Flucht und Klimawandel

Klimawandel Das Wissen um die global steigenden Temperaturen begleitet mich bereits seit meiner Kindheit. Nun spüre ich ihn auch.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

https://diaphanoskopie.files.wordpress.com/2015/09/bildschirmfoto-2015-09-06-um-14-31-40.jpg?w=770&h=200&crop=1

Das Wissen um die global steigenden Temperaturen begleitet mich bereits seit meiner Kindheit. Damals nannte mein Vater das Phänomen noch Klimakatastrophe. Bei Spaziergängen zeigte er uns Kindern immer die Knospen an den Bäumen und sagte, diese seien zu früh dran. Für ihn war das ein Zeichen für durch die Klimaerwärmung verursachte Veränderungen. Für mich war seit meiner Kindheit klar, dass die Welt sich durch die zunehmend Erwärmung verändern würde. Illustriert wurde diese Veränderung nachhaltig, durch einen Film. Ich erinnere mich nicht mehr an den Titel. Es ging darum, dass Klimaveränderungen in den USA zu katastrophalen Dürren geführt hatten und die Menschen nach Kanada flohen. Die Szene, in der abgekämpfte Menschen glücklich an der kanadischen Grenze ankamen und dort von den Grenzbeamten freundlich empfangen wurden* blieb mir besonders im Gedächtnis.

Obwohl in den letzten Jahren die Diskussion um die Klimakatastrophe, die heute Klimawandel genannt wird, an prominenter Stelle geführt wird, waren die Veränderungen aus meiner Sicht eher marginal. Hier gab es eine Dürre, dort stiegen Lebensmittelpreise, da gab es Überschwemmungen. Mir ist klar, dass diese Ereignisse für die Menschen vor Ort katastrophal waren, doch für mich blieben sie Abstrakt. Für mich fand der Klimawandel nicht spürbar statt.

Dachte ich zumindest. Doch die Auswirkungen des Klimawandels zeigten sich auf den Straßen Dresdens. Entgegen dem Trend der Temperatur, kühlte sich das gesellschaftliche Klima in Dresden deutlich ab. Die PEGIDA gingen auf die Straße. Damals angeblich als Reaktion auf Ausschreitungen zwischen Kurden und Salafisten in deutschen Städten (die bisher, entgegen dunklen Ankündigungen, Einzelfälle blieben) und gegen die Islamisierung des Abendlandes. Das man sich Menschen mit kurdischen Wurzeln als Kronzeugen für diese angebliche Islamisierung aussuchte, zeigte bereits, dass es eigentlich um etwas anderes ging: Die Etablierung einer neuen völkischen Bewegung.

Diese hätte vielleicht nicht das Momentum erreicht, welches die Reste der deutschen Zivilgesellschaft Anfangs überrollte, wenn nicht die Anzahl der nach Europa und Deutschland flüchtenden Menschen merkbar gestiegen wäre. So steigerte sich die Angst vor dem gesellschaftlichen Abstieg (was in Deutschland vor allem materiellen Abstieg bedeutet) in Teilen der bürgerlichen Mitte zur Panik. Einige ihrer Mitglieder begannen wild um sich zu schlagen. Mit dem Scheinargument “nur” gegen “Wirtschaftsflüchtlinge” zu sein, hetzte man gegen alles und jeden, der oder die andere Werte und Ideen vertrat.

Der hohe Anteil von PEGIDA AnhängerInnen, die Verschwörungstheorien verfallen sind, lässt vermuten, dass auch Klimawandelleugner stark vertreten sind. Immerhin haben Menschen, die an eine Verschwörungstheorie glauben ein erhöhtes Risiko, auch weiteren Verschwörungstheorien anzuhängen (das sogenannte “Lex Bartoschek”). Damit verleugnen sie einen Grund für die steigende Anzahl von Menschen, die nach Europa flüchten. Unter anderem die aus Syrien stammenden Menschen sind aufgrund der Global steigenden Temperatur aus ihrer Heimat geflüchtet**.

Damit ist der Klimawandel vor unserer Haustür angekommen. In Form vom Menschen die vor den Folgen flüchten, die aus steigenden Temperaturen auf diesem Planeten resultieren. Und es wird wärmer. Das bedeutet, wir können damit rechnen, dass in den nächsten Jahren mehr Menschen ein neues zu Hause bei uns*** suchen. Die Aufnahmen von klatschenden Menschen an Bahnhöfen in Deutschland, die Geflüchtete begrüßen, erinnerten mich an den Film, den ich vor ca. 20 Jahren gesehen hatte. Wir müssen uns darauf einstellen, dass mehr Menschen zu uns kommen werden und einen Weg finden, auch emotional ein Einwanderungsland zu werden. Sonst steuern wir auf eine gesellschaftliche Klimakatastrophe zu. Und das letzte Mal als Menschen aus Deutschland flüchten mussten, endete das für die ganze Welt katastrophal.

*Ich glaube, das war das Happy End des Filmes. Es kann aber auch sein, dass ich das im Nachhinein positiver erinnere als es dargestellt wurde.

** It’s a little bit more complicated than that. Obviously.

Bildquelle

*** uns = alle Mitglieder dieser Gesellschaft = alle in diesem Land lebenden Menschen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

diaphanoskopie

"...im Gegenlicht der Wirklichkeit." - Ich hab' mal jeden Scheiß geglaubt. - @diaphanoskopie

diaphanoskopie

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden