Wechsel-Wähler

STATISTIK Wie stabil ist das Potenzial der PDS?

Wenn sich die Wählerinnen und Wähler immer wieder gleich entscheiden würden, brauchten Wahlen nicht mehr stattzufinden. Parteien haben zu Wechselwählern allerdings ein gespaltenes Verhältnis, sie lieben jene, die sich ihnen zuwenden, jene, die sich von ihnen abwenden, mögen sie gar nicht. Das gilt auch für die PDS. Die Stimmenzahl in Mecklenburg-Vorpommern hat sich im Vergleich von 1994 zu 1998 deutlich erhöht, sie ist dann aber mit den Wahlen von 1999 drastisch abgefallen. Das hängt vordergründig mit Unterschieden in der Wahlbeteiligung zusammen. Sie lag 1998 bei knapp 80 Prozent, bei den Europa-Wahlen von 1999 waren es leicht über 50 Prozent. Straßburg und Brüssel sind weit und für viele Wählerinnen und Wähler ist offenbar nicht erkennbar, was ihre Entscheidung bewirken könnte.

Europa- wie auch Kommunalwahlen finden allgemein in Deutschland eine geringe Resonanz. Über beides wäre nachzudenken. Auch die PDS, für die es immerhin um den Einzug ins Europäische Parlament und um die Bestätigung ihrer guten Wahlergebnisse von 1998 ging, konnte ihre Wählerschaft in Mecklenburg-Vorpommern nur geringfügig stärker mobilisieren als die anderen Parteien. Rund 100.000 der PDS-Wähler von 1998 sind zumindest für die Wahlen von 1999 überwiegend zu den Nichtwählerinnen und -wählern übergewechselt. Wohin sich die Wählerinnen und Wähler gewandt haben, die bei den Wahlen von 1999 die PDS nicht wieder gewählt haben, konnte noch nicht analysiert werden, weil es dazu bislang keine verlässlichen Angaben gibt.

Für die letzten beiden Landtagswahlen liegen Daten vor, die es erlauben, die Richtung der Wählerwanderungen zu untersuchen. Gegenüber 1994 hatte die PDS per saldo 44.000 Wählerinnen und Wähler mehr gewinnen können. Hinter diesem Anstieg stehen umfassendere Veränderungen. Die Stammwählerschaft der PDS in Mecklenburg-Vorpommern kann auf etwa 140.000 geschätzt werden. Von den damals 222.000 Stimmen, die die Partei 1994 auf sich vereinte, hat die PDS im Zeitraum bis 1998 83.000, das sind 38 Prozent, verloren. Auf der anderen Seite waren 127.000 der 266.000 Wählerinnen und Wähler von 1998 neu zur PDS gestoßen, das sind fast 48 Prozent. Das Wählerpotenzial der PDS hat sich nicht nur vergrößert, es hat auch ein intensiver Wählerwechsel stattgefunden, die PDS gewinnt nicht nur Wählerinnen und Wähler, sie verliert auch welche. Hauptreservoir der Zuwanderung ist die vorherige Nichtwählerschaft. Die PDS hat 37.000 Nichtwählerinnen und Nichtwähler gewinnen können, allerdings auch 11 000 an diese Gruppe verloren. Von Bedeutung ist der Wählertausch mit der CDU, die PDS hat von der abnehmenden Akzeptanz der CDU im Lande profitieren können und unter dem Strich 12.000 Stimmen von der CDU gewonnen. Nutzen konnte sie auch aus der faktischen Bedeutungslosigkeit von F.D.P. und Grünen ziehen. Und auch zwischen ihr und der SPD gab es einen umfangreichen Wählerwechsel, die Bilanz ist allerdings weitgehend ausgeglichen. Wenn aber reichlich 30.000 Wählerinnen und Wähler zwischen PDS und SPD hin und her pendeln, dann bedeutet dies, dass für etwa ein Achtel des PDS-Wählerpotenzials beide Parteien gleichermaßen wählbar und aus dieser Position auch austauschbar erscheinen. Weiterhin konnte die PDS 6.000 Erstwähler mehr gewinnen, als sie durch Todesfälle früherer Wähler verloren hatte. Verluste sind zum einen erkennbar im Zusammenhang mit Wohnortwechsel, unter dem Strich 3.000 Stimmen, zum anderen durch Verluste an "andere" Parteien, etwa in derselben Größenordnung, den Großteil davon an die DVU. Es kann vermutet werden, dass es sich dabei wohl vor allem um Protestwähler handelt, die sich wechselnd entscheiden, bei welcher Partei ihr Protest jeweils am deutlichsten wird.

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