Folgende Geschichte erzählte der MDR, mit dramatischem Anstrich:
Ein allein erziehender Vater verlegt den Wohnsitz der Familie von Kassel nach Leipzig. Die 15 Jahre alte Tochter muss mit. Soweit, so normal. Die Tochter lässt neben allen Freunden auch ihren Freund in Kassel zurück. Sie will nicht beim Vater bleiben und wendet sich ans Jugendamt. Das Jugendamt stellt den Willen der jungen Frau über den des Vaters und gewährt ihr die Möglichkeit in Kassel in eine WG zu ziehen. Der Freund scheint Schwierigkeiten zu haben, sich an die Regeln der Gesellschaft zu halten und gerät wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt. Außerdem ist er Anhänger einer buddhistischen Glaubensgemeinschaft, denen bestimmte Glaubensregeln wichtig sind und die ihr Leben danach ausrichten. Auch die Tochter schließt sich dieser Glaubensgemeinschaft an und verändert ihr Äußeres. In der Familie ihres Freundes fühlt sie sich aufgenommen. Der Vater macht sich Sorgen wegen die Veränderung seiner Tochter. Er hatte nie etwas mit Buddhismus am Hut und versteht nicht, was sein Tochter daran findet. Außerdem hat er Angst, dass sich die Tochter noch weiter den Glaubenssätzen der Glaubensgemeinschaft unterwirft, sich womöglich radikalisiert (es gibt radikale Buddhisten die Gewalt gegen Andersgläubige ausüben). Die Tochter sagt, mit diesen Radikalen Kreisen habe sie nichts zu tun.
Der Versuch, ohne den Vater in Kassel zu leben, funktioniert nicht. Unter anderem, weil der Vater Himmel und Hölle in Bewegung setzt, um seine Tochter wieder nach Hause zu holen. Die Tochter sagt sich vom Vater los, will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Doch der Vater findet in einem CDU-Politiker einen verständnisvollen Gehilfen und befreit die Tochter aus den Fängen des Jugendamtes und die Tochter kehrt zum Vater zurück. Der Freund der Tochter muss währenddessen die Konsequenzen seines Handelns tragen und geht ins Gefängnis.
Ein Versuch, die Tochter durch einen gemäßigten buddhistischen Mönch davon zu überzeugen, ihren Vater wieder zu lieben scheitert. Sie muss trotzdem bei ihm wohnen. So ist das manchmal. Kinder, die zu Erwachsenen werden lehnen die Eltern und deren Werte ab, manchmal sehr intensiv. So entwickelt sich Autonomie.
Und warum berichtet der MDR über einen solchen Fall in einem dramatisch inszenierten Beitrag? Wieso wird die Geschichte einer Jugendlichen die dabei ist, ihren Platz in der Welt zu finden, mit allen Risiken die diese Suche birgt, zur besten Sendezeit ausgeschlachtet? Weil die Glaubensgemeinschaft nicht buddhistisch ist, sondern muslimisch. Weil die junge Dame jetzt Kopftuch trägt. Kopftuch!!! Unglaublich! Vielen Dank MDR-Sachsen, Du hast nichts verstanden und bist, zumindest in diesem Beitrag, Teil der sächsischen Verhältnisse.
Und die junge Frau? Die wird sich durch kaum etwas so bestätigt fühlen, wie die durch die Ablehnung der Erwachsenenwelt. Herzlichen Glückwunsch MDR, dank Dir sind Moslems die neuen Punks. Wer heute seine Eltern schockieren will, konvertiert.
[Fairerweise möchte ich anmerken, dass die anderen Beiträge durchaus differenziert über geflüchtete Menschen und ihr Leben in Sachsen berichteten. Unter anderem dieser hier, der auch ein wenig Hoffnung macht.]
Mehr zu Religion (und was ich dazu denke) auf Diaphanoskopie:
Kommentare 14
|| Weil die junge Dame jetzt Kopftuch trägt. Kopftuch!!! Unglaublich! Vielen Dank MDR-Sachsen, Du hast nichts verstanden (...) ||
Ich auch nicht. Das muss ich leider so gestehen. Weil ich beim besten Willen nicht schlüssig nachvollziehen kann, warum frau sich plötzlich ein Kopftuch umbindet, Konvertierung zum Islam hin oder her. Verstehe es nicht mal bei von kleinauf muslimischen Frauen x-ter EU-Generation. Ich akzeptiere es natürlich, so gut ich kann. Und ich kann das gut. Aber verstehen, im Sinne von mich in Beweggründe einfühlen/-denken, kann ich es nicht.
Und dass das Tragen des - zurecht oder zu Unrecht - vielzitierten Patriarchat-Symbols (um von Unterdrückung gar nicht zu reden) neuerdings als Ausdruck von Feminismus umgedeutet wird, bleibt mir unerklärlich. Verstehen könnte ich es, wenn nach Kermanis Buchpreis-Rede eine Welle von youtube-Videos durch D, Ö und die CH geschwappt wäre, in denen junge Frauen sich die Dinger feierlich vom Kopf reißen. Aber das darf ich nicht öffentlich schreiben, nur wunschdenken.
Und jetzt gucke ich mir erst mal den Beitrag an, von dem da die Rede ist. Unterdessen lasse ich mich von meiner Physiotherapeutin (m) mal so richtig durchkneten. Aber ohne ihm die Hand zu geben, natürlich. So viel Okkultismus muss einfach sein..
So, gesehen. Und ich höre da auch viel Richtiges. Zum Beispiel, dass es nicht um den Islam oder die Konvertierung geht, sondern um Radikalisierung in Verzug (oder sowas). Ob das stimmt oder nicht, kann ich nach dem Beitrag nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass der Salafgismus für mich eine Sekte ist, wie jede andere - religiöse oder nichtreligiöse - Sekte auch. Dass der Vater verzweifelt ist, ist klar. Was auch nichts heißt. Aber die junge Dame hat keine kleine Veränderung durchgemacht, sondern eine 180°-Wende in kürzester Zeit. Vom frisch konfirmierten Funkemarieschen zum Kleidersack, falls ich das mal so geschmacklos formulieren darf. Das kann man als rebellisches Hippietum bezeichnen, muss man aber nicht. In windigen Zeiten Halt in der Turbo-Ausübung einer Religion zu suchen und zu finden, ist nur was für Erwachsene. Meine Meinung.
bei dir hilft das durchkenten null, du bleibst einer dieser selbsternannten rinksarschlöcher, über ich in diesem 25 jährigen jubällinksmedium immer gewarnt habe.. ein selbstverliebtes arschloch!
Tja. Ich hab' halt auch so meine Rituale. Dass die von Bessermenschen Ihres Kalibers nicht akzeptiert werden, enttäuscht mich natürlich. Aber was mich nicht umbringt, macht mich radikaler, you know. Ihr Kommentar ist Schuld daran, dass ich gleich morgen nach Saudi Arabien reise und da mit hundert Prinzen bumse.
Ja, ein persönliches Ideal ungeschminkt auszubreiten, muss hart bestraft werden. Ist richtig. Dabei habe ich hier nicht einmal etwas gefordert. Wie käme ich auch dazu. Aber wer Ideale hat, muss verdroschen werden. Das sehe ich natürlich ein - habe den Kommentar aber trotzdem mal gemeldet. Weil ich es kann.
Ich gucke mir den MDR-Beitrag zu der 15jährigen jetzt nicht an. Allgemein gilt aber: Reportagen/Features zu Einzelschicksalen sind prinzipiell subjektiv. Wenn ich Objektivität verlange, dann für alle – also Verbot aller Einzelschicksale im TV. Wenn ich das nicht tue, dann ist es korrekt, dass der MDR Berichte über Menschen in der Region Vorrang gibt vor welchen in Birma. Sollten die radikalen Buddhisten hier aktiv werden, sollte darüber berichtet werden.
Jetzt könnten Sie dem MDR höchsten noch unterstellen, tendenziös die Auswahl zu treffen, also dass dieses Schicksal in den Fokus gestellt wurde, weil es Erwartungen/Vorurteile der Zuschauer bedient, nicht weil es ein sich ausbreitendes Phänomen wäre. Das ist möglich. Haben Sie Statistiken dazu? Von einer nicht zu vernachlässigenden Zahl Freiwilliger aus D zum IS habe ich gehört, weiß es aber nicht genau.
Oder ich könnte dem MDR raten, seine Medienmacht zur Beschwichtigung der Lage einzusetzen, die Erwartungen der Zuschauer nicht zu erfüllen, sondern die Wahrheit zu senden. Wahrheit, hm. Die Grundlage, auf der der MDR diese Auswahl getroffen hat, können wir nicht sehen. Vielleicht haben sie 5 solcher Schicksale im Portfolio, eines ausgewählt? Es geht um Glaubwürdigkeit. An anderer Stelle zeigt der MDR nach Ihrer Aussage Glaubwürdigkeit.
kommentar gemeldet geht in ordnung! nicht in ordnung ist meine aggressive und herabsetzende art der kommentierung . dafür möchte ich mich in aller form bei ihnen entschuldigen - sowas darf mir nicht noch einam lpassieren. irgendwie bin ich dieser flüchtlingsdebatte nicht mehr wirklich gewachsen- zumindest nicht mehr mit gelassenheit. aber kein mesch recht das rdcht dem anderen die würde abzusprechen- ich aucht! Entschuldigung!
muss man auch nicht verstehen. man muss aber auch nicht das abendland untergehen sehen, wenn ein junger mensch eine entscheidung trifft, die erwachsenen nicht gefällt.
Und nu?
Das stimmt. Aber das Abendland untergehen sieht der MDR-Beitrag jetzt nicht so wirklich, oder..?
Richtig ist natürlich, dass er in den Kontext der sog. Flüchtlingskrise hinein ausgestrahlt wird. Aber was machen wir denn, wenn die Migration auf der Welt in Zukunft nicht geringer, sondern zahlreicher wird..? Wovon man angesichts des nicht tot zu krieg-enden Spätkapitalismus ja ausgehen muss.
Oder wie ich im September schrieb: "Zunehmend Sorge bereitet mir aber die Beobachtung, dass der Volkssport des Islam-/Islamismus-Thematisierens vollausgesetzt ist. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen..?" Bin ich damit dann auch an der "Volksfront"..?
Ich hoffe nicht. Und ich hoffe, dass wir so bald wie möglich damit aufhören können, uns von irgendwie linker Seite demonstrativ keinerlei Gedanken darüber zu machen, wie es einmal weitergeht. Gelingende Integration mit allem drum und dran, also nicht nur Willkommen, sondern auch Ankommen, Gernedasein, Gerngesehenwerden, Mitmachen- und Bleibenwollen usw. ist das einzige, was wir dem braunen Mob auf Dauer wirklich entgegensetzen können.
Ich habe mich z.B. erschrocken, als De Maizière gestern plötzlich davon sprach, das Asylrecht, zu dem selbstverständlich auch der Familien-Nachzug gehört, für Syrer umzudefinieren, also auszuhebeln. Die Zahlen, von denen ich immer ausgegangen bin, beinhalten den Familie-Nachzug (der in etwa auf den Faktor 3 bis 5 geschätzt wird) bereits. Wie hinterhältig und inkonsequent ist es denn, einerseits von den vielen, jungen, muslimischen Männern zu sprechen, aber anderseits deren Erwartungen und Hoffnungen derart zu zerschlagen. Macht man sich da als Innenminister nicht der fahrlässigen Radikalisierung schuldig..? Und vor allem dem Einknicken vor einem Pack, das den Antifaschismus Putin'scher Lesart mit Löffeln gefressen zu haben scheint..?
Aber ich bin ganz vom Thema abgekommen. Ich will auch hier noch mal Sibylle Berg zitieren: "Zeit für komplizierte Zwischentöne gibt es nicht. Der Satz: Ja, ich bin dafür, Menschen zu helfen, aber nein, ich glaube nicht, dass unsere derzeitige Regierung eine sehr clevere Strategie fährt, ich wüsste es aber auch nicht besser - ist eine Aussage, mit der kein Blumentopf zu gewinnen ist (...)."
Ich persönlich nehme mir die Zeit für kopfzerbrechende Dialektik , wann und woimmer ich sie brauche. Und bei den Großkrampfthemen Kopftuch, Islamismus usw. brauche ich sie. Und man braucht da als Leser meiner Kommentare auch starke Nerven und ein bisschen Vertrauen in das Pseudonym, hinter dem ich mich verstecke, wenn ich z.B. sage, dass 'Leben und leben lassen' ein Motiv ist, das ich so hoch halte, wie ich kann. Was aber nicht heißt, dass ich mir verbiete, "Ich wünschte mir, dass..."-Sätze zu formulieren. Andere dürfen sich von mir ja auch wünschen, was sie wollen. Ob sie es bekommen oder nicht, entscheide freilich ich ;o)
Liebe Grüße!
ich hab zuerst gefragt
Was macht ihr da.?
Will auch!
Hä, machen wir was? Ich finde die Thematisierung des Themas richtig. Ich nehme die Meinung von Diaphanoskopie ins Portfolio auf. Die Glaubwürdigkeit vom MDR ist trotzdem nicht weg deswegen. So. Medienkompetenz brauchen wir, nicht wahr. Jeden Tag und immer wieder.