Ausgeschieden im Olympia-Poker

Medien Im Wettstreit um die Rechte an der Olympia-Liveberichterstattung unterliegen ARD und ZDF in der ersten Runde
Ausgabe 48/2016
Teurer Spaß, die erste Reihe
Teurer Spaß, die erste Reihe

Foto: Digitalsport/Imago

Für Angestellte des öffentlich-rechtlichen Fernsehens kam es dieser Tage knüppeldick. Erst lancierte Bild, eine Arbeitsgruppe der Ministerpräsidenten plane, die neun Landesrundfunkanstalten der ARD auf vier zu reduzieren, die nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet sein würden, also Nord, Ost, Süd, West. Einige fragten sich schon in Panik, ob denn das Land Bayern eine Umbenennung seines Senders in Südrundfunk gestatte? Doch solche und ähnliche Fragen hatten nicht lange Bestand, signalisierte doch die ARD überdeutlich, dass es sich bei der Nachricht um „blanken Unsinn“ handle.

Kaum war auf den Fluren der Anstalten wieder vorweihnachtliche Ruhe eingekehrt, schockte die nächste Nachricht die Mitarbeiter. ARD und ZDF erklärten, bei ihnen gebe es keine Liveberichterstattung von den nächsten Olympischen Winter- und Sommerspielen (im Jahr 2018 beziehungsweise 2020), die Verhandlungen mit dem multinationalen Medienunternehmen Discovery über die Sublizenzierungen seien gescheitert. Zur Erinnerung: Discovery, einst als Dokumentationskanal in den USA gestartet, hatte im Juni 2015 für Europa die Rechte an der exklusiven Olympia-Liveberichterstattung erworben, für 1,3 Milliarden Euro. Klar war, dass das Unternehmen damit die Attraktivität seiner europäischen Tochterfirma Eurosport erhöhen wollte. Dieser Sportsender, seinerzeit von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Europa (aber ohne ARD und ZDF) gegründet, war über den Umweg eines französischen Unternehmens von Discovery erworben worden. Eurosport hatte viele Jahre live von den Olympischen Spielen berichtet, parallel zu ARD und ZDF. Nun soll der Sender ab 2018 die wichtigsten Wettbewerbe exklusiv im Programm haben.

ARD und ZDF blieb nur die Hoffnung, Discovery würde Sublizenzen an andere Sender veräußern. Tatsächlich sind die Rechtekosten so hoch, dass sie nie allein über Eurosport refinanziert werden könnten. Über weitere Einnahmen – spekulierte man im öffentlich-rechtlichen System – könnte Discovery also froh sein. Umgekehrt ging das Unternehmen mit der Erwartung in die Verhandlungen mit ARD und ZDF, die beiden Sender bräuchten die Olympia-Berichterstattung dringend. Denn für die Quotenfetischisten unter den Fernsehdirektoren sind die Liveübertragungen auf mehreren Kanälen und Onlineplattformen die Garantie, in dem betreffenden Jahr die private Konkurrenz im quantitativen Zuschauerzuspruch überflügeln zu können.

Es begann ein Pokerspiel, das ARD und ZDF jetzt beendet haben. Sie sollen, unbestätigten Meldungen zufolge, 100 Millionen Euro geboten haben – aber Discovery habe mindestens 50 Prozent mehr verlangt. Auch wenn es in den vergangenen Tagen so klang: Der Poker ist damit noch nicht beendet. Es ist nicht auszuschließen, dass beide Seiten im nächsten Jahr eine neue Verhandlungsrunde wagen. Spätestens dann, wenn Discovery eine vorläufige Kostenbilanz gezogen hat und parallel dazu ARD und ZDF ihre Handlungsalternativen geprüft haben.

Übrigens ist es ein Irrtum, dass Eurosport – wie manche Kommentatoren zur allgemeinen Beruhigung anmerkten – frei von jedem empfangen werden kann. Das trifft nur für die schwächere Sendequalität in SD zu. Wer den Sender in HD-Qualität sehen will, muss einen Abobetrag entrichten, den man auch Zwangsgebühr nennen könnte, wie die Gegner des öffentlich-rechtlichen Systems die Haushaltsabgabe polemisch bezeichnen.

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