die Distanz in der Summe auch lieber, so kann ich, wenn ich mag, muss aber nicht. Lieber organisiere ich ohne Schwiegermutter, als sie ständig im Hause zu haben. Nur manchmal, sehr selten dachte ich im Stillen: „jetzt wäre ein netter Onkel zum Einspringen fein“. Aber wo die Großfamilie prächtig funktioniert, Glückwunsch (war als Idealform gemeint).
Und zum Zwang, „bei vielen ist das eine Floskel, manche verstecken sich dahinter, oft ist es ungenau gebraucht.“
Die Zwänge hatte ich auf das Arbeitsleben bezogen, nicht auf den Umgang mit Umfeld. Und ja, dabei bleibe ich, es gibt Zwänge, denen man unfreiwillig ausgesetzt ist und derer man sich nicht einfach entledigen kann. Stellenabbau, Versetzungen, Standortverlagerungen ohne alternative Beschäftigungsmöglichkeit, Haus nicht abbezahlt und Lebenspartner am Ort gebunden, kein adäquater neuer Arbeitsplatz vor Ort auffindbar, Kündigungen....Natürlich hängt da dann in der Konsequenz das soziale Umfeld mit dran, ob es die Omma ist, deren Pflege erschwert wird oder sonst wer. Diese Zwänge habe ich so oft im Umfeld erlebt, mit allen Nöten, Tränen und schlaflosen Nächten, dass ich die Wahlfreiheit anzweifle. Oft ist es dann weiter ein Zwang zur Wahl (keine Freiheit), zur Entscheidung, welches notwendige Übel, das größere oder das kleinere gewählt wird, werden muss.
Aber das ist wohl in unterschiedlichen Branchen/Berufsgruppen, Ausbildungsgraden unterschiedlich, manchmal schwieriger, manchmal leichter, ...
Liebe Diander,
"Die Zwänge hatte ich auf das Arbeitsleben bezogen, nicht auf den Umgang mit Umfeld." hatte ich anders verstanden und darauf bezog sich mein Einwand.
Was du aus dem Arbeitsleben und den sich daraus ergebenden Bedrohungen bis Vernichtung von Existenzen ergeben kann, kenn ich auch. Das Unternehmen, in deich arbeite hatte vor 10 Jahren rd. 2.000 Mitarbeiter, heute sind es 300. Alles "sozialverträglich" mit einem wirklich guten Sozialplan geregelt, trotzdem nicht immer sozial und schon gar nicht verträglich.
Ach, und weil ich schon einmal hier bin, zweiter Versuch, das Video der Toten Hosen für alle Bayern-Fans einzubinden
Hurra, es geht. Mein Dank an Wolfram Heinrich für den "technical support". Wieder ein Strich auf meinem Deckel! Das wächst langsam.
Yep, auch von mir einen Dank an Wolfram und einen Strich, das Video-Einbetten habe ich auch von ihm gelernt. Nur bei den Bildern haperts noch ein bisschen. Da weiß ich zwar theoretisch wie`s geht, erwische aber irgendwie immer die falschen Bilder für den richtigen Weg!